Protest gegen die Bonpflicht: Müllsäcke voller Kassenbons vor dem Stuttgarter Landtag Foto: dpa/Marijan Murat

Seit dem Jahreswechsel sind unter anderem Bäcker dazu verpflichtet, ihren Kunden für den Brezelkauf Kassenbons auszugeben. Die FDP warb für eine Bagatellgrenze, doch der Wirtschaftsausschuss im Landtag stimmte dagegen.

Stuttgart - Die FDP im Landtag kleckerte nicht, sie fuhr groß auf, um am Mittwochmittag vor dem Landtag für ihr Anliegen zu werben. Im Wirtschaftsausschuss sollte über die Einführung einer Bagatellgrenze bis zu zehn Euro Verkaufswert abgestimmt werden, denn seit dem Jahreswechsel sind unter anderem Bäcker dazu verpflichtet, ihren Kunden für den Brezelkauf Kassenbons auszugeben. Drei Bäcker hatten über einige Tage hinweg Kassenbons gesammelt, die die Kunden nicht haben wollten, und warfen das Papier in große Müllcontainer vor dem Stuttgarter Landtag.

Die hatte Oliver Grimm vom Entsorgungsunternehmen Vanni und Didicher aus Pforzheim zur Verfügung gestellt, da die Kassenbons heutzutage auf chemisch versetztem Thermopapier gedruckt werden, damit unzersetzbarer Sondermüll sind und nicht über die Altpapiertonne entsorgt werden sollten. Zehn Säcke wurde Jörg Sailer auf diesem Weg los.

Der Bäcker aus Stuttgart hatte, um Papiermüll zu sparen, bereits das Firmenlogo nicht mehr auf die Kassenzettel drucken lassen, damit diese kürzer werden, weil nur das Nötigste draufsteht. „Trotzdem habe ich in den drei Wochen seit Jahresbeginn schon eine komplette Jahresration an Bondruckpapier verbraucht“, sagt Sailer. Dabei seien die Buchungsdaten für Finanzprüfer auch abrufbar, ohne dass der Zettel ausgespuckt werden muss.

In Italien längst Standard

Der Wirtschaftsausschuss befasste sich am Nachmittag mit dem Antrag der FDP, die Bonpflicht für Händler mit viel Geschäft und unbekannten Kunden abzuschaffen, sowie der Einführung der Bagatellgrenze. Der Grünen-Abgeordnete Martin Hahn machte klar, dass unter ökologischen Gesichtspunkten niemand mit dem Bonmüll zufrieden sein kann, warf der FDP allerdings vor, mit gespaltener Zunge zu sprechen: „Im nicht öffentlichen Teil dieser Sitzung wollen Sie für ein anderes Handwerk die Bonpflicht einführen, das passt nicht zusammen.“

Thomas Dörflinger (CDU) warf die Frage nach der Praxistauglichkeit der Bonpflicht auf, betonte aber: „Um Steuergerechtigkeit gerade für den Mittelstand herzustellen, halten wir die Bonpflicht für richtig, bis es papierlose Alternativen gibt.“ Sein Parteikollege Claus Paal stellte klar, dass die Bonpflicht in europäischen Nachbarländern wie Italien längst Standard sei. Auch Boris Weirauch (SPD) verwies auf die Prävention von Steuerhinterziehung: „Von den zehn Milliarden, die dem Fiskus sonst entgingen, können wir viele Schulen und Kindergärten sanieren.“

Carl-Friedrich Vees, stellvertretender Abteilungsleiter der Steuerabteilung im Finanzministerium, stellte klar, dass die Bonpflicht völlig unabhängig von der Umrüstung der Kassensysteme laufe, da sie sowohl für alte als auch für neue Systeme gilt. „Nur die Bonausgabe macht die Kasse sicher“, befand der Finanzexperte. Ihm folgend, lehnten die Grünen, die SPD und die CDU den FDP-Vorschlag ab.