Die Fans der MHP Riesen haben das Team am Montagabend im Autokino Kornwestheim gefeiert. Foto: Pressefoto Baumann/Alexander Keppler

Von Enttäuschung oder Frust ist nach dem verlorenen Finale gegen Alba Berlin nichts zu spüren. Die Ludwigsburger Basketballer begeistern nicht nur die eingefleischten Fans, auch die lokale Prominenz freut sich über die Vizemeisterschaft.

Ludwigsburg/Kornwestheim - Überall in der Stadt freuen sich die Menschen über die Vizemeisterschaft der Riesen Ludwigsburg. In den sozialen Netzwerken ist von „Stolz“ zu lesen, von einem „großartigen Team“ und einer „geilen Saison“. Bei ihrer Ankunft auf dem Parkplatz der Rundsporthalle am Sonntagabend hatte eine kleine Fandelegation die Mannschaft mit Trommeln und Gesängen empfangen. Noch größer war der Jubel bei der offiziellen Feier am Montag im Autokino in Kornwestheim. Die 500 Tickets waren nach dem Erreichen des Endspiels ruck, zuck ausverkauft gewesen – und die Spieler freuten sich sichtlich über so viel Zuspruch. Der einzige Wermutstropfen: „Wir hatten eigentlich eine schöne Meister- oder Vizemeisterfeier auf dem Ludwigsburger Marktplatz geplant“, erzählt der Oberbürgermeister Matthias Knecht.

Aber darauf hätte man noch einige Zeit warten müssen – bis nämlich die Corona-Einschränkungen weiter gelockert werden. Und das wiederum war nicht möglich, weil viele Spieler zurück in ihre Heimatländer wollen oder in den wohlverdienten Urlaub.

Werbung für eine ganze Stadt

Frust, Groll oder Enttäuschung, den deutschen Meistertitel verpasst zu haben? Fehlanzeige allerorten. Was wohl auch daran liegt, dass Alba Berlin viel zu dominant auftrat. Das Hinspiel hatten die Hauptstädter mit 23 Punkten Differenz (88:65) gewonnen, und damit war klar: Fürs Rückspiel hätten die Ludwigsburger ein Wunder gebraucht. Daraus wurde nichts, aber die Riesen verabschiedeten sich mit einer knappen 74:75-Niederlage ordentlich aus dem Turnier. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich ein Vizemeister jemals so gefreut hat, wie es unsere Jungs tun“, schreibt eine Anhängerin auf Facebook.

Mit der Mannschaft freut sich eine ganze Stadt. Denn das Auftreten des Vereins beim Meisterturnier in München war nicht nur Werbung für den Basketballsport, sondern für ganz Ludwigsburg. „Wir sind megastolz auf diese Mannschaft“, sagt Knecht, für den die Finalspiele auch persönlich von großer Bedeutung waren. Er habe, erzählt er, schon mit zwölf Jahren auf der Tribüne gestanden und den Ludwigsburger Basketballern zugesehen. „Der Verein hat viele Höhen und Tiefen mitgemacht, und dieses Endspiel war ein ganz besonderer Moment.“ Weniger emotional, aber ebenfalls glücklich äußert sich der Bürgermeister Konrad Seigfried: Eine bessere Werbung könne man sich als Stadt gar nicht wünschen, sagt er.

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Das sieht auch der Ludwigsburger Handel so. „Wir freuen uns schon deshalb, weil jede Stadt gerade gute Nachrichten gebrauchen kann, und die Riesen haben in den vergangenen Tagen ja positive Schlagzeilen in Massen geliefert“, sagt Markus Fischer, Citymanager beim Innenstadtverein Luis. „Ich glaube, es ist kaum vorstellbar, was los gewesen wäre, wenn das Finale mit Zuschauern stattgefunden hätte.“ Fischer hofft, dass die große mediale Präsenz dauerhafte Folgen hat. „Vielleicht ist Ludwigsburg bei dem ein oder anderen auch wieder präsenter im Kopf, und die Leute sagen vielleicht: Komm, wir gucken uns die schöne Innenstadt mal wieder an.“

Fischer weiß um die Zugkraft erfolgreicher Sportmannschaften. Der Luis-Chef zieht den Vergleich zu den Fußballern des 1. FC Heidenheim. „Heidenheim kennt man, weil dort ganz guter Fußball gespielt wird.“

Wie viele Leistungsträger bleiben den Riesen erhalten?

Nicht nur ganz guter, sondern sogar sehr guter Basketball wird jetzt in Ludwigsburg gespielt – aber kann der Verein den Erfolg konservieren? Wie nach jeder Saison dürfte sich das Gesicht der Mannschaft verändern. Da die Gehälter im Basketball mit denen im Fußball nicht zu vergleichen und Profikarrieren häufig kurz sind, gehen viele Spieler dorthin, wo sie am meisten Geld verdienen können.

Kommentar zum Basketball-Finalturnier: Viel Aufwand, viel Ertrag

Volker Kugel, Direktor des Blühenden Barocks und glühender Riesen-Fan, geht indes davon aus, dass der Spielerschwund diesmal geringer ausfallen wird. „Das Gehaltsniveau im Sport wird wegen der Corona-Krise allgemein sinken“, sagt er und verbindet damit die Hoffnung, dass der Club wichtige Spieler halten kann: vielleicht auch Marcos Knight, der wegen einer Verletzung gegen Berlin nicht mitwirken konnte und trotzdem zum wertvollsten Spieler der Meisterschaftsrunde gekürt wurde. „Als wir erfahren haben, dass Marcos Knight ausfällt, war die Enttäuschung schon groß“, sagt Kugel. „Auch wenn man nicht alles an einem Spieler festmachen darf, aber das hat die Jungs sicher auch sehr mitgenommen.“

Der Trainer als Vater des Erfolgs

Jürgen Pflugfelder, Geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Immobilienfirma, der die Riesen seit Jahren unterstützt, schreibt den Erfolg der Basketballer vor allem einem zu: Trainer John Patrick. Der 52-jährige US-Amerikaner steht seit 2013 in Ludwigsburg in der Verantwortung und hat die Mannschaft regelmäßig in die Play-offs geführt. „Eine solche Integrationsfigur hatten wir noch nie in Ludwigsburg“, sagt Pflugfelder. Patrick sei auch ein hervorragender Botschafter für sein Heimatland. „Gerade zeichnen ja vor allem der Präsident, aber auch viele andere ein ganz schlechtes Bild von dem Land“, sagt Pflugfelder. „Aber John Patrick ist der lebende Beweis, dass von dort auch echte Sympathieträger kommen.“

Für Pflugfelder rundet der Erfolg der Basketballer das positive Gesamtbild der Stadt ab. Ludwigsburg finde sich in Rankings zur wirtschaftlichen Lage, Kultur oder den Hochschulen oft auf vorderen Plätzen. „Da passt es doch wunderbar, dass es jetzt auch sportlich so gut läuft.“