Fahren auf der Panoramabahn doch weiterhin Züge? Foto: /Lichtgut/Tabea Guenzler

Im Auftrag des Landesverkehrsministerium haben Experten bisher nicht bestehende Regionalverbindungen auf der Strecke untersucht. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sieht seine Sichtweise bestätigt.

Kann die Panoramabahn, also der Abschnitt der Gäubahn zwischen Nordbahnhof und Vaihingen einen Beitrag zum Umstieg auf die Schiene leisten? Ja, meint Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und sieht sich in dieser Haltung durch ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten bestärkt, das er am Mittwoch vorstellte.

Hermann will Stilllegung vermeiden

Die Bahn kappt die Verbindung zwischen Nord- und Hauptbahnhof im Sommer 2025 für Arbeiten an Stuttgart 21. Einen Betrieb der Reststrecke hält sie für entbehrlich und will die Züge von diesem Zeitpunkt an im vom Land zum Regionalbahnhof ausgebauten Halt im Stadtteil Vaihingen enden lassen. „Es muss im Interesse aller sein, die Strecke nicht stillzulegen“, sagte Hermann.

Man könne jetzt „ewig rechtlich darüber streiten, aber in der Zeit fahren eben keine Züge“. Oder man einige sich, trotz aller gegensätzlicher Meinungen, so der Verkehrsminister mit Blick auf den kommenden Montag, wenn die Partner von Stuttgart 21 zu einer außerordentlichen Lenkungskreissitzung zusammen kommen. Hermann sprach von einer „komplexen Kollektiventscheidung“, die nun für die Zukunft des Bahnknotens Stuttgart vonnöten sei.

Bis zu 20 000 neue Fahrgäste

Stefan Tritschler vom Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart sagt ihn seinem Gutachten stattliche Fahrgastzuwächse voraus. Je nach Haltestellenfrequenz könnten entlang der Strecke zwischen 14  000 und 52 000 Anwohner an den Schienenverkehr angeschlossen werden. In Züge, die Ziele im Norden der Region mit Zielen im Süden via Panoramastrecke verknüpfen, könnten bei einem Halb-Stundentakt bis zu 10 000 Fahrgäste am Tag einsteigen. Zum Vergleich: das liegt etwas über dem Wert, den auch der eingleisige S-Bahn-Abschnitt zwischen Backnang und Murrhardt aufweist. Bei einem Viertelstundentakt prognostiziert Tritschler bis zu 20 000 tägliche Passagier auf der Panoramabahn, was etwas unter dem Wert der S-Bahnstrecke Ludwigsburg-Marbach liegt. Ullrich Martin, Direktor des Instituts für Eisenbahn- und Verkehrswesen an der Uni Stuttgart, erklärt, dass die Weiternutzung der Panoramastrecke den Druck auf andere Verkehrsmittel mindern könnte. „Auf der Strecke aus dem Süden in die Innenstadt könnten bis zu 5000 Passagiere von der S- auf die Panoramabahn umsteigen“.

45 Millionen Euro müsste die öffentliche Hand bis 2032 investieren, um die Strecke zu erneuern, kalkuliert man im Landesverkehrsministerium, eine spätere Sanierung taxiert man auf 120 Millionen Euro.

Langer Streit um den Streckenabschnitt

Hermann sieht die Zukunft der Panoramabahn seit dem Schlichterspruch von Heiner Geißler im November 2010 als strittig an. Warum es dann bis heute zu dem Gutachten gedauert hat? „Ich hatte gedacht, das sei so offenkundig, dass es da kein Gutachten braucht“. Das Ergebnis der Untersuchung machte schnell die Runde. Die Grünen-Fraktion im Landtag und der Verkehrsclub Deutschland unterstützten die Forderung nach Weiterbetrieb bereits wenige Minuten, nachdem das Ministerium darüber informiert hatte.

Nicht untersucht wurde eine Anbindung der Strecke an die von Winfried Hermann ersonnene Ergänzungsstation als Tiefbahnhof in der Innenstadt. Das soll erst in einem zweiten Schritt erfolgen, so der Minister.