Das Interesse wurde geweckt, während die Familie Homberg vorübergehend in Nordamerika lebte. Foto: Pressefoto Baumann

Die Eltern konnten gar nicht anders als Ja sagen zum Hobby ihrer Kinder. Die vier Geschwister aus Sillenbuch hat das Baseball-Fieber gepackt. Sie spielen bei den Stuttgart Reds in Bad Cannstatt – und bekommen nicht genug von der Sportart.

Sillenbuch - Wenn die sechsjährige Letizia Homberg aus Sillenbuch an ihren nächsten Geburtstag denkt, strahlen ihre blauen Augen umso mehr. Nicht wegen der Geschenke, dem Kuchen oder der Geburtstagsfeier. Für den jüngsten Spross der Familie Homberg hat dieses Alter eine ganz besondere Bedeutung. Denn mit sieben Jahren darf sie sich endlich in der Schülermannschaft des Baseball-Bundesligisten Stuttgart Reds versuchen – und damit endlich mit ihren drei älteren Geschwistern in einem Team spielen.

Denn Letizia ist nicht die Einzige aus der Familie, die dem Baseballfieber verfallen ist. Ihrem ältesten Bruder Felipe und den neunjährigen Zwillingen Max und Maite geht es nicht anders. Alle vier Kinder der Familie Homberg sind von der amerikanischen Sportart mit dem roten Sand, dem großen Lederhandschuh und der Aluminiumkeule restlos begeistert. Und auf eine Sache hat sich die Sillenbucher Familie den ganzen Winter über gleichermaßen gefreut: den Saisonstart der Baseball-Bundesliga am Ostermontag. Die Kinder, weil sie den Bundesligaspielern zuschauen und die rausgeschlagenen Bälle im Gegenzug für eine kleine Belohnung zurückholen konnten, die Eltern, weil es am Cannstatter Schnarrenberg im DB-Ballpark die besten Hamburger Stuttgarts gibt – zumindest nach Ansicht des Vaters Martin Homberg.

Die Kinder lernen nebenher Englisch

Allerdings hat die Sportart mehr zu bieten als leckere Hamburger: „Das Schöne an Baseball ist, dass es ein körperlich sehr ganzheitlicher Sport ist“, sagt die Mutter der vier Nachwuchsspieler, Annette Homberg. „Die Kinder lernen zu fangen, zu werfen, zu rennen und werden durch die komplizierteren Regeln des Spiels auch kognitiv gefordert.“ Neben dem sportlichen Aspekt sehen die Eltern auch im regelmäßigen Kontakt mit der englischen Sprache einen positiven Nebeneffekt des Sports ihrer Kinder. „Dadurch, dass die Trainer und Co-Trainer teilweise amerikanische Eltern oder auch ausländische Bundesligaspieler sind, hören und sprechen die Kinder im Training viel Englisch.“

Das Interesse an Baseball kam 2011 auf, als der Vater Martin Homberg aus beruflichen Gründen mit seiner Familie für eineinhalb Jahre nach Nordamerika umgezogen ist. In dieser Zeit hat sich der mittlerweile zehnjährige Felipe für so ziemlich alle amerikanischen Sportarten begeistert – von American Football über Baseball bis hin zu Lacrosse. Allerdings handelte es sich zumeist um Sportarten, deren Ausrüstung vergleichsweise teuer war.

Als sein Bruder Max und er die Liebe zum Baseball entdeckt hatten, war Vater Martin erst skeptisch: „Mit der Ausrüstung haben wir uns anfangs ein bisschen geärgert, weil wir dachten, wenn wir in Deutschland sind, können die Kinder ja kein Baseball mehr spielen“, erzählt Martin Homberg. Die Rechnung hatte er allerdings ohne seinen ältesten Sohn Felipe gemacht. Denn dieser war so felsenfest entschlossen, den Sport nicht aufzugeben, dass er noch aus den USA eigenständig Recherchen zum nächstgelegenen Baseballverein in der Region, den Stuttgart Reds, anstellte und die Trainer per E-Mail kontaktierte.

Eine große Baseballfamilie

Nach so viel Engagement und Eigeninitiative von Seiten des damals erst achtjährigen Felipe blieb den Eltern nichts anderes übrig, als die Leidenschaft ihrer Kinder zum Baseball zu unterstützen. „Das Coole am Baseball ist, dass man den Ball richtig weghauen und seine Wut am Schlag herauslassen kann“, sagt Felipe. „Immer daran denken, der Ball ist jemand, der dich nervt“, scherzt der Schüler.

Es hat nicht lange gedauert, bis auch Maite und Letizia von Max und Felipe mit dem Baseballfieber infiziert wurden. Da die sechsjährige Letizia aber noch zu jung ist, um bei den Schülermannschaften mitzuspielen, gehört sie noch der jüngsten Kindergruppe der Reds, den sogenannten T-Ballern, an, die eine vereinfachte Variante des Baseballs spielen. Allerdings hofft Letizia, dass sie noch in diesem Jahr zu ihrem siebten Geburtstag zu den Schülern wechseln darf.

Auch wenn bei Martin Homberg und der kleinen Letizia die Regelkunde über die hierzulande weniger bekannte Sportart nach wie vor noch nicht hundertprozentig sitzt, sind die restlichen Familienmitglieder sich darüber einig, dass neue Eltern mit ihren Kindern, die bisher noch keine Erfahrung mit der Sportart hatten, die Regeln schnell verinnerlichen werden – schließlich handele es sich bei den Stuttgart Reds ja um eine große Baseballfamilie, in der man sich gegenseitig gerne helfe, so Annette Homberg.

Baseball in Deutschland:

Bei der US-amerikanischen Sportart Baseball handelt es sich um ein Spiel, bei dem die Defensivmannschaft in Ballbesitz ist. Ein Baseballspiel wird nicht nach Zeit oder nach Punkten gespielt, sondern endet, wenn neun Spielabschnitte, sogenannte Innings, gespielt wurden. Ein Inning ist vorbei, sobald drei Spieler der Offensivmannschaft ausgeschieden sind.
Während die Sportart nicht nur in den USA, sondern auch in ostasiatischen und karibischen Ländern weit verbreitet ist, gehört sie in Deutschland nach wie vor zu den Randsportarten. Derzeit gibt es in Deutschland knapp 300 Vereine mit insgesamt mehr als 25 000 Mitgliedern. Die Kinder- und Jugendligen erstrecken sich von den vier- bis achtjährigen T-Ballern, die eine vereinfachte Form des Baseballs spielen, bis zu den Junioren. In Baden-Württemberg gibt es eine T-Ball-Liga, eine Schülerliga (9-12 Jahre), zwei Jugendligen (13-15 Jahre) und eine Juniorenliga (16-18 Jahre). Die beim TV Cannstatt ansässige Baseballabteilung der Stuttgart Reds hat auch in diesem Jahr in jeder Altersklasse und jeder Liga mindestens ein Nachwuchsteam gemeldet. 2014 erhielten die Reds das mit 5000 Euro dotierte „Grüne Band“ für vorbildliche Talentförderung, das jährlich vom Deutschen Olympischen Sportbund und der Commerzbank an 50 Vereine in Deutschland vergeben wird