Die Ludwigsburger Fans stehen in der MHP-Arena hinter dem Team, aber es dürften deutlich mehr sein. Foto: Baumann

Wo sind die Zuschauer? Basketball-Bundesligist MHP Riesen Ludwigsburg beklagt in der Bundesliga bisher ein Minus von knapp 23 Prozent. Jetzt soll ein neuer Publikumsliebling kommen.

Ludwigsburg - Am Mittwochabend war der Tiefpunkt der Riesen erreicht. Keine Sorge, nicht in sportlicher Hinsicht, da gab es gegen das ungarische Team von Olaj im dritten Spiel der Champions League ja den den ersten Sieg. Aber in Sachen Publikumszuspruch. Lediglich 1768 Besucher fanden – an einem Abend mit „echter“ Champions-League-Konkurrenz von König Fußball im TV – den Weg in die MHP-Arena. Minusrekord in dieser Saison.

Dabei war der Verein in Sachen Zuschauer bisher schon keineswegs verwöhnt. Und das, nachdem es in den vergangenen Jahren doch nur einen Weg gab: den nach oben. Mehr als 4000 kamen im Schnitt zu den Heimspielen, die Halle war zu 90 Prozent ausgelastet – mehr ging fast nicht.

Und jetzt? Rätselraten. Es ist wie manchmal beim Dax an der Börse. Über die genauen Gründe der Schwankungen kann man nur spekulieren. So auch der Ludwigsburger Vorsitzende Alexander Reil. „Wir hatten zu Saisonbeginn drei Heimspiele in acht Tagen.“ Das kostet Zeit – und Geld. Für einen Familienvater mit zwei Kindern ist da schnell mal ein Hunderter weg, pro Partie wohlgemerkt. Da wird der Kunde wählerisch. Doch inzwischen ist der Terminplan nicht mehr so ex-trem, wobei neben den 17 Heimspielen in der Liga eben bis Januar noch sieben in der neu gegründeten Champions League stattfinden, für die sich Ludwigsburg sportlich qualifiziert hat – auch wenn der Wettbewerb etwas hochgestochen klingt und in- ternational nur die zweite Geige spielt.

Zuschauer decken nur 15 Prozent des Etats

Sei’s drum, Europapokal ist Europapokal. Dabei spielen die Zuschauer von der Kalkulation her gar nicht die entscheidende Rolle, nur etwa 15 Prozent des Vier-Millionen-Etats werden darüber abgedeckt. „Wenn ich 250 Gäste im Vip-Bereich habe, bringen die mehr als 3000 Leute in der Halle“, spitzt Reil die Verhältnisse zu. Um keine Missverständnisse oder den Anflug von Arroganz aufkommen zu lassen: Der Verein ist um jeden Zuschauer froh. „Natürlich soll es so nicht weitergehen – und wir haben lieber 500 Zuschauer mehr in der Halle“, sagt Reil, aber in erster Linie in puncto Stimmung und Außendarstellung.

Im Moment fehlt irgendwie noch was: Vielleicht auch ein Publikumsliebling. Nicht einmal gegen den Meister Brose Bamberg war die Halle zuletzt ausverkauft, und in dieser Partie wurde auch deutlich, warum: „Im Moment fehlt uns auf dem Feld ein Zugpferd“, hat Reil erkannt. So wie in der vergangenen Saison der Center John Brockman, oder auch zuvor der kongeniale Spielmacher Mustafa Shakur, oder Kerron Johnson, der zum Einstand vor zwei Jahren gleich mal 37 Punkte erzielte. Das war ein Paukenschlag, und der US-Boy auf Anhieb Publikumsliebling. Reil gibt zu: „Im Moment fehlt ein Spieler, wegen dem die Zuschauer kommen.“

Ein Spielmacher soll noch kommen

Das könnte sich alsbald ändern. Denn Ludwigsburg sucht intensiv nach einem (weiteren) Spielmacher, es ist im Moment die größte Baustelle. Weder der Rookie Wes Weshpun noch Brad Loesing oder David McCray füllen diese wichtige Rolle derzeit zufriedenstellend aus. „Masse statt Klasse“, sagt Reil. Und der Trainer John Patrick fügt hinzu: „Unser Spiel war manchmal etwas chaotisch“, sagte der US-Amerikaner nach der Partie gegen Bamberg, als Ludwigsburg nur auf magere 48 Punkte kam.

Was nicht nur mit der guten Verteidigung des Meisters zusammenhing, sondern auch mit der schwachen Spielsteuerung gepaart mit einer mangelhaften Trefferquote.

Das Problem: Der Markt gibt derzeit nicht viel her. Entweder fehlt dem Spieler die Qualität – oder Ludwigsburg das Geld für den Kandidaten. Da kommen beide Seiten dann nur schwer zusammen. So lange muss der Verein mit dem leben, was man hat – auch bei den Zuschauern. Und da ist die Statistik ligaweit eher ein Alleinstellungsmerkmal. Während in der BBL der Rückgang bei insgesamt 3,8 Prozent liegt, weist Ludwigsburg in dieser Statistik ein erschreckendes Minus von 22,8 Prozent aus. Abgesehen von den finanziell gebeutelten Braunschweigern (die nur noch einen besseren Zweitligaetat haben) vermeldet nur ein Verein einen vergleichsweise hohen Rückgang: die Eisbären Bremerhaven – und just dorthin verschlägt es Ludwigsburg am Sonntag. Klingt nicht gerade nach Rekordbesuch.