Studenten bevorzugen beim Thema Bafög nach wie vor lieber den Papierantrag Foto: dpa

Die Voraussetzungen, um einen Onlineantrag beim Bafög stellen zu können, zeigen eindrücklich, wie rechtliche Hürden hierzulande E-Government – die digitale Verwaltung – ausbremsen. Immerhin ist nun die Software auf dem neuesten Stand.

Stuttgart - Studenten können eine finanzielle Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) online beantragen. Zumindest in der Theorie. Es nutzt jedoch kaum einer die Möglichkeit, weil sowohl die Studenten selbst als auch ihre Eltern sich zuvor eine sogenannte De-Mail-Adresse zur sicheren Kommunikation einrichten oder sich über den neuen elektronischen Personalausweis identifizieren müssen.

Antragsteller kritisieren das Verfahren als zu aufwendig, zu nutzerunfreundlich. Es sei ein Paradebeispiel dafür, warum die digtale Verwaltung hierzulande nicht funktioniere, heißt es. Das baden-württembergische Wissenschaftsministerium kennt das Problem, sieht in seiner Zuständigkeit bisher aber keinen Lösungsansatz.

Finanzielle Förderung seit 45 Jahren

Das Bafög gibt es bereits seit 45 Jahren. Es soll allen jungen Menschen ermöglichen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihrer wirtschaftlichen Situation eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Der Staat fördert dabei all jene finanziell, die selbst wenig Geld haben und deren Eltern sie auch kaum oder gar nicht unterstützen können. Sie müssen schriftlich einen Antrag stellen und Nachweise über die Vermögensverhältnisse erbringen. Beides geht nun auch übers Internet.

Für Änderungen am Gesetz ist der Bund zuständig, für dessen Umsetzung die Länder und nachgeordnete Einrichtungen. Meistens sind es die Studierendenwerke, manchmal auch die Landratsämter, die die Aufgabe übernommen haben und prüfen, ob und in welcher Höhe der Antragsteller förderberechtigt ist. Der Onlineantrag beschleunige das Verfahren enorm, heißt es aus dem Wissenschaftsressort, er erleichtere zudem die Arbeit für die Sachbearbeiter. Es bleibt nur ein Problem: Der digitale Weg wird kaum gewählt.

40 Online anträge in Baden-Württemberg

Seit Einführung des digitalen Bafög-Verfahrens im Jahr 2014 hat es in Baden-Württemberg nach Angaben des Wissenschaftsministeriums gerade mal 40 Onlineanträge gegeben. Das ist nicht mal ein Antrag pro Hochschule.

Gleichwohl betreibt das Land mit seiner Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW) einen enormen Aufwand, um die dafür nötige Software ständig der aktuellen Rechtsprechung anzupassen. Das Gesetz ist so unzulänglich, dass Gerichte den Bund häufig dazu zwingen, Details zu ändern. Dies müsse auch immer technisch abgebildet werden, was zunehmend komplizierter werde, sagen die Entwickler in der Datenzentrale.

Kritik an der Datenzentrale BW

Acht weitere Länder nutzen die Programmierkünste der DZBW und bezahlen dafür. Das Problem: Bis vor wenigen Monaten verwendeten die Mitglieder des Länderverbunds unterschiedliche Softwareversionen. Die DZBW kam nicht mehr hinterher, alle dem Gesetz entsprechend weiterzuentwickeln. Vertreter der vernachlässigten Länder tobten. So prangerte die Staatssekretärin des niedersächsischen Wissenschaftsministerium, Andrea Hoops, im Juli 2016 in einem Brief an den Amtschef des baden-württembergischen, für die Datenzentrale zuständigen Digitalisierungsministeriums, Julian Würtenberger, „mangelnde Termintreue“ und eine nicht erfolgte „Fehlerbeseitigung“ an. Wenn sich die DZBW nicht in der Lage sehe, „von ihr verantwortete Programme fehlerfrei zu liefern, ist das nicht nachvollziehbar“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt.

Ende des vergangenen Jahres folgte eine Krisensitzung mit den beteiligten Ländern in Stuttgart. Der IT-Chef des Landes, Stefan Krebs, musste hinzugezogen werden und einen Lösungsvorschlag präsentieren – offenbar mit Erfolg. Im April lieferte die DZBW eine neue Softwareversion aus, die nun von allen Ländern im Verbund genutzt wird. Seither seien die Probleme behoben, heißt es.