Unterwegs mit Bäumen und Sträuchern: die Wanderbaumallee auf dem Weg von der Rotebühl- zur Augustenstraße. Foto: Christoph Kutzer

Seit Samstag gibt es die Wanderbaumallee Stuttgart. Bis Juni begrünt sie die Augustenstraße.

S-West - Interessiert begutachten Passanten die jungen Bäume, an der Rotebühlstraße. Oberhalb der Straßenbahnhaltestelle Stadtmitte ragt frisches Grün in den bedeckten Himmel. Die Pflanzen stehen in hölzernen Modulen, auf denen es sich Erwachsene und Kinder bequem gemacht haben. Ein Hosenmatz krabbelt vergnügt rund um einen Maulbeerbaum. Eine junge Frau sitzt unter einer Kirsche und genießt Himbeeren aus einer Schale. „Bleiben die jetzt hier?“, fragt ein Herr, der vorüberschlendert? Sie bleiben nicht. Die Wanderbaumallee, die am Samstagmittag am Rupert-Mayer-Platz gestartet ist, macht nur Zwischenstation. Man wartet auf die Fahrer der Kidical Mass von Zweirat Stuttgart, die gleich die Rotebühlstraße passieren werden.

Wenige Minuten, reichlich Jubel und Fahrradklingeln später, setzt sich der Tross mit zehn Bäumen und zwei Pflanzbeeten voller Kräuter und Blumen wieder in Bewegung. Ziel ist die Augustenstraße. Hier soll die mobile Grünanlage bis zum 8. Juni das Straßenbild verschönern, zum Verweilen und zur Begegnung anregen, ehe sie zur nächsten von insgesamt sechs Stationen im Stadtgebiet weiterzieht. „Die Idee entstand, als sich im Januar etwa 20 Leute mit sehr unterschiedlichem Hintergrund zusammengefunden haben, um sich über Möglichkeiten auszutauschen, wie sich die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum verbessern ließe“, sagt Annika Wixler, Mitinitiatorin der Wanderbaumallee. „Als jemand die mobilen Bäume vorschlug, waren alle sofort begeistert.“

Eine Straße ohne Autos, mit etwas Grün ist da ideal

Zwar gab es bereits ähnliche Aktionen in München und Wien; mit bloßem Abkupfern der Vorläufer gaben sich die Schöpfer der transportablen Oase allerdings nicht zufrieden. „Uns war es wichtig, die fahrbaren Bäume um Sitzgelegenheiten zu ergänzen“, erklärt Wixler. „Wir haben eigene Module entwickelt und selbst gebaut, die zum einen leicht transportabel, zum anderen aber sehr stabil sind, die den Pflanzen genügend Raum lassen, drumherum aber auch eine Sitz- und Spielfläche bieten.“ Einerseits sind die hölzernen Allee-Elemente leicht transportabel, andererseits stehen sie sicher und lassen sich mit Kiessäcken zusätzlich stabilisieren. Der Weg die Rotebühlstraße entlang und über die Senefelderstraße bis zum Zielort vor dem Kulturzentrum Merlin belegt, wie gut diese Lösung funktioniert.

Dort trifft das wandelnde Gehölz wieder mit den jungen Radlern der Kidical Mass zusammen, um ein kleines Straßenfest zu feiern. „Wir haben festgestellt, dass die geplante Baumwanderung und unsere Aktion auf den gleichen Termin fallen.“, erläutert der Radaktivist Christoph Hoyer, wie die beiden Initiativen zusammengefunden haben. „Da war es naheliegend, sich zusammenzutun, zumal es ja ein gemeinsames Anliegen gibt. Wir wollen mehr Raum für Radfahrer, auch für die Kleinsten, die einen gewissen Schonraum brauchen. Eine Straße ohne Autos, mit etwas Grün ist da ideal.“

Am Rande gab es eine Menge guter Gespräche

Annika Wixler ist mit der Premiere der Wanderbaumallee sehr zufrieden. „Wir sind heute Mittag mit 20 Leuten am Rupert-Mayer-Platz gestartet und hier mit 80 Teilnehmern eingelaufen. Schon als wir die Module bepflanzt haben, zeigten sich viele Außenstehende sehr interessiert, und auch heute gab es am Rande eine Menge guter Gespräche.“ Die Idee eines temporären Gartens vor der Haustür von Innenstadtbewohnern kommt an. Auch die Tierwelt soll von ihr profitieren, wie Wixler betont: „Wir haben Bäume ausgewählt, die Insekten, insbesondere Bienen, Hummeln und Schmetterlinge aber auch Vögeln, als Nahrung dienen können. Wo möglich, haben wir uns für europäische Pflanzen entschieden. Konkret sind es nun: Kornelkirsche, Hängender Maulbeerbaum, Zierapfel, Kugel-Steppenkirsche, Zwerg-Silberlinde, Kugelahorn und Kugelrobinie.“