Anfangs lief es gut für die Filderbahn: Einweihung der Vollspur in Bernhausen anno 1902 Foto: Stadtarchiv Filderstadt

Entlang der geplanten Verlängerung der S-Bahn-Linie 2 verkehrte einst die Filderbahn. Von 1897 an wurde sie von Handwerkern und lokalen Touristen zunächst gut angenommen. Aber sie konnte sich im letztlich nicht gegen Busse und Lkws behaupten.

Filderstadt/Esslingen - Am Anfang war das Kraut. Weil sich die Bauern auf der Filderebene am Ende des 19. Jahrhunderts um den Abtransport ihrer Ernte sorgten, stimmten die damals bäuerlich geprägten Gemeinderäte einem Schienennetz zu, das ab 1897 in Betrieb genommen wurde: das Netz der Filderbahn, die unter anderem Neuhausen mit Bernhausen und damit die damals in Schatten der industriellen Entwicklung befindliche Filderebene mit Stuttgart verband. Entlang dieser alten Bahnverbindung soll nun die S-Bahn-Linie 2 bis nach Neuhausen verlängert werden. Dieser Tage brachten Anwohner bei der Erörterung ihre Bedenken vor.

Gebaut und über Aktien finanziert hatte die Filderbahn einst der Esslinger Lokomotiven-Hersteller Emil Kessler, und anfangs wurde sie sehr gut angenommen, vor allem von Bauhandwerkern wie Maurern und Gipsern, die mit der Bahn zu Baustellen in der Großstadt fuhren. In Bahnhofsnähe bauten manche von ihnen später ihre Häuschen. An Wochenenden schätzten Stuttgarter Ausflügler die Bahn in der Gegenrichtung: Sie fuhren beispielsweise bis nach Bernhausen und begannen dort ihre Wanderung oder ihren Spaziergang.

Das war der Beginn des Niedergangs

Wer das alles weiß, und wer das lebhaft erzählen kann, ist Nikolaus Back, der Stadtarchivar von Filderstadt. Er kann auch den Beginn des Niedergangs der Filderbahn erklären: 1920 wurde die Privatbahn an die Deutsche Reichsbahn verkauft, die eine neue Streckenführung beschloss. Fortan musste, wer in die Großstadt wollte, über Vaihingen und den Westbahnhof fahren, die Fahrt wurde inklusive Umsteigen deutlich länger als zuvor. Dann nahmen in den 1920er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die ersten privaten Buslinien ihren Betrieb auf, diese kosteten zwar mehr als die Filderbahn, führten aber schneller ans Ziel. Auf den Buslinien verkehrten zunächst „primitiv umgebaute Lastwagen“, so Nikolaus Back, später waren es richtige Omnibusse, „die haben viel Kundschaft abgezogen“.

Bis 1983 wurden hier noch Güter transportiert

Der Niedergang der Filderbahn wurde zwar während des Zweiten Weltkrieges vorübergehend gebremst: „Es gab keinen Treibstoff mehr, aber Kohle, was der Filderbahn einen Vorteil verschaffte“, erzählt der Stadtarchivar. Doch aufhalten ließ sich der Niedergang der Bahn nicht: „In der Nachkriegszeit war der Fahrgast-Rückgang dann umso drastischer.“ Die Konsequenz: 1955 wurde der Personenverkehr eingestellt, immerhin bis 1983 wurden mit der Filderbahn noch Güter transportiert.

Manche Unternehmen in den Gewerbegebieten entlang der Bahnstrecke wehrten sich heftig gegen die Einstellung der Filderbahn, weiß Nikolaus Back, „doch in den Achtzigerjahren sah man im Lkw-Verkehr die Zukunft“. Außerdem störten sich Anwohner mittlerweile daran, dass die vorbeirauschenden Züge an den unbeschrankten Bahnübergängen den Autoverkehr beeinträchtigten. Der Stadtarchivar erinnert sich: „Die Filderbahn kam immer zur falschen Zeit.“