Beim Ball der Nationen war stets ein buntes Programm geboten. Foto: Lichtgut/Zweygarth

Bereits im Frühjahr 2017 haben Stammgäste ihre Eintrittskarten für den Ball der Nationen bestellt und bezahlt. Nun haben sie beim Blick ins Netz eine böse Überraschung erlebt.

Stuttgart - Die Stammgäste sind sauer. Sie hatten sich darauf gefreut, am Samstag, 27. Januar, von 19 Uhr an das Tanzbein im Beethovensaal der Liederhalle zu schwingen, beim Ball der Nationen. Doch daraus wird nichts, obwohl sie Karten in den Händen halten: Der Ball fällt aus, der Saal ist nicht gebucht, die Musiker sind nicht bestellt. Die Ballgäste fühlen sich betrogen. Nicht nur um eine rauschende Ballnacht, sondern auch um den Eintrittspreis von 55 Euro pro Person, den sie bereits im April 2017 bezahlt haben.

Durch Zufall hat eine Rechtsanwältin aus Schorndorf herausgefunden, dass der Ball ausfällt: „Ich habe auf der Homepage der Liederhalle nachgeschaut, da steht ein Konzert drin an dem Abend.“ Der Oslo Gospel Choir tritt im Beethovensaal im Rahmen einer Jubiläumstour auf. Doch der Beethovensaal steht auch auf den Karten, welche die Juristin in Händen hält: „Saalöffnung 18 Uhr – Festliche Kleidung erwünscht“, ist aufgedruckt. Sogar die Tischnummer ist schon ausgefüllt im entsprechenden Feld. Jörg Klopfer, der Sprecher der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, staunt wie die Ballgäste, dass die Karten im Umlauf sind. „Wir haben der Veranstalterin bereits im vergangenen Frühjahr gesagt, dass wir die Zusammenarbeit beenden“, sagt er. Die Dame sei stets schwierig zu erreichen gewesen, was die Organisation im Vorfeld sehr schwierig gemacht habe. Sie hatte den Ball der Nationen 2016 zum ersten Mal organisiert und im Jahr 2017 ein weiteres Mal.

Die Stammgäste wollen ihr Geld zurück

Dass die Veranstalterin nicht reagiert, haben nun auch die Karteninhaber festgestellt. Sie rufen an, schreiben und mailen – keine Reaktion, keine Erklärung, kein Geld zurück, sagen sie. So ist es Gerd und Rita Eicker aus Winnenden ergangen: Nur weil Freunde für den Abend noch Karten für „Holiday on Ice“ geschenkt bekamen, merkten sie, dass etwas nicht stimmte: „Sie wollten nachschauen, wie lange der Ball geht, ob sie zu beiden Veranstaltungen gehen können. Dann stand aber im Netz gar nichts vom Ball der Nationen“, schildert Rita Eicker. „Gut, dass wir das gemerkt haben. Wir wären sonst gestiefelt und gespornt vor der Liederhalle gestanden – und da wären wir sicher nicht die Einzigen gewesen“, fügt sie hinzu. Rund 220 Euro für vier Karten haben die Eickers und ein befreundetes Ehepaar ausgegeben. Eine weitere Kundin hat sogar schon zehn Karten für den Freundeskreis geordert. Auch sie kam über eine Internetsuche darauf, dass der Ball nicht stattfinden wird. Sie habe bereits einen Anwalt eingeschaltet, dessen Schreiben unbeantwortet geblieben sei, sagt die Stuttgarterin.

Auch bei der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, der die Veranstalterin angehört, hat man wenig Kontakt zu der Frau. „Wir als Landsmannschaft haben mit der Veranstaltung nie etwas zu tun gehabt“, stellt eine Sprecherin der Stuttgarter Ortsgruppe klar. Die Ball-Organisatorin habe eine Zeit lang der Ortsgruppe in Böblingen vorgestanden, diese sei aber nun Stuttgart zugeschlagen. Organisatorisch mit im Boot war bei den zurückliegenden Veranstaltungen die Deutsch-Türkische Gesellschaft in Stuttgart. „Wir finden es sehr schade, dass der Ball ausfällt. Es war immer sehr schön, die Veranstalterin hatte Kontakte zu vielen Künstlern, die dort auftraten“, sagt deren Vorsitzender Aykut Düzgüner. Sein Verein habe bei den vergangenen Bällen den Mietvertrag für den Saal übernommen, zudem kümmerte sich Düzgüner um die Gema-Gebühren. Er ging bis zum Herbst davon aus, dass der 60. Ball der Nationen stattfinden würde. Dann habe er nichts mehr gehört und das Thema abgehakt, berichtet Düzgüner.

Die Karten versendete die Veranstalterin offenbar selbst. Im Februar 2017, kurz nach dem 59. Ball der Nationen, habe sie Werbemails versandt und für die 60. Auflage geworben. Die Rechnungen schickte sie mit einem Briefbogen, auf dem eine Anschrift in Leonberg-Warmbronn steht. Dort ist die Frau nach Informationen unserer Zeitung nicht mehr gemeldet, sie ist nun unter einer neuen Adresse im Stuttgarter Westen gemeldet. Die Absage für den Ball im Januar 2018 habe die Veranstalterin bereits im Frühjahr des vergangenen Jahres erhalten, sagt Jörg Klopfer von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. „Wir haben die Rechnung am 20. April bekommen, ausgestellt worden war sie am 6. April“, sagt Gerd Eicker. Wie auch die Anwältin aus Schorndorf hat er nun mit Mails, Anrufen und Briefen versucht, eine Erklärung zu erhalten, respektive den Kartenpreis zurückzufordern – keine Reaktion. Bei einem Anruf unserer Redaktion unter der angegebenen Mobilfunknummer meldete sich eine Frauenstimme. Die Person am anderen Ende ließ sich aber auf kein Gespräch ein, sondern legte auf.

Die Veranstalterin bekam die Absage im Frühjar 2017

Die Schorndorfer Juristin hat der Dame eine Frist bis zum Sonntag eingeräumt. Wenn bis dahin nichts geschieht, will sie die Veranstalterin anzeigen.