Die Lücke am Bahnhof wird erst repariert, wenn alles saniert wird. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Entkernungsarbeiten am Bahnhofsgebäude sind weit fortgeschritten. Die bei einem Baufehler entstandene Lücke in der Fassade wird vorerst noch nicht geflickt.

Der Bahnhof verändert sich Woche für Woche im Zuge der Bauarbeiten für Stuttgart 21. Da man ins Innere des entkernten Bonatzbaus nicht mehr kommt, dessen Wände von einer Stahlkonstruktion gestützt werden, muss man sich auf die Außenansicht der Fassade verlassen. Wer diese näher studiert, bemerkt neben den fortschreitenden Bauarbeiten auch die am oberen Rand knapp neben der Mitte der Front prangende Lücke. Sie ist das Zeugnis eines Unfalls, der vor knapp einem Jahr geschah – und sie wird noch eine ganze Zeit lang zu sehen sein. Die Lücke ist sogar noch größer als kurz nach dem Unfall, da noch Material rund um die Stelle abgetragen wurde.

Mitte August 2021 fielen an jener Stelle mehrere schwere Brocken aus der Fassade zu Boden. Passanten bemerkten das und hielten den aufgewirbelten Staub zunächst für eine Rauchentwicklung. Sie alarmierten die Feuerwehr, die dann feststellte, dass es sich nicht um ein Feuer gehandelt hatte. Glücklicherweise war im betroffenen Bereich niemand unterwegs.

Die betroffene Stelle werde im Zuge der Sanierungsarbeiten und „selbstverständlich gemäß der Denkmalschutzvorgaben wiederhergestellt“, sagt ein Sprecher der Bahn auf Anfrage. Es sei nicht geplant, den aufgrund eines Baufehlers entstandenen Schaden einzeln zu reparieren, bevor es an die Sanierung der ganzen Front gehe. Die herausgefallenen Steine haben den Sturz dabei offenbar gut überstanden. „Dazu haben wir die Steine aufbewahrt, sie werden im Zuge der Sanierungsarbeiten wieder eingebaut“, fügt der Bahnsprecher hinzu. Wann genau das sein wird, gibt die Bahn nicht an. Diese gab wenige Tage nach dem Zwischenfall bekannt, warum die Fassade aus Muschelkalkquadern an jener Stelle in etwa 15 Metern Höhe zerfallen war. Man habe in den Räumen dahinter „versehentlich“ im Zuge der Entkernungsarbeiten eine tragende Wand entfernt. Dies sei am Tag vor dem nächtlichen Absturz der Muschelkalkquader erfolgt. An der Stelle waren früher Büroräume.

Bis zur Bekanntgabe dieser Ursache war viel darüber spekuliert worden. Sie reichten von Spätfolgen eines Bombeneinschlags in der Zeit des Zweiten Weltkriegs bis zu Schäden, die beim Entfernen der Leuchtschrift eines Hegel-Zitats an der Front im Zuge der Bauarbeiten. Nach dem Unfall hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Baugefährdung aufgenommen. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.