Winfried Hermann will einen Ergänzungshalt in Stuttgart. Es fehlen aber wichtige Gutachten dafür. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Verkehrsminister Winfried Hermann will zusätzliche Schienen in der Stuttgarter Innenstadt. Doch die dafür notwendigen Gutachten bleibt er bislang schuldig. SPD und FDP im Landtag finden harsche Worte.

Für die unterirdische Ergänzungsstation, die Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) auf Flächen der Stadt beim Hauptbahnhof bauen lassen möchte, fehlen wichtige Nachweise. Auch knapp ein Jahr nachdem sich die grün-schwarze Landesregierung im Koalitionsvertrag auf eine Unterstützung des Vorhabens geeinigt hat, das allerdings von der Stadt und vom Regionalverband abgelehnt wird, ist das Projekt kaum von der Stelle gekommen.

Ministerium nennt keinen Zeitrahmen

Man werde für den unterirdischen Kopfbahnhof „unverzüglich den perspektivischen Bedarf, den verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen und die Finanzierungswege ermitteln sowie eine Verständigung mit den betroffenen Partnern Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart herstellen“, heißt es in dem im Mai 2021 geschlossenen Koalitionsvertrag. Doch davon ist wenig zu sehen. Das räumt Hermann auch auf Anfrage der SPD-Landtagsfraktion ein. „Die verkehrlich konzeptionellen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen“, schreibt der Minister in seiner Antwort. Erst wenn diese vorliegen, könne „eine Bewertung des volkswirtschaftlichen Nutzens der Ergänzungsstation“ stattfinden. Eine ungefähre Vorstellung, in welchen Zeiträumen das geschehen könnte, äußert Hermann nicht. Auch ein Ministeriumssprecher will dazu keine Aussagen machen.

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Teile der Züge, die die Ergänzungsstation ansteuern, sollen über die Panoramabahn zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Nordbahnhof rollen. Doch die Strecke ist in die Jahre gekommen und müsste hergerichtet werden. Was das und der spätere Betrieb kostet, vermag Hermann aktuell nicht zu beziffern. „Das Gutachten zur Ermittlung des Investitions- und Instandhaltungsbedarfs zum(Weiter-) Betrieb der Panoramabahn ist noch nicht abgeschlossen“, schreibt er in der Antwort an die Landtags-Genossen.

Machbarkeitsstudie zählt kritische Punkte auf

Bei der SPD ist man über den behördlichen Schwergang in Hermanns Haus verwundert. „Es ist schon erstaunlich, dass Verkehrsminister Hermann auch nach fast einem Jahr weder ein Betriebskonzept noch den volkswirtschaftlichen Nutzen für seine Ergänzungsstation nachweisen kann“, sagt Hans-Peter Storz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Wir fragen uns schon, wie lange Hermann dieses Schauspiel noch geben will, zumal die Zahl seiner Unterstützer in dieser Zeit ja auch eher kleiner statt größer geworden ist“, so Storz.

Im April vergangenen Jahres waren vorab die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für die Ergänzungsstation bekannt geworden, die eine ganze Reihe von kritischen Punkten auflistete. Allen voran kann die Station wegen des Mineralwasservorkommens in Stuttgart nicht so tief liegen, wie eigentlich gewünscht. Für die Bauphase müssten Teile des IGA-Stegs beim Nordbahnhof abgerissen werden und dem Stadtbahnnetz drohen Beeinträchtigungen bis hin zu Linienunterbrechungen. All das ficht den Minister nicht an. „Es geht, auch wenn es nicht trivial ist“, sagt Hermann in einem aktuellen Interview mit unserer Zeitung. Er warnt davor, dass das Stuttgarter Schienennetz ohne Ergänzungen bereits in 20 Jahren an seine Grenzen stoßen könnte.

SPD sieht Minister im Bremserhäuschen

Den Ausbaubedarf sieht auch die SPD und wundert sich deswegen umso mehr über das Agieren des Ministers. Aus deren Sicht sitze Hermann „weiterhin im Bremserhäuschen“, wenn es um den Ausbau des Schienenknoten Stuttgart gehe. Storz fühlt sich zudem nicht gut informiert von Hermann. „Alle unsere konkreten Fragen wurden von ihn nur ausweichend und oberflächlich beantwortet. Wenn ich will, dass etwas voran geht, agiere ich anders,“ sagt der SPD-Verkehrsexperte.

FDP spricht von Fantastereien

Auch die Liberalen im Landtag kritisieren Hermann. Hans Dieter Scheerer, Sprecher der FDP für den öffentlichen Nahverkehr, erinnert den Minister daran, dass es für die Ergänzungsstation keine politische Mehrheit gebe. „Weder in der Region noch bei der Landeshauptstadt Stuttgart selbst“. Weil der Nachweis der Wirtschaftlichkeit bisher nicht erbracht werden konnte, fordert Scheerer: „Schluss mit den Fantastereien aus der Ecke der Oben-Bleiben-K21-Umsteiger“.