In Bad Bentheim müssen Zuggäste einige Hürden wie zum Beispiel Fenster überwinden, um auf die barrierefreien Bahnsteige zu gelangen. Foto: dpa

War es eine grandiose Fehlplanung oder einfach nicht zu verhindern? In Bad Bentheim müssen Zuggäste einige Hürden überwinden, um auf die barrierefreien Bahnsteige zu gelangen. Zum Beispiel durch Fenster.

Bad Bentheim - Der einst Kaiserliche Bahnhof von Bad Bentheim im Emsland soll wieder ein wichtiges Drehkreuz werden, doch aktuell stellen sich dort profane Probleme: Die Türen zu den Gleisen lassen sich nicht öffnen, seit die Bahnsteige im Zuge einer Modernisierung um rund 40 Zentimeter erhöht wurden. Weil die neuen Plattformen alle Türen blockieren, müssen Reisende durch ein geöffnetes Fenster klettern oder um das Gebäude gehen, um zu ihren Zügen zu gelangen. Was aussieht wie ein Schildbürgerstreich, ließ sich nach Auskunft des Bürgermeisters von Bad Bentheim, Volker Pannen, nicht verhindern.

„Es muss erst schlechter werden, bevor es besser wird“, sagt der SPD-Politiker. „Die große Mehrheit der Leute nimmt es mit Humor.“ Die Stadt ist Besitzerin des historischen Bahnhofs und will ihn an die Verkehrsgesellschaft Bentheimer Eisenbahn verkaufen, sobald Fördermittel der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LVNG) in Höhe von 1,1 Millionen Euro bewilligt worden sind. Dann könne der Umbau des Gebäudes starten, für den 3,3 Millionen Euro veranschlagt sind, berichtet Pannen. Der Boden des Gebäudes sowie der Vorplatz sollen erhöht werden. Die Arbeiten werden nach seiner Einschätzung bis Ende 2017 dauern.

Ein Notausstieg mit Gefahrenpotenzial

Pannen selbst ist Bahnfahrer, aber noch nicht durchs Fenster geklettert. „Das ist auch mehr ein Notausstieg“, sagt er. Die Sprecherin der Deutschen Bahn (DB), Sabine Brunkhorst, findet die Situation gar nicht lustig. „Ich halte es wegen der Unfallgefahr für völlig absurd, Leute durchs Fenster zu lassen“, meint sie. „Wir werden den Eigentümer und den Nachnutzer des Gebäudes eindringlich darauf hinweisen, dafür zu sorgen, dass die Reisenden ausschließlich den sicheren und barrierefreien Weg um das Gebäude herum zum Bahnsteig nehmen.“

4,6 Millionen Euro investieren die DB, der Bund und die LNVG in den Umbau des Bahnhofs des Kurortes an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden. Die Arbeiten seien mit dem Eigentümer des Bahnhofsgebäudes abgestimmt gewesen, sagt die Bahnsprecherin. Die Stadt verweist darauf, dass die langfristigen Planungen der Bahn nicht mehr nach hinten zu schieben waren.

Seit April zugemauert

Schon seit April sind die Türen zu den Gleisen zugemauert. Erst berichtete die Lokalpresse, in der vergangenen Woche brachte das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ einen Fernsehbeitrag in der Rubrik „Realer Irrsinn.“ Darin sind Senioren zu sehen, die ein Ticket ziehen, dann erst ihre Koffer durchs Fenster hieven und hinterherklettern.

Lara Wiencke, die regelmäßig von Enschede in ihre Heimat Hamburg pendelt, macht es auch so. „Ich finde es eher lustig. Mir macht das nichts aus“, sagt die Studentin. Walter Eberhard aus Nordhorn meint: „Meine Frau ist sportlicher als ich, die springt auch durchs Fenster.“