Regina Rusch-Ziemba, stellvertretende Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), und Ulrich Weber, Personalvorstand der Deutschen Bahn AG, am Rande der Tarifverhandlungen. Foto: dpa

Vor der Schlichtung mit der Lokführergewerkschaft GDL wollte die Bahn den Tarifkonflikt mit der EVG entschärfen. Auch die EVG wollte eine Einigung. Am Ende einer langen Nacht aber blieben zu viele Fragen offen. Zu einem Streik soll es allerdings vorerst nicht kommen.

Berlin - Die Signale für Bahnreisen über Pfingsten stehen auf Grün. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) schloss am Freitag Warnstreiks für die nächsten Tage aus, obwohl die zwölfte Verhandlungsrunde mit der Deutschen Bahn keinen Abschluss brachte. Unterdessen normalisierte sich nach dem Abbruch des Lokführerstreiks der kleineren Gewerkschaft GDL der Regional- und S-Bahn-Verkehr nach Bahn-Angaben in vielen Bundesländern weitgehend. Im Fernverkehr gab es dagegen volle Züge und Verspätungen.

„Wir sind noch nicht bei einer normalen Freitagsfrequenz“, sagte eine Bahnsprecherin. Wegen der komplexeren Einsatzplanung von Personal und Zügen sei eine Rückkehr zum Normalfahrplan erst an diesem Samstag möglich.

"Benötigen Zeit zum Luftholen"

EVG und Bahn hatten ihre Gespräche nach stundenlangen Verhandlungen am frühen Freitagmorgen in Berlin auf Mittwoch nächster Woche vertagt, wie Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagte. Es seien Fortschritte erzielt worden. Aber: „Wir haben um halb fünf festgestellt, dass wir Zeit zum Luftholen benötigen und doch noch viele, auch schwierige Fragen anstehen.“

EVG-Chef Alexander Kirchner sieht Chancen auf eine Einigung in der kommenden Woche. Beide Seiten seien in dem Tarifkonflikt „nicht mehr so weit“ entfernt, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Er hoffe, dass bis zur nächsten Verhandlungsrunde ein akzeptables Angebot vorliege.

Die Kernforderung seien sechs Prozent mehr Geld und 150 Euro als „soziale Komponente“ sowie eine begrenzte Laufzeit, sagte der EVG-Chef. Diese Punkte hätten bisher nicht geklärt werden können. Warnstreiks bei einem Scheitern der Gespräche am Mittwoch schloss die EVG nicht aus.

Parallel läuft bei der Bahn der Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL, für den ebenfalls am Mittwoch eine Schlichtung beginnen soll. Das GDL-Verfahren spiele in den Verhandlungen zwischen EVG und Bahn erst einmal keine Rolle, sagte Kirchner. „Da nehmen wir jetzt auch keine Rücksicht auf die Schlichtung.“

EVG-Chef pocht auf Tarifeinheit

Es müsse aber Tarifeinheit bestehen und dürfe nicht zur Spaltung der Belegschaft kommen, betonte der EVG-Chef. Das Tarifeinheitsgesetz, das am Freitag den Bundestag passierte, werde in diesem Zusammenhang zu hoch bewertet. „Unterm Strich wird es den aktuellen Konflikt, glaube ich, nicht lösen“, sagte Kirchner.

Mit dem Gesetz, das im Juli in Kraft treten dürfte, soll die Macht kleiner Spartengewerkschaften eingedämmt werden. Wenn zwei Gewerkschaften in einem Betrieb dieselben Arbeitnehmergruppen vertreten, gilt künftig nur der Tarifvertrag der Organisation mit den meisten Mitgliedern in dem Betrieb. Gegner hatten das Gesetz als „Lex GDL“ kritisiert - also als Projekt, das vor allem gegen die GDL gerichtet sei, die im laufenden Tarifkonflikt bisher insgesamt neunmal gestreikt hatte.

Der Lokführer-Ausstand, für den die GDL zunächst kein Ende genannt hatte, war am Donnerstag abgebrochen worden, nachdem sich die Bahn und die Gewerkschaft auf die Schlichtung geeinigt hatten.

Der von der GDL berufene Schlichter Bodo Ramelow (Linke) will ein mögliches Aufflammen weiterer Streiks unbedingt vermeiden. „Mir ist wichtig, dass es keine neuen Streiks gibt“, betonte der thüringische Ministerpräsident in der „Bild“-Zeitung.

Der Politiker soll zusammen mit einem vom Bahn-Management vorgeschlagenen zweiten Schlichter - Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) - in dem festgefahrenen Tarifkonflikt vermitteln.

Die Chancen auf eine Lösung in den Gesprächen schätzt Ramelow als hoch ein. „Eine Erfolgsgarantie gibt es natürlich nie. Aber die Aussichten sind gut“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag). Drei Wochen sind für die Beratungen angesetzt, in dieser Zeit sind GDL-Streiks wegen der Friedenspflicht ausgeschlossen.