Immer weniger Studenten in Deutschland bekommen Bafög. Foto: dpa

Sabine Heim studiert Chemie in Köln – das Bafög wurde ihr gestrichen, seitdem übt sie den Spagat zwischen Arbeit und Studium.

Köln - Frau Heim, warum haben Sie Bafög beantragt?
Für mein Chemiestudium bin ich 2007 vom Bodensee nach Köln gezogen. Meine Eltern konnten mich allerdings nur wenig unterstützen. Und arbeiten war während dem Bachelorstudium aus Zeitgründen fast nicht möglich.
Hätten Sie ohne Bafög überhaupt studieren können?
Die Unterstützung war definitiv notwendig. Ansonsten hätte ich auf jeden Fall einen Kredit aufnehmen müssen.
War es schwierig, das Bafög zu beantragen?
Eigentlich nicht. Die Behörden waren zwar ein bisschen kleinlich: Wenn man mal eine Zahl vergessen hatte, kamen sämtliche Unterlagen wieder zurück und man musste alles noch einmal ausfüllen. Anspruchsvoll war die Antragstellung aber nicht.
Sie bekommen heute kein Bafög mehr – warum nicht?
Je nachdem, ob mein Bruder gerade auch an der Universität eingeschrieben war oder nicht, habe ich 300 beziehungsweise 400 Euro Bafög bekommen. Das war aber nicht genug zum leben. Neben dem Studium musste ich also arbeiten. Durch die Mehrbelastung konnte ich die Regelstudienzeit irgendwann nicht mehr einhalten. Deshalb verlor ich meinen Anspruch auf Bafög im Oktober 2013. Seitdem bekomme ich nichts mehr.
Und nun arbeiten Sie neben dem Studium?
Ich habe bereits zehn Stunden die Woche als studentische Hilfskraft an der Universität gearbeitet, als ich noch Bafög bekam. Seit meine Förderung eingestellt wurde, reicht dieses Geld nicht mehr. Deshalb habe ich einen Job beim Callcenter als Beraterin angenommen. Dort kann ich 20 Stunden in der Woche arbeiten, in den Semesterferien sogar 40 Stunden.
Was hat sich seitdem für Sie geändert?
Seit ich kein Bafög mehr bekomme, muss ich noch mehr arbeiten und habe dadurch noch weniger Zeit für mein Studium. Chemie ist sowieso ein zeitintensives Fach. Und dadurch, dass ich keine Unterstützung mehr bekomme, zögert sich alles noch länger hinaus. Ich wäre gerne einfach mal fertig – aber so, wie die Lage im Moment ist, wird das wahrscheinlich erst 2015 der Fall sein. Denn jetzt habe ich bei 40 Stunden Chemie-Praktika in der Woche die Wahl: Entweder ich arbeite nebenbei weiter 20 Stunden wöchentlich im Callcenter und bin, wenn ich endlich nach Hause komme, total erledigt – was fürs Lernen nicht gerade sinnvoll ist. Oder ich arbeite weniger und habe weniger Geld zur Verfügung.
Was halten Sie vom Bafög?
Generell finde ich es gut. Doch es gibt auch einige Aspekte, die mir nicht so ganz einleuchten wollen. Wenn man zum Beispiel in Köln studiert und 200 Euro bekommt, reicht das gerade einmal für die Miete. Wohnt man dagegen in einer nicht so teuren Stadt im Osten, kannst man sich fast schon eine ganze Wohnung für sich allein leisten.
Wie könnte das gerechter gestaltet werden?
Eine Möglichkeit wäre, die Wohnsituation im Bafög-Antrag zu berücksichtigen. Es kommt einem auch etwas ungerecht vor, wenn man von Kommilitonen hört, dass sie viel mehr Bafög bekommen, obwohl beide Eltern berufstätig sind. Wenn von den eigenen Eltern ein Elternteil arbeitslos ist und das andere auch nicht gerade viel verdient, fragt man sich da manchmal schon, wo die Gerechtigkeit bleibt.