Das deutsche Talent Franz Wagner zieht zum Korb. Foto: IMAGO/camera4+/IMAGO/Tilo Wiedensohler

Am Donnerstag beginnt die Europameisterschaft mit vielen Favoriten – auch Deutschland zählt dazu. Der letzte Titel liegt fast 30 Jahre zurück.

Nach der Qualifikation zur WM 2023 ist vor der EM 2022. Die deutschen Basketballer reisen in diesen Tagen von einem Höhepunkt zum nächsten. Nach dem überraschend deutlichen 90:71-Sieg am Sonntag in München gegen die starken Slowenen geht es an diesem Dienstag im Flugzeug nach Köln, wo am Donnerstag die kontinentalen Titelkämpfe starten.

Das Turnier Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Dieses Motto trifft auch auf die Europameisterschaft zu. Die hätte bereits 2021 ausgetragen werden sollen, doch die Coronapandemie machte einen Strich durch die Rechnung. Weil aus diesem Grund die Olympischen Sommerspiele in Tokio um ein Jahr verlegt wurden, entschied sich der Basketball-Weltverband Fiba frühzeitig, seine Titelkämpfe auf 2022 zu schieben. Nun aber steht der Auftakt unmittelbar bevor, wenngleich inzwischen ohne die sportlich qualifizierten Russen, die wegen des Ukraine-Krieges ausgeschlossen und durch Montenegro ersetzt worden sind. Das Turnier wird – wie schon die vergangenen beiden Male – in der Vorrunde an vier verschiedenen Standorten ausgetragen: in Tiflis (Georgien), in Prag (Tschechien), in Mailand (Italien) sowie in Köln, wo die deutsche Mannschaft spielt. Die K.-o.-Phase ab dem Achtelfinale wird dann in Berlin ausgetragen.

Der Modus Die Vorrunde wird in vier Gruppen zu je sechs Mannschaften gespielt, so dass jedes Team fünf Partien zu absolvieren hat. Die vier besten Nationen qualifizieren sich für das Achtelfinale, wobei dann ein Gruppenerster auf einen -vierten trifft und ein Gruppenzweiter auf einen -dritten. Platzierungsspiele von Platz fünf an wird es am Ende nicht mehr geben.

Deutsches Team Bundestrainer Gordon Herbert selbst hat das Ziel ausgegeben: „Wir wollen aufs Podest“ – also eine Medaille. Knapp 30 Jahre nach dem historischen Erfolg von München 1993 mit dem Sieg unter Trainer Svetislav Pesic (der jetzt die Serben zum Titel führen will) würde solch ein Erfolg dem deutschen Basketball Auftrieb geben. Allerdings hatte der kanadische Coach diese Vorgabe gemacht, als er noch mit einem halben Dutzend Profis aus der US-Topliga NBA rechnete. Inzwischen ist die Zahl auf die Hälfte geschrumpft, sofern Daniel Theis seine Kniebeschwerden rechtzeitig auskuriert, was sich an diesem Dienstag klären soll. Sollte auch Theis ausfallen, wäre das ein weiteres Handicap. Die Last dürfte dann noch mehr auf den Schultern des Spielmachers und Kapitäns Dennis Schröder und des jungen Franz Wagner lasten, der zumindest in der Vorbereitung seine bestechende Form aus seiner ersten NBA-Saison demonstrierte. Und natürlich kann das Team auf den Heimvorteil setzen („Etwas Besonderes“, so Johannes Voigtmann), wenngleich die Gruppengegner Slowenien und vor allem Litauen vor den 5000 Fans in Köln ebenfalls große Rückendeckung haben werden.

Im multikulturellen Berlin dürfte das in der K.-o.-Runde dann auch Teams wie Serbien, Griechenland oder der Türkei zugutekommen, die die Mercedes-Benz-Arena in einen Hexenkessel verwandeln werden.

Favoriten Diese Europameisterschaft ist sowohl von den Spielern als auch den Mannschaften hochklassig besetzt. Ein Dutzend Teams scheint reelle Chancen auf eine Medaille zu haben, wie sie auch die Deutschen anpeilen. Ansonsten gehören die üblichen Verdächtigen zum Favoritenkreis: Aus der deutschen Gruppe sind die Frankreich, Slowenien, aber auch Litauen zu nennen. Dazu sicher die Serben mit dem wertvollsten Spieler der NBA, Nikola Jokic, die Griechen oder Türken, und auch der amtierende Weltmeister Spanien. Mit den Ausschlag geben wird, wer in Bestbesetzung auflaufen kann, und es kommt bei dieser Leistungsdichte eben auch auf die Tagesform in den K.-o.-Spielen an.

Fernsehen  Sämtliche 76 Spiele werden vom Pay-TV-Kanal Magenta-Sport der Telekom übertragen. Der Ludwigsburger Alexander Reil sagt in seiner Funktion als Präsident der Basketball-Bundesliga: „Ich hoffe schon, dass sich im Laufe des Turniers die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF zumindest über eine Teilausstrahlung einigen.“ Was im Interesse der Fans wäre, selbst wenn die deutschen Begegnungen bei Magenta-Sport kostenfrei zu sehen sind. Zum Vergleich: Die Handballer kamen in ARD/ZDF bei EM-Turnieren zuletzt auf Einschaltquoten von vier bis fünf Millionen Zuschauern. Eine Zahl, von denen die Basketballer nur träumen können – bis jetzt jedenfalls.