Die Volkstänze sind moderner geworden, und die sozialen Medien haben Einzug gehalten: Trotzdem wird bei der Remstal-Landjugend noch traditionell mit Dirndl getanzt. Foto:  

Der „Bal Paré“ der Remstal-Landjugend findet dieses Jahr als besondere Veranstaltung statt. Denn am 5. November feiert die Tanzveranstaltung in der Schwaikheimer Gemeindehalle ihren 50. Geburtstag – mit Traditionen, moderner Musik und Liebe.

Hildegard Knef hat ihn einst besungen: den Ball Paré. „Es war beim Ball Paré...Sie war zum ersten Mal auf einem großen Ball...Ringsum war Lichterpracht, sie tanzten eine ganze Nacht“, heißt es in einem Lied der bekannten deutschen Chansonsängerin und Schauspielerin. Ob der „Bal Paré“ der Remstal-Jugend seinen Namen in Anlehnung an dieses Lied bekommen hat, weiß Lothar Schmid nicht mehr so genau. „Wir wollten einfach einen moderneren Titel als Herbst- oder Kirbefest“, sagt das 72-jährige Ehrenmitglied der Remstal-Jugend, das sich noch gut an die erste Veranstaltung seiner Art erinnert.

Aus dem Herbst- und Kirbetanz wird ein großer Tanzball

Damals – also 1972 – war Lothar Schmid 22 Jahre alt und im Vorstand der Remstal-Jugend. Im Jahr zuvor hatte die Remstal-Jugend bereits in der kleinen Schwaikheimer Radsporthalle ein Fest mit dem Titel „Herbst- und Kirbetanz“ organisiert. „Im Jahr darauf, also heute vor 50 Jahren, waren wir dann das erste Mal mit unserem Ball in der neu gebauten Schwaikheimer Gemeindehalle. Und die Veranstaltung war sofort ein voller Erfolg“, sagt Lothar Schmid.

Seitdem fand der „Bal Paré“, die Tanzveranstaltung mit traditionellen Standardtänzen, modernen Vorführungen und gutbürgerlichem Rostbraten, jedes Jahr statt – außer in der zweijährigen coronabedingten Zwangspause. „Jetzt können wir nach der Pandemie endlich wieder durchstarten. Man fängt quasi bei null an“, sagt die erste Vorsitzende der Remstal-Jugend, Annika Hutt. Sie freut sich, dass der Samstag, 5. November, nun endlich mit riesigen Schritten näher rückt. Momentan werde unter Hochdruck in den einzelnen Tanzgruppen geprobt, das Küchenteam mache sich bereit, und auch beim Thema Deko gebe es viel zu tun.

Zu Lothar Schmids Zeiten ist man für die Deko direkt in den Wald gefahren. „Wir waren damals um 7 Uhr morgens mit dem Förster verabredet. Die Halle haben wir dann mit Bäumen, die an der Decke verankert waren, und mit buntem Laub geschmückt.“ Es sei einfach nicht viel Geld dagewesen, und man sei ein großes Risiko eingegangen. „Mein Vater hat mich gewarnt, dass wir notfalls ein Rind verkaufen müssen, wenn die Veranstaltung floppt.“ Das mussten sie dann zum Glück nicht – der Ball war von Anfang an ein voller Erfolg. Mittlerweile versuchen die Mitglieder, mit der Zeit zu gehen. „Wir nutzen soziale Medien wie TikTok und haben moderne Musik im Einsatz“, sagt die zweite Vorsitzende Leonie Hutt.

Früher standen Bäume in der Halle

Für die aktuelle Veranstaltung wird bunt und herbstlich geschmückt. Gefeiert wird traditionell in der Schwaikheimer Gemeindehalle, und zwar von 20 Uhr an, Hallenöffnung ist bereits um 18.30 Uhr. Und Traditionen spielen bei der Tanzveranstaltung von jeher eine wichtige Rolle – zum 50. Geburtstag natürlich erst recht. Die Band „Abgroovebereit“ liefert die Tanzmusik zu dem abendlichen Event. Im Gegensatz zu damals gibt es keine Damenwahl mehr. Stattdessen zeigen Gruppen – wie vor 50 Jahren schon – ihr Können. Die Powerkids, die Dancing Teens und die Showtanzgruppe haben Auftritte. „Die Powerkids zeigen zum ersten Mal öffentlich ihr Können. Die Dancing Teens haben das Motto Mamma Mia und die Showtanzgruppe hat sich die 80er vorgenommen“, sagt Annika Hutt und erinnert sich, dass früher Kostüme oft selbst geschneidert wurden – eine lieb gewonnene Tradition.

Doch warum feiert die aktuelle Landjugend eigentlich noch immer einen Tanzball, und was ist das Besondere daran? Annika Hutt sieht unter anderem die heutige, krisenbeladene Zeit dafür verantwortlich. „Alles ist chaotisch, überall gibt es Probleme. Da suchen die Leute wieder nach Traditionen und Glück“, sagt die erste Vorsitzende. Sie selbst ist genau wie ihre Cousine Leonie Hutt, die zweite Vorsitzende, seit Kindertagen dabei. „Meine Mama war Tanztrainerin, die hat mich immer mitgenommen, und ich wollte dabei sein“, sagt Annika Hutt, die es zu schätzen weiß, dass in der Remstal-Jugend auch so viel verwandtschaftlich organisiert wird. „Wir im Vorstand sind Cousinen, und Lothar Schmid ist unser Onkel. Das ist toll.“

Nicht nur verwandtschaftlich gibt es Auffälligkeiten. Der Ball ist auch seit jeher als Heiratsmarkt bekannt. „Da haben sich schon viele Paare kennen und lieben gelernt“, sagt Leonie Hutt. Und ihre Cousine hat gleich ein Beispiel parat: Im Jahr 2012 wurde beim Ball ein moderner Volkstanz aufgeführt, und bei den Vorbereitungen haben sich Lukas und Anina kennengelernt. Richtig gefunkt hat es dann auf dem Ball. Inzwischen ist das Paar, das seinen Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, sogar verheiratet.

Der Ball ist ein wichtiges Ereignis, die Nachbarschaft stört der Lärm

Der Ball ist also in jeder Hinsicht ein Ereignis. Deshalb hofft die erste Vorsitzende auch, dass er noch lange stattfindet. „Es gab über die Stadt zuletzt Beschwerden von Anwohnern, denen es zu laut war. Wir sind da kompromissbereit und hoffen, dass sich eine gute Lösung für alle finden lässt, und wir den Ball weiter feiern können“, sagt Annika Hutt.

Karten für den Tanzabend gibt es beim Kiosk S’Eck in Schwaikheim und bei Blumen Dürr in Schwaikheim. Tickets kosten 10 Euro, ermäßigt 8 Euro. Es gibt auch eine Abendkasse.