Fachfirma entfernt auf dem Hof der Albert-Schweitzer-Schule zwei Ahorne. Foto: Patricia Sigerist

Auf dem Pausenhof der Albert-Schweitzer-Schule im Schmidener Friedensschulzentrum stehen zwei Exemplare weniger.

Schmiden - Wenn die Statistik stimmt, dann sind es genau 10 000 Bäume, die in Fellbach unter städtischer Regie gehegt und gepflegt werden. Allerdings: noch exakter sind es 9998 Bäume – seit Montag. Denn an jenem Vormittag stehen auf dem Pausenhof der Albert-Schweitzer-Schule im Schmidener Friedensschulzentrum zwei Exemplare weniger. Im Auftrag der Stadt hat eine Fachfirma mithilfe einer Hubarbeitsbühne zwei Spitzahorne gefällt. Grund ist, dass anschließend auf jenem Areal neue, größere Container für die Ganztagsbetreuung aufgestellt werden müssen.

Die Entfernung der Bäume ist dem Sachzwang geschuldet: Denn der Gemeinderatsbeschluss vom April 2017, die bisherigen Container durch neue, in den Grundmaßen 21 auf 14 Meter große und zweistöckige Module zu ersetzen, ist ohne Stellflächenerweiterung nicht umsetzbar. Das Wurzelwerk der 60 Jahre alten Bäume hatte ohnehin schon nicht genügend Platz, es war durch die Mauer des Schulhofs eingeengt und wies deutliche Schäden auf. Die Zufuhr von Wasser und Bodenluft sei für die Bäume dann nicht mehr gegeben, so auch die Feststellung des eigens beauftragten Gutachters.

Totholz hätte herabfallen können

Solveig Birg, Baumexpertin bei der Stadt, räumt angesichts der gefällten Bäume allerdings ein: „Mir blutet das Herz, natürlich!“ Doch in der Abwägung des Erhalts der Bäume gegenüber den neuen Containern sei eben die Entscheidung für die Ganztagsbetreuung gefallen. Die jetzt gefällten Bäume hätten durch die weitere Einengung „keine Möglichkeit zu existieren, sie würden sterben“. Auch hätte die Gefahr bestanden, dass Totholz herabfallen könnte – wenn unten die Schulkinder in den Pausen spielen.

Solveig Birg ist für die Bäume im Stadtgebiet zuständig. Foto: Patricia Sigerist

Solveig Birg ist Landschaftsarchitektin, beim Fellbacher Tiefbauamt ist sie seit Ende vergangenen Jahres für die Pflege und Neupflanzung der städtischen Bäume sowie dem Aufbau eines digitalen Baumkatasters zuständig. Unter ihren Fittichen befinden sich, wenn man so will, rund 10 000 Bäume – all jene, die durch die Stadtverwaltung kontrolliert und beaufsichtigt werden. Was vermutlich nur die wenigsten Bürger wissen: Jeder der 10 000 Stadtbäume in Fellbach hat eine feste Nummer und eine elektronische Karteikarte. „Sie müssen die Gewächse im Auge behalten, regelmäßig begutachten und Pflegemaßnahmen anordnen“, sagt Solveig Birg, die einst in Höxter in einer Außenstelle der Uni Paderborn Landschaftsarchitektur und Umweltplanung studiert hat.

Die 49-Jährige ist überzeugt, dass der Klimawandel auch in Fellbach erkennbar ist. „Ich bin ja in Oeffingen aufgewachsen“ – und ihrer Beobachtung nach ist die Umwelt häufigen Extremwetterbedingungen ausgesetzt. Ihre Einschätzung: „Die Bäume sind nicht mehr so glücklich, die Vitalität nimmt ab.“ Das Laub sei nicht mehr so saftig grün, färbe sich gelb, Änderungen seien im Frühjahr schon bemerkbar. Es sei auch mehr Totholz als früher festzustellen.

Schon jetzt sei die Eichhörnchenpopulation groß, diese benötige auch ausgewachsene Bäume

Angesichts des häufigen „Sterbens auf Raten“ auch von 30 bis 40 Jahre alten Bäumen will das Grünflächenamt bei Neupflanzungen darauf achten, dass es weniger Bäume gibt, diese aber ein größeres Baumquartier haben. Dadurch schaffe man mehr Raum fürs Wurzelwerk und somit größere Überlebenschancen. Denn generell sei es sehr wichtig, genügend Bäume in der Stadt zu haben, so Solveig Birg. Schon jetzt sei etwa die Eichhörnchenpopulation groß, diese benötige auch ausgewachsene Bäume. Und auch für den Fortbestand von Insekten, Vögeln oder der Haselmaus seien Bäume in den Städten unabdingbar, weil diese Tiere in der freien Natur nicht mehr fündig würden.

Die Entfernung der beiden Bäume vom Hof der Albert-Schweitzer-Schule ist übrigens korrekt erfolgt – auch wenn in der Regel in Fellbach ein Fällverbot zwischen dem 1. März und dem 30. September herrscht. In besonderen Situationen, etwa bei Gefahr in Verzug oder anderen Vorgaben wie jetzt in Schmiden, seien Ausnahmen möglich und Bäume könnten gefällt werden. Zuvor, so Solveig Birg, habe ein Tierökologiebüro untersucht, ob es sich um Standorte für Fledermäuse oder Insekten handelt. Ergebnis: Dort ist kein Nest und es sind auch keine Insekten angesiedelt, sodass nichts gegen das Ende des Spitzahorn-Duos aus den 1950er-Jahren sprach.