Wolfgang Niedecken – hier bei einem Auftritt im Europapark Rust – ist mit seiner Band BAP in Stuttgart aufgetreten. Foto: dpa

Beliebte Lieder, etwas beliebig gespielt: Niedeckens BAP kämpfen in der Porsche-Arena über drei Stunden mit ihrer Band-Identität.

Stuttgart - Wenn die Bühnenarbeiter die schwarzen Vorhänge herausholen, um die leergebliebenen Hallenteile zu verhüllen, sieht die Porsche-Arena immer ein wenig so aus, als würde sie Trauer tragen. Traurig darüber, einer Karriere beim Verwelken zusehen zu müssen. Ein trister Abend also mit BAP vor doch etwas überraschend schmaler Kulisse von lediglich 3000 Fans? Keineswegs: Ein Konzert mit den Kölschrockern, zumal als Jubiläumsrevue mit den beliebtesten Lieder von 1976 bis 2016 konzipiert, hat allemal genug Substanz für einen unterhaltsamen Abend, ihr Bandleader genügend schön altersweises Charisma, um als markant verwitterter Seebär des Deutschrock sein Publikum auch nach vierzig Karrierejahren mitzureißen. Und noch immer kann Wolfgang Niedecken seine Figuren wie den „Jupp“ oder die „Alexandra“ kraftvoll zum Leben erwecken oder berührt in „Unger Krahnebäume“ (das an die Kölner Fotografenlegende Carl-Heinz Hargesheimer erinnert) als Chronist und engagierter Hüter des kulturellen Erbes seiner Heimatstadt.

Ein Geburtstagsständchen für Bob Dylan

Aber: Die Zeiten ändern sich, „the times, they are a-changin’“, wie Bob Dylan schon 1964 orakelte. Der wurde just an diesem Abend übrigens 75 Jahre alt, und fast am Ende eines mit rund dreieinviertel Stunden schlicht überlangen Konzertes widmete der „Dylan aus der Südstadt“ dem aus Duluth, Minnesota, dann doch noch ein Geburtstagsständchen und gratulierte dem größten aller amerikanischen Songpoeten mit warmen Worten („ohne ihn würde es diese Band nicht geben“) und einer feinen Version von Dylans frühem Protestsong „My back Pages“.

Bis dahin hatten sich Niedecken und Co. schon mehr als 150 Minuten lang durch Rock, Blues und Reggae gespielt und eigentlich nicht viel falsch gemacht. Von „Verdamp lang her“ über „Kristallnaach“ und „Aff und zo“ bis „Jraaduss“ (ein immer noch schöner Schunkler, vom Publikum stimmgewaltig mitgesungen) war so ziemlich jeder Klassiker an Bord, den Fans gerne hören – aus dem Best-of-Katalog fehlten einzig „Wellenreiter“ und „Mach et joot“.

Längst spielen da nicht mehr BAP von einst

Allerdings: Dass die Zeit der festen Bandbesetzungen bei Niedeckens BAP vorbei ist und Gruppe längst aus einem (allzu) häufig wechselnden Pool von Musikern besteht, ist nun leider auch nicht zu überhören. Da mag ein versiertes Septett den Sound noch so routiniert zwischen Rock und Westcoast-Music verankern, da mag Anne de Wolff an Fiddle und Posaune hübsche Klangfarbentupfer beisteuern oder die fette Hammondorgel von Michael Nass den Gitarren von Niedecken und Ulrich Rode fast ein wenig die Schau stehlen: Längst spielen da nicht mehr die BAP von einst, sondern eben „nur“ noch Wolfgang Niedecken und eine Musikschar, die sich darum bemühen, dem Mythos und der Seele von BAP nachzuspüren – und die dabei nicht immer fündig werden. Irgendwann beschädigt das permanente Herumschnitzen am Personaltableau eben doch einmal die Identität einer Band.