Im Freibad Renningen wird Schwimmen unterrichtet. Nach Ansicht einer örtlichen Initiative ist das aber alles andere als ideal. Sie wünschen sich ein Lehrschwimmbad. Foto: Jürgen Bach

Ob Heimsheim oder Renningen: Der Bedarf an Schwimmbädern ist da. Doch der Trend bei der Versorgung mit Schwimmeinrichtungen geht eher zurück.

Die Schwimmkurse von örtlichen Vereinen rings um Leonberg sind voll bis obenhin, oft gibt es Wartelisten. Grundschulen in der Umgebung können Schwimmunterricht nur selten in vollem Umfang anbieten. Gleichzeitig schlägt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft seit Jahren Alarm, dass immer weniger Kinder sicher oder überhaupt schwimmen können.

Vor Kurzem wurde bekannt, dass das Heimsheimer Lehrschwimmbecken nicht sanierbar ist und dauerhaft geschlossen bleiben muss. Ob ein Neubau infrage kommt, ist noch nicht entschieden. In Renningen stoßen die Streiter für ein städtisches Lehrschwimmbecken schon seit Jahren auf Widerstände wegen der enormen Bau- und Folgekosten. Sie könnten sich eine interkommunale Zusammenarbeit vorstellen.

Die Wartelisten im Enzkreis sind lang

Der DLRG-Ortsverband Mönsheim hat im Heimsheimer Bad jahrelang Kurse gegeben. Jetzt weicht er in den Sommermonaten aufs Mönsheimer Freibad aus. „Wir kommen so ganz gut zurecht“, berichtet Bianca Frommer, Vorsitzende des Ortsvereins und Ausbildungsleiterin in der Enzkreis-DLRG. Die Warteliste ist allerdings lang, aktuell sind es 150 Kinder. „Das war auch vor Corona schon so“, sagt sie. „Gerade im Enzkreis ist das Problem mit langen Wartelisten für Schwimmkurse verbreitet.“ Denn die Hallenbäder in dem ländlich geprägten Kreis sind rar. „Wo es welche gibt, ,streiten‘ sich die Vereine um die Zeiten.“ Sie sieht vor allem das Land in der Pflicht. Zwar sei kürzlich ein Förderprogramm für zusätzliche Schwimmkurse aufgelegt worden. „Ohne Wasser und zusätzliche Schwimmzeiten bringt das aber nichts“, beklagt sie.

„Als wir das Bad noch hatten, bekamen bei uns die Klassen 1 bis 4 alle Schwimmunterricht“, erzählt der Heimsheimer Schulleiter Peter Hemmer. Nach der Schließung vor fünf Jahren fiel der Unterricht zunächst komplett aus. Mittlerweile haben zumindest die vierten Klassen wieder Unterricht, sie fahren mit dem Bus nach Niefern. „Unserem Auftrag, Schwimmunterricht zu erteilen, können wir damit aber faktisch nicht ausreichend nachkommen“, sagt der Schulleiter. Bei den Viertklässlern gebe es jetzt natürlich große Unterschiede bei der Schwimmfähigkeit. „Mit dem Problem sind wir allerdings nicht alleine.“

Einsatz für Lehr- und Therapieschwimmbad

Im Nachbarort Renningen setzt sich nicht nur aus diesem Grund seit Jahren ein Arbeitskreis für den Bau eines Schwimmbads ein, das einerseits für Unterricht, andererseits für Wassergymnastik für Senioren und Ähnliches genutzt werden kann. Auch Mitglieder des Schwimmclubs Renningen, der viele Kurse in Rutesheim anbietet, gehören dazu. Obwohl die Zeichen schlecht stehen – Renningen hat gerade mehrere Millionen-Euro-Projekte am Laufen, das Schwimmbad wurde im Gemeinderat trotz einiger Befürworter schon mehrfach abgelehnt –, bleibt die Initiative am Ball.

Das örtliche Freibad jedenfalls ist aus Sicht des Schwimmclubs keine Alternative. Zum Schwimmenlernen und für therapeutische Zwecke sei es ungeeignet, einerseits wegen der Wassertemperatur, andererseits wegen der eingeschränkten Öffnungszeiten.

Der Bedarf in Renningen ist da

„Im Mai und Juni 2022 haben wir eine Bedarfserhebung in der Umgebung mit Schulen, Vereinen, VHS, Awo und so weiter gemacht“, berichtet Ingo Eisenhardt, Sprecher des Schwimmclubs und Mitglied in der Initiative. Die Zahlen müssten erst noch bestätigt werden, bevor die Ergebnisse öffentlich gemacht werden. „Aber bisher sieht es so aus, als wären die Plätze die komplette Woche über ausgelastet.“ Die Eindeutigkeit der Umfrage überrascht selbst ihn. „Aber es freut mich umso mehr, dass eine so gute Auslastung möglich wäre.“

Dass deshalb gleich alles stehen und liegen gelassen wird und ein neues Schwimmbad aus dem Boden wächst, so naiv ist die Initiative nicht, sagt Ingo Eisenhardt. „Es ist absolut realistisch, dass in den nächsten Jahren nichts passieren wird.“ Wenn er allein an die neue Sporthalle denke, die jetzt gebaut wird, „die ist seit mehr als 15 Jahren im Gespräch“. Das ist für die Initiative aber kein Argument, ihr Engagement aufzugeben. „Das ist eine Entscheidung für die Zukunft. Wir bräuchten das Schwimmbad heute schon und künftig umso mehr, der Bedarf wird steigen.“

Interkommunale Zusammenarbeit?

Mit Blick auf die Situation in Heimsheim kommt Ingo Eisenhardt die Idee einer kommunalen Zusammenarbeit in den Sinn. „Letztlich ist das mit dem Schwimmbad eine politische Entscheidung, man muss das wollen und vorantreiben, dann ist das auch in einer kleineren Kommune möglich.“ Verschiedene Landkreise oder Regierungsbezirke wären zumindest kein Hindernis für eine Zusammenarbeit, erklärt der Heimsheimer Bürgermeister Jürgen Troll auf Anfrage unserer Zeitung. Im Enzkreis hatte er über längere Zeit vergeblich nach einem Partner für eine Kooperation gesucht. In Renningen gibt es aktuell keine Überlegungen bezüglich einer interkommunalen Zusammenarbeit, heißt es von der Stadtverwaltung.

Der Trend geht bergab

Mehr Nichtschwimmer
 Die Zahl der Grundschulkinder in Deutschland, die nicht schwimmen können, hat sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage von Forsa aus dem Jahr 2022, die die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Auftrag gegeben hat. Die Ausfälle während der Coronapandemie machen sich deutlich bemerkbar. Doch selbst vor der Pandemie waren die Zahlen laut DLRG besorgniserregend. Eine Studie der Pädagogischen Hochschule Weingarten von 2018/19 belegt, dass gerade mal 40 Prozent der Grundschüler sicher schwimmen können.

Weniger Bäder
 2017 gaben 92 Prozent der Befragten an, ein Schwimmbad in der näheren Umgebung zu haben. Jetzt sind es noch 87 Prozent. Bei Menschen aus Orten unter 5000 Einwohnern ist der Wert von 90 auf 78 Prozent gesunken. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der Bäderversorgung weiter in die falsche Richtung läuft“, sagt DLRG-Chefin Ute Vogt. Die Kommunen müssten Schwimmbäder für den Schwimmunterricht vorhalten, seien aber finanziell oft nicht mehr in der Lage. „Bund, Länder und Kommunen müssen nun endlich an einem Runden Tisch zusammenkommen“, so Ute Vogt. Dieser solle eine bundesweite Bedarfsanalyse auf den Weg bringen, mit der die Grundlage geschaffen wird, um später die Mängel in der Bäderinfrastruktur systematisch zu beheben.