Eine Kulturbahn passiert das denkmalgeschützte Stellwerk 2 (im Hintergrund) nahe des alten Calwer Bahnhofs. Foto: Verena Parage

Überraschende Wende: Die Stadt Calw stellt nun doch einen Standort für das denkmalgeschützte Gebäude zur Verfügung. Das hat der Gemeinderat nichtöffentlich entscheiden. Eisenbahnfan Matthias Langen ist „überglücklich“.

Am Freitagmorgen sieht die Welt schon ganz anders aus: Eisenbahnfan Matthias Langen, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins Württembergische Schwarzwaldbahn Calw (WSB), berichtet gegenüber dem Schwarzwälder Boten: „Es gibt sehr gute Nachrichten.“ Der 24-Jährige setzt sich für den Erhalt des historischen Stellwerks 2 nahe des alten Bahnhofs ein. Und da sah es zuletzt zappenduster aus.

 

Im Rückblick Seit ein Statiker Ende Februar festgestellt hatte, dass das Gebäude von 1880 einsturzgefährdet ist, muss es die Deutsche Bahn (DB) rund um die Uhr bewachen lassen. Die DB hat ein Unternehmen damit beauftragt, das auf Sicherungsarbeiten im Eisenbahnbetrieb spezialisiert ist. Ein Mitarbeiter ist immer vor Ort und kontrolliert das Stellwerk 2 regelmäßig auf mögliche Veränderungen. Denn das zweistöckige Häuschen steht nur wenige Meter vom Gleis der Kulturbahn entfernt. Notfalls muss der Bahnbetrieb eingestellt werden.

Diese aktuellen Entwicklungen wirbelten das Vorhaben der Calwer Eisenbahnfans durcheinander, die schon vor Jahren angefangen hatten, das Stellwerk herzurichten und nu planten, es künftig an einem neuen Standort vollends instandzusetzen. Beim Stellwerk 1 – die beiden bildeten eine Anlage – betreibt der Verein WSB bereits ein Eisenbahnmuseum.

Bahn stellt Verein ein Ultimatum

Mit DB und Stadt Calw war der WSB bereits in Kontakt deswegen. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Die Bahn bot an, das Stellwerk an einen neuen Standort zu heben. Aus Sicht Matthias Langens wäre der Parkplatz gegenüber des Stellwerk, auf der anderen Seite der Gleise, der richtige. Doch dies lehnte der Bau- und Umweltausschuss des Calwer Gemeinderats am 20. März in nichtöffentlicher Sitzung ab.

Daraufhin schickte der nach eigenen Worten schockierte Langen ein Schreiben an alle Ausschussmitglieder und Oberbürgermeister Florian Kling, in dem er eine abgespeckte Variante des Vorhabens, für die wohl nur fünf Stellplätze wegfallen würden, vorstellte.

Gleichzeitig kam es am Donnerstag zu einem Vor-Ort-Termin mit Langen und der Bahn. Und die setzte ihm, wie er erzählt, ein Ultimatum bis Montag. Alles sah nach Abriss aus. Bis zur neuesten Wendung.

Im Gemeinderat Denn nun befasste sich auch der Gemeinderat mit dem Thema, und zwar in seiner Sitzung am Donnerstagabend. Langen war vor Ort und warb in der Bürgerfragestunde nochmals leidenschaftlich für den Erhalt des Gebäudes – und sei es auch vorerst „nur“ in einer Sparvariante. Dabei solle der obere Teil des Bauwerks erhalten bleiben. Der untere – eine Metallkonstruktion in inzwischen desolatem Zustand – könnte dann, sollte sich eines Tages Geld dafür finden, historisch nachgebildet werden.

Stellwerk 1 und 2 sollen wieder miteinander verkabelt werden

Gemeinsam mit Stellwerk 1, so Langen, könnte dann „Zugverkehr wie einst“ vorgeführt werden. Angedacht ist, die beiden Stellwerke miteinander zu verkabeln. Das wäre einzigartig in der Region und könnte auch für Ausbildungszwecke der Bahn oder Studenten-Kurse genutzt werden, meint der Eisenbahnfan, der selbst angehender Lokführer ist. Dadurch ließen sich vielleicht sogar Einnahmen generieren.

Dass jetzt alles schnell gehen müsse, sei der Tatsache geschuldet, dass die DB ihm zuletzt gewissermaßen „die Pistole auf die Brust gesetzt“ und eine Entscheidung bis Montag gefordert habe. Für ihn sei das nachvollziehbar, „das sind ja auch für die DB enorme Kosten“, meinte er in der Sitzung mit Blick auf die pausenlose Überwachung.

Eine andere Variante, das Stellwerk 2 näher ans Ausstellungsgelände und an Stellwerk 1 heran zu versetzen, sei zuvor durch die technische Machbarkeit und nicht zuletzt die Kosten gescheitert. Dafür hätte laut Langen ein enorm großer Kran aufgebaut werden müssen, der wohl mehrere Zehntausend Euro gekostet hätte.

Im Glück Sein Einsatz, das „historische Gebäude für die Nachwelt zu erhalten“, hat sich nun offenbar gelohnt. Entsprechend zufrieden ist der 24-Jährige am Freitag, als er erzählt: „Heute Morgen kam vom Oberbürgermeister die frohe Botschaft.“ Die Stadt stelle ein Grundstück auf den Parkplätzen zur Verfügung. „Ich bin überglücklich“, sagt Matthias Langen. Der Bahn hat er die Entscheidung mitgeteilt.

OB Florian Kling bestätigt gegenüber unserer Redaktion: „Der Gemeinderat hat sich erneut mit der Stellwerkthematik beschäftigt und sich bereiterklärt, das Stellwerk auf den Parkplatz zwischen altem Bahnhof und TSV zu stellen.“ Das Stellwerk gehe dann in Besitz des Vereins über. „Die Stadt trägt keine finanziellen Verpflichtungen.“

Gemeinderat will Verein mit Entscheidung unterstützen

Darüber hinaus sind Gremium und Verwaltung zuversichtlich, dass „durch ein Unterbinden dauerhafter Fremdparker“ – Kling spricht von einem Missbrauch des Parkplatzes als private Abstellfläche – weiterhin gleich viele Stellplätze wie bisher erhalten bleiben könnten.

„Dem Gemeinderat war es sehr wichtig, einen Calwer Verein, der mit so viel Herzblut an der Sache dran ist und ein tolles ehrenamtliches Engagement ausübt, eine Unterstützung zu bieten. Davon profitiert nicht nur der Verein, sondern auch die künftigen Generationen, wenn ein Stück Calwer Bahngeschichte der Nachwelt erhalten bleiben kann.“

Für Matthias Langen und den WSB geht die Arbeit nun erst los. „Jetzt bin ich voller Elan“, sagt er. Den will er auch nutzen, um Spenden zu sammeln und Sponsoren für den Wiederaufbau des Stellwerks 2 zu suchen.

Das sagt die Bahn

Das Stellwerk
rüberzuheben, ist mit einem technischen Aufwand verbunden, sagt ein Bahnsprecher. Das Obergeschoss müsse mit Stahlträgern verstärkt werden. „Das braucht eine gewisse Vorbereitung.“ Wo diese Stahlträger befestigt werden müssen, prüft ein Statiker. Die Bahn sei im Gespräch mit Fachfirmen, dabei geht es auch um die Frage, ob der Kran über Schienen oder die Straße kommt. Die Bahn will das Versetzen des Stellwerks bis Mitte des Jahres erledigt haben. „So lange bleibt der Wachdienst vor Ort.“