Trainer John Patrick (re.) will in der kommenden Saison mit den MHP Riesen Ludwigsburg hoch hinaus Foto: Baumann

Die spannende Play-off-Serie gegen Bayern München hat gezeigt, wozu die Riesen Ludwigsburg in der Lage sind. Trainer John Patrick traut seinem Club noch viel mehr zu – trotz aller Probleme.

Die spannende Play-off-Serie gegen Bayern München hat gezeigt, wozu die Riesen Ludwigsburg in der Lage sind. Trainer John Patrick traut seinem Club noch viel mehr zu – trotz aller Probleme.

Ludwigsburg - In den nächsten Wochen wird John Patrick nicht viel schlafen. Das weiß der Basketballtrainer von Bundesligist MHP Riesen Ludwigsburg jetzt schon. Einen Tag nach dem Viertelfinal-Aus in den Play-offs gegen Bayern München hat für den 46 Jahre alten US-Amerikaner die Vorbereitung auf die kommende Saison angefangen. Die besteht vor allem daraus, die bisherigen Topspieler an den Club zu binden und sich nach Neuzugängen umzusehen.

Und das passiert bei John Patrick eben nachts. Dann studiert der fünffache Familienvater, der fünf Sprachen fließend spricht, die Videos von potenziellen Kandidaten und telefoniert mit Spieler-Agenten in den USA. „Wegen der Zeitverschiebung ändert sich also mein Schlafrhythmus“, erklärt Patrick.

Dieses Opfer bringt der Jurist gerne. Auch, weil John Patrick mit seinen Riesen große Ziele hat. „Es macht einen Riesenspaß hier etwas aufzubauen“, sagt er und fügt im Brustton der Überzeugung an: „Wir wollen auf Dauer um die Play-off-Teilnahme mitspielen und schon in der nächsten Saison im Europäischen Wettbewerb spielen.“ Nur ein Jahr nach dem sportlichen Abstieg der Ludwigsburger hört sich das für die Fans wie ein Traum an, der Wirklichkeit werden könnte – vorausgesetzt John Patrick und Clubchef Alexander Reil können in den kommenden Monaten zwei Herausforderungen meistern.

Die Mannschaft: Viele Riesen-Profis sind nach den Play-offs, in die Ludwigsburg erstmals seit 2007 eingezogen war, heiß begehrt und könnten sofort weg. Ihre Verträge laufen aus. Etwa der des zuletzt überragenden Coby Karl, den schon der NBA-Club Memphis Grizzlies gescoutet hat. Oder der von Spielmacher Michael Stockton, Punktekönig Keaton Grant und Dreierspezialist Shawn Huff, der mit Finnland in diesem Sommer bei der WM (30. August bis zum 14. September) in Spanien spielt.

Sie dürften schwer zu halten sein, obwohl Michael Stockton sagt: „Dieser Verein ist wie eine Familie für mich, ich würde gerne bleiben.“ Und Shawn Huff meint: „Es gefällt mir sehr gut, Ludwigsburg ist eine Option.“ John Patrick, der „den Kern der Mannschaft halten will“, lässt sich von diesen Aussagen aber nicht blenden. Er weiß, worum es im Profi-Basketball geht. „Letztlich ist alles eine Frage des Geldes“, sagt Patrick. Da helfe es auch nichts, dass Michael Stockton durch seinen Vater, die NBA-Ikone John, oder Coby Karl, sein Vater ist NBA-Trainerlegende George, von Haus aus vermögend sind. John Patrick begründet das so: „Nicht nur der Spieler will ja verdienen, sondern auch sein Agent.“

Weil aber nicht davon auszugehen ist, dass die Riesen demnächst eine Goldader unter ihrer MHP-Arena finden werden, wird es schwer, die bisherigen Topleute zu halten. „Es gab Spieler, die haben das Zehnfache angeboten bekommen, was sie hier verdienen“, verrät der Coach. Da können die Barockstädter nicht mithalten. Mit einem Saisonetat von drei Millionen Euro gehören die Riesen zu den Zwergen der Liga. Zwar spülte das Wiederholungsspiel gegen die Bayern trotz der Einnahmeteilung rund 100 000 Euro in die Kasse, doch mehr als 3,5 Millionen Euro wird der Club als Etat auch in der kommenden Saison kaum stemmen können.

Der europäische Wettbewerb: John Patrick hat mit den Riesen eine Vision. Genauer gesagt eine Euro-Vision. Als Play-off-Teilnehmer hofft er auf eine Einladung für den europäischen Wettbewerb für die nächste Spielzeit. „Es ergibt Sinn, international zu spielen“, sagt der Coach. 2010 gewann er mit BG Göttingen die Euro Challenge. Nur Clubchef Alexander Reil ist von der Idee bislang nicht so sehr begeistert: „Wenn ein Sponsor sagt, dass es für ihn wichtig ist, dass wir auf internationalem Parkett spielen, können wir drüber nachdenken.“

Das Unternehmen Europa verschlingt nämlich trotz Einnahmen aus dem Verkauf von Tickets und den TV-Rechten viel Geld. Nicht alle deutschen Clubs sind – im Gegensatz zum Fußball – deshalb scharf darauf, international zu spielen. Alexander Reil sagt: „Nicht nur die Reisekosten sind hoch, wir bräuchten einen viel größeren Kader, weil wir mehr Spiele haben.“

Ohnehin ist die Diskussion verfrüht: „Wir wissen ja noch nicht mal, wie viele Startplätze die Basketball-Bundesliga für den Euro Cup oder die Euro Challenge erhält“, erklärt Alexander Reil. Von Europa zu träumen sei in Ludwigsburg neuerdings aber erlaubt.