Der neue Bäderchef Alexander Albrand nach seinem Dienstantritt bei einer Art Inspektion im MineralBad Cannstatt Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Nicht nur die politische Zuständigkeit für die Bäder ist im Rathaus umverteilt worden – die Bäderbetriebe der Stadt Stuttgart haben auch einen neuen Chef. Alexander Albrand arbeitet sich gerade ein. Ein erstes Gespräch mit ihm.

Suttgart -

Herr Albrand, Sie sind Bäderchef. Als solcher hat man sicher ein ganz besonderes Verhältnis zum Wasser?
Ich verbinde dasselbe mit dem Wasser wie die meisten unserer Gäste: Wohlbefinden, Gesundheit und sportliche Betätigung. Und im Übrigen gilt: Baden ist per se schon ein Erlebnis.
Was für ein Schwimmer sind Sie? Ein Freischwimmer mit Seepferdchen, ein Fahrtenschwimmer, ein Sportschwimmer oder gar ein Kampfschwimmer?
Ich kann schwimmen und tue das auch gerne zur Erholung.
Was reizte Sie daran, gerade nach Stuttgart zu kommen?
Der Dreiklang dieser Bäderlandschaft machte die Aufgabe für mich so interessant – dass es hier Freibäder, Hallenbäder und auch die drei bekannten Mineralbäder gibt. Das ist eine große Bandbreite. Mit meinen Erfahrungen bin ich gut dafür gerüstet.
Im Mineralbad Berg haben am 26. September Sanierung und Modernisierung begonnen. Gibt es in den anderen Bädern auch großen Handlungsbedarf?
Mein Eindruck ist, dass in den vergangenen Jahren viel getan wurde. Das ist keineswegs selbstverständlich und im bundesweiten Vergleich nicht in allen Städten so. Diesen Weg müssen wir aber sicherlich kontinuierlich weitergehen. Wir wollen zunächst den Ist-Sanierungsbedarf ermitteln, davon dann Maßnahmen in der Reihenfolge der Prioritäten ableiten.
Über welchen Zeitraum wird sich das erstrecken?
Sanierung, Modernisierung und Attraktivierung sind wiederkehrende Themen. Die Frage ist, wo und wann man zuerst ran muss und ob sich bei der Gelegenheit andere Nutzungsmöglichkeiten oder Nachattraktivierungen anbieten. Und dann kommt natürlich immer wieder auch mal Unvorhergesehenes dazwischen, was zu vorübergehenden Schließungen wie in Vaihingen führen kann.
Das hört sich – auch ohne die Sanierung in Berg für rund 30 Millionen Euro – teuer an. Nach noch mehr Millionenaufwand.
Ein Millionenbetrag kommt da sicherlich in Summe auf uns zu, um die Stuttgarter Bäderlandschaft in den nächsten Jahren in ihrem Umfang zu erhalten und weiterzuentwickeln. Aber man nimmt ja auch nicht alles auf einmal in Angriff.
Manche Stadträte vermissen seit Jahren ein Bäderkonzept. Legen Sie eines vor?
Es gibt schon ein Bäderkonzept, aber natürlich werden wir neue Überlegungen anstellen und versuchen, die Bäderlandschaft für die Nutzer weiterzuentwickeln. Die Frage ist zunächst, wie zufrieden die Kunden mit dem Bestand sind und was ihre Wünsche sind. Daher wollen wir sehr zügig eine aktuelle Kundenbefragung vornehmen und natürlich auch Menschen befragen, die noch nicht unsere Kunden sind.
Wie soll die Umfrage aussehen?
Wir wollen zum Beispiel wissen, wo unsere Kunden herkommen, wie viele Touristen oder Tagesbesucher in Stuttgart darunter sind und wie zufrieden die Kunden mit den Angeboten in dem jeweiligen Bad sind. Hier können wir mit unseren Bordmitteln vielleicht einiges ausrichten. Für die Befragung derer, die noch nicht unsere Kunden sind, brauchen wir wohl externe Unterstützung.
Und danach?
Sämtliche Ergebnisse werden wir mit unserem Prioritätenplan für die Sanierung und Attraktivierung zusammenbringen. Außerdem werden wir unsere Serviceangebote, aus Kundensicht, komplett auf den Prüfstand stellen und wir wollen uns unsere Geschäftsprozesse ansehen, um unsere Leistungen noch kunden- und dienstleistungsorientierter zu gestalten. Danach kommen wir zu einer ganzheitlichen, komplexen Betrachtung.
Welche Rolle wird dabei die Konkurrenz im Umland spielen?
Dort ist in den vergangenen Jahren einiges geschehen, und wir müssen annehmen, dass es weitere Pläne gibt. Die Mineraltherme Böblingen wird zurzeit ja ohnehin mit einem Aufwand von 13,5 Millionen Euro erweitert. Es gibt außerdem, wie Ihre Zeitung auch schon berichtet hat, ein Rauschen in der Branche, wonach in Sindelfingen ein richtig großes Wohlfühl- und Wellnessbad entstehen könnte. Und auch über den Raum Ludwigsburg/Kornwestheim wird gemunkelt.
Sind Sie beunruhigt?
Wenn sich die Gerüchte bewahrheiten, hätte das sicherlich nicht nur direkte Folgen für die Mineraltherme Böblingen oder fürs Fildorado. Es hätte auch großen Einfluss auf den Einzugsbereich unserer Mineralbäder. Deshalb werden wir auf jeden Fall diese Entwicklung abwarten, ehe wir unsere finalen Entscheidungen treffen.
Oft wird geklagt, Stuttgart locke noch nicht genug Touristen in seine Mineralbäder. Haben Sie schon mit Stuttgart-Marketing-Chef Armin Dellnitz geredet?
Nein, aber das habe ich fest vor. Erfreulicherweise steigen die Touristen- und Übernachtungszahlen in Stuttgart und Baden-Württemberg beständig. Unseren Naturschatz noch mehr Touristen und Stadtbesuchern nahe zu bringen, halte ich für eine spannende und lohnende Aufgabe.
Wie geht man da vor?
Bei solchen Aktivitäten kommt zum Beispiel Geomarketing ins Spiel. Das heißt, man wirbt dort Besucher, wo man geeignete Zielgruppen weiß. Dabei sollten wir mindestens Baden-Württemberg ins Visier nehmen, aber den Kreis besser noch weiter ziehen. Zugleich wollen wir auch prüfen, was an Kooperationen sinnvoll und machbar ist, um noch mehr Menschen das einmalige Mineralwasser bekannt zu machen.
Wie weit kann man gehen?
Es gibt Erfahrungswerte, wonach auswärtige Besucher durchaus regelmäßig bis zu einer Stunde Fahrtzeit in Kauf nehmen, wenn sie sich davon einen schönen Tag in der Bäderwelt versprechen. Vielleicht erreichen wir auch, dass der eine oder andere Gast für den Badbesuch einen Tag länger in Stuttgart bleibt, um hier noch andere Erlebnisse zu genießen.
Was ist Stuttgarts Kapital?
Unser Mineralwasser, oder besser gesagt unsere drei Bäder mit unterschiedlichen Mineralquellen sind einzigartig. Die demografische Entwicklung spielt uns in die Karten: Das Durchschnittsalter der Menschen steigt. Es gibt eine immer größer werdende gesundheitsorientierte Bevölkerungsgruppe für unsere Mineralbäder.
Junge Menschen schwärmen aber für das neue F3 in Fellbach oder für das Fildorado. Stuttgart bietet kein Spaßbad.
Die Frage ist, ob man da mithalten muss. Müssen alle Kommunen das gleiche Angebot haben? Man kann sich spezialisieren. Vielleicht reicht es ja, das eine oder andere Bad für die Zielgruppe der Jugendlichen aufzurüsten. Der Run beispielsweise auf das F3 muss auch nicht dauerhaft sein. Schulschwimmen, Vereinsschwimmen und Sportschwimmer kommen in reinen Erlebnisbädern nicht immer optimal zum Zuge. Für diese Zielgruppe ist ja ein neues Sporthallenbad im Neckarpark in der Planung.