Jürgen (links) und Björn Paal betrachten die Baupläne für ihre Maschinenhalle. Die sind mittlerweile mehrere Jahre alt. So lange beschäftigen sich die Behörden schon mit dem Fall. Foto: Max Kovalenko/PPF

Selbstständiger will Betrieb in Ditzingen erweitern – und reibt sich seit Jahren zwischen Behörden auf.

Ditzingen - Wer bauen will, braucht viel Geduld. Wer beim Regierungspräsidium Widerspruch gegen eine Entscheidung ein-legt, wartet manchmal Jahre. In einem Fall kam ein Zwischenbescheid wie berichtet nach 14 Jahren. Ein anderer mutet jetzt noch merkwürdiger an.

 

Jürgen Paal schüttelt ungläubig den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass bei uns so etwas passieren kann“, sagt der bärtige Mann und schaut auf eine Brachfläche auf seinem Grundstück in der Nähe des Ditzinger Steinbruchs. Eigentlich sollte hier längst eine Maschinenhalle für die Gerätschaften seines Holz- und Metallbaubetriebs stehen. Doch die Mühlen der Behörden mahlen langsam – und manchmal äußerst kurios.

Im Sommer 2007 fragt Paal bei der Stadt Ditzingen an, ob das Bauvorhaben möglich sei. Er betrachtet das als offizielle Bauvoranfrage. Pläne werden eingereicht, die Anfrage geht durch die Gremien. Kurz darauf erhält der Selbstständige einen Brief der Stadt, in dem die Erweiterung als angemessen bezeichnet wird. Grünes Licht, denkt sich Paal. Gut zwei Jahre später wird das Vorhaben konkret, er reicht das Baugesuch ein. Und bekommt acht Monate später eine Absage. Begründung: Die Pläne seien „nicht angemessen“.

„Die haben es in der ganzen Zeit gerade mal geschafft, die Stellungnahme der Stadt praktisch abzuschreiben“

Zwischendurch befragt die Stadt sogar den Verband Region Stuttgart dazu. Der nimmt Stellung. „Die Erweiterung erscheint im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb noch angemessen“, heißt es da. Die Stadt lehnt trotzdem ab. Paal legt Widerspruch beim zuständigen Regierungspräsidium (RP) Stuttgart ein. Und wartet. Trotz ständiger Nachfragen fast zwei Jahre lang. Vor wenigen Tagen kommt von dort der Bescheid. Der Widerspruch wird abgelehnt. „Die haben es in der ganzen Zeit gerade mal geschafft, die Stellungnahme der Stadt praktisch abzuschreiben“, sagt Paal. Sie sei zudem voller Fehler.

Der Fall reiht sich unabhängig von der Entscheidung in eine Reihe von zeitlichen Pannen bei Baurechtsämtern und beim Regierungspräsidum ein. Spektakulär ist etwa das Beispiel eines früheren Händlers aus Zuffenhausen, der nach 14 Jahren Post vom Stuttgarter Baurechtsamt bekam. In dem Brief teilte man ihm mit, das RP habe noch nicht über seinen Widerspruch entschieden – verbunden mit der Frage, ob er dies noch wünsche. Die Sache hatte sich freilich längst erledigt, einer der Beteiligten war in der Zwischenzeit verstorben.

Vermutlich werden wir auch unter der neuen Landesregierung weiter abbauen müssen“

Beim Regierungspräsidium ist in den vergangenen Jahren in allen Referaten Personal eingespart worden. „Vermutlich werden wir auch unter der neuen Landesregierung weiter abbauen müssen“, sagt Sprecher Clemens Homoth-Kuhs. Solche Extremfälle dürften dennoch nicht vorkommen: „Eine solch lange Bearbeitungszeit ist auch aus unserer Sicht nicht erfreulich.“ Bedingt sei sie durch einen Personalwechsel, zudem sei der Widerspruch nicht vordringlich zu behandeln gewesen. Normalerweise bemühe man sich, Fälle nach spätestens einem halben Jahr abzuschließen. Derzeit müssen fünf bis sechs Mitarbeiter sich um 700 bis 800 Widersprüche pro Jahr kümmern. Zeitliche Fristen gibt es für die Behörde nicht.

Inhaltlich, betont man beim RP, sei der Ditzinger Fall „eindeutig“. Paals Betrieb liege im Außenbereich, die Erweiterung bedeute fast eine Verdoppelung der Gebäudeflächen auf dem Grundstück und sei damit bei weitem nicht mehr angemessen. Das bestreitet Paal, der mit anderen Zahlen rechnet. Der zustimmende Brief der Stadt Ditzingen, so Homoth-Kuhs, sei kein förmlicher Bauvorbescheid, auf den man sich berufen könne. Hilfreich sei ein solches Schreiben freilich nicht. „Das war nicht ganz glücklich“, sagt Guido Braun, Sprecher der Stadt Ditzingen, „man hätte den Fall wahrscheinlich damals schon genauer überprüfen und Bedenken äußern können.“ Nichtsdestotrotz begrüße man die – wenngleich späte – Entscheidung des Regierungspräsidiums und fühle sich „rechtlich auf der sicheren Seite“.

Wie die Ditzinger Geschichte ausgeht, wird jetzt wohl das Verwaltungsgericht in Stuttgart entscheiden. „Ich muss klagen, ich brauche die Halle“, sagt Jürgen Paal. Bis dahin wird weitere Zeit ins Land gehen.