Foto: Frank Eppler

Beim Termin an der nicht barrierefreien S-Bahn-Station Rommelshausen kündigt der Bahn-Konzernbevollmächtigte Sven Hantel an, die Änderung einer Richtlinie anzustoßen. Das Problem des klaffenden Spalts beim Ein- und Ausstieg wird damit aber nicht gelöst.

Kernen - Für Angelika Bochnig ist jede Fahrt mit der S-Bahn ein Abenteuer im negativen Sinne. Die Winnenderin sitzt im Rollstuhl und ist auf einen funktionierenden Aufzug oder eine Rampe angewiesen, um auf den Bahnsteig zu gelangen. Dort angekommen, steht sie häufig vor dem nächsten Problem. Denn an Stationen wie Schwaikheim, Winterbach, Geradstetten oder Rommelshausen müssen Fahrgäste eine Stufe überwinden, die bis zu 38 Zentimeter hoch sein kann. Angelika Bochnig ist deshalb darauf angewiesen, dass der S-Bahn-Fahrer für sie eine Rampe anlegt. Der Ausstieg über die Rampe ist aufwendig, zeitintensiv und für Angelika Bochnig alles andere als angenehm: „Ich muss mich beim Aussteigen nach hinten beugen, damit ich nicht nach vorne aus dem Rollstuhl kippe.“

Das Prozedere konnten die Teilnehmer einer Veranstaltung zum Thema Barrierefreiheit am Montag am Bahnhof Rommelshausen beobachten. Der Einladung des FDP-Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann waren unter anderem der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn, Sven Hantel, sowie die Regionaldirektorin Nicola Schelling und der Leitende Direktor des Verbands Region Stuttgart, Jürgen Wurmthaler, gefolgt.

Dass obendrein ein mal mehr, mal weniger breiter Spalt zwischen den S-Bahn-Wagen und dem Bahnsteig klafft, erschwert die Sache für Rollstuhl- und Rollatornutzer, für Mütter mit Kinderwagen oder Menschen, die sich mit dem Gehen schwer tun, zusätzlich. „Alle zwei bis drei Monate gibt es hier einen schweren Unfall“, sagte Ebbe Kögel über den Bahnhof Rommelshausen. Der Gemeinderat warf Sven Hantel vor, die Bahn schließe „systematisch bestimmte Bevölkerungsgruppen vom Transport mit der S-Bahn aus“. Hantel konterte mit Zahlen: 97 Prozent der täglich 400 000 S-Bahn-Fahrgäste könnten stufenfrei auf den Bahnsteig gelangen, bis in zwei Jahren stellte Hantel eine 100-Prozent-Abdeckung in Aussicht. Das unterschiedliche Höhenniveau an derzeit 32 Bahnhöfen sei „ein Thema, das wir angehen wollen und müssen“.

Entstanden sei das Problem, weil man sich für Fahrzeuge mit 96 Zentimetern Höhe entschieden habe, die Bahnsteige der betroffenen Stationen aber maximal 76 Zentimeter Höhe hätten. Die Entscheidung für die Züge mit einer Fußbodenhöhe von 96 Zentimetern begründete Jürgen Wurmthaler vom Verband Region Stuttgart damit, dass dieses Modell „so viele Türen wie sonst kein anderer Zug in Deutschland“ aufweise – ein wichtiger Pluspunkt, denn er ermögliche einen schnellen Fahrgastwechsel.

Um das Höhenniveau-Problem zu lösen, bemühe sich die Bahn um eine Richtlinienänderung, erklärte Hantel. Selbige Vorschrift verlangt, dass Bahnsteige tief gehalten werden müssen, damit auch breitere ausländische Güterzugwaggons die Stationen problemlos durchfahren können. „Wenn die Richtlinie geändert wird, können wir mittel- und langfristig entlang der Rems- und Murrbahn 96 Zentimeter hohe Bahnsteige bauen“, stellte Hantel in Aussicht. Allerdings seien dazu auch „positive Signale des Landes“ nötig. Regionaldirektorin Nicola Schelling formulierte es so: „Wir brauchen das Signal, dass das Land Gelder dafür gibt.“

In großen Bahnhöfen sei eine Erhöhung auf der gesamten Bahnsteiglänge denkbar, in Bahnhöfen mit weniger Fahrgästen auch eine teilweise, so Hantel. Auf der Prioritätenliste belege der Bahnhof Rommelshausen den dritten Platz nach Stuttgart-Feuerbach und Ludwigsburg – auch wegen der hinzukommenden „Spaltthematik“. Wenn ein Bahnsteig allerdings in einer Kurve liege, so wie in Rommelshausen, sei letzteres Problem auch durch eine Erhöhung nicht lösbar, sagte Hantel.