Der neue Tiefbahnhof in Stuttgart soll Ende 2025 in Betrieb gehen. Um die Finanzierung gibt es weiter Streit. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Zunächst sollen die Klagen der Bahn gegen den Flughafen und den Verband Region Stuttgart aufgerufen werden

Vor knapp sechs Jahren hat die Deutsche Bahn AG ihre erste Klageschrift gegen die Finanzierungspartner des Infrastrukturprojekts Stuttgart 21 – Land, Stadt und Region Stuttgart sowie die Flughafengesellschaft – eingereicht. In drei bis vier Monaten soll nun erstmals verhandelt werden.

Der Staatskonzern lässt sich von der international tätigen Kanzlei Wilmer Hale (Washington DC) mit Büro in Berlin vertreten. Er fordert für den zeitlich völlig aus dem Ruder gelaufenen Bau des Tiefbahnhofs sowie der Strecke bis Ulm weitere Milliarden Euro aus öffentlichen Kassen. Vertraglich vereinbart waren 2009 maximal 4,55 Milliarden Euro Baukosten, nach der jüngsten Aktualisierung durch den Bahn-Aufsichtsrat könnten bis zur Inbetriebnahme Ende 2025 9,79 Milliarden erreicht werden. Die Bahn will das finanzielle Desaster nicht allein verantworten. Die Partner sollen 65 Prozent der Mehrkosten übernehmen, das wären nach aktuellem Stand bis zu 3,41 Milliarden Euro. Dazu haben die Bahn AG und ihre Tochterunternehmen insgesamt rund 30 Klageanträge gestellt.

Mehr als 12 000 Seiten Unterlagen

Voraussichtlich im Januar oder Februar 2023 soll nun erstmals öffentlich verhandelt werden, so das Verwaltungsgericht Stuttgart auf Anfrage. Dabei sollen aber nicht gleich alle Klagen aufgerufen werden. Die Richterinnen und Richter der 13. Kammer haben einen Berg an Papieren vor sich. Die Streitparteien haben bereits bis März 2022 mehr als 12 000 Seiten aufgeboten. Zwischenzeitlich sind weitere Akten nachgefordert worden.

„Aufgrund des enormen Umfangs und der Komplexität der Verfahren hat sich die Kammer dazu entschieden, diese abzuschichten und mit zwei der Klagen zu beginnen“, so ein Gerichtssprecher. Dabei handelt es sich um die Klagen gegen den Verband Region Stuttgart und die Flughafen Stuttgart GmbH. Sie sind finanziell gesehen Juniorpartner bei dem Projekt, ihre vertraglich geforderten Anteile haben sie längst beglichen.

Kammer für Mammutverfahren dünn besetzt

Ein derartiges finanzielles Volumen sei vom Verwaltungsgericht (VG) bisher nicht verhandelt worden, so die Behörde. Aufgrund des besonderen Umfangs und der Komplexität „werden die Verfahren daher von zwei Richtern vorbereitet“, informiert das VG, und zwar dem Vorsitzenden der Kammer und dessen Stellvertreter. Im Normalfall geschehe dies durch einen Richter. Die Kammer ist mit drei Richterinnen und Richtern besetzt, zwei hatten Teilzeitstellen, von denen eine Ende Oktober endete. Eine weitere Richterin ist der Kammer nur für Asylverfahren zugeteilt. Nach einer Entscheidung durch das VG wird der Streit voraussichtlich nicht beendet sein. Die Parteien haben angekündigt, den Rechtsstreit durch alle Instanzen führen zu wollen.