Hohe Kosten durch Corona und den Krieg, dazu viel zu wenig Personal: Bäckermeister Ralf Keil aus Asperg (Kreis Ludwigsburg) gibt schweren Herzens sein Geschäft auf.
Noch laufen die Öfen in den sechs Filialen der Feinbäckerei Keil. Ende dieser Woche gehen in Asperg, in Ludwigsburg-Eglosheim und Hoheneck sowie in der Südstadt, in Bietigheim und Markgröningen jedoch in den Backstuben die Lichter aus. Bäckermeister Ralf Keil aus Asperg gibt auf. Leicht gemacht hat sich der 59-Jährige diese Entscheidung nicht. „Aufgrund der schwierigen Situation in den letzten zwei Jahren hatten wir mit erheblichen Problemen zu kämpfen, die zuletzt natürlich auch in der Inflation durch den Krieg in der Ukraine gegipfelt haben“, heißt es auf der Internetseite zu den Gründen.
Keil hatte sich nach Lehre und Anstellung 2003 mit der ersten Filiale in der Schorndorfer Straße in Ludwigsburg selbstständig gemacht und drei Jahre später eine Backstube in Asperg übernommen. Es folgten weitere. Eigentlich sei Bäcker immer noch „ein toller Beruf“, sagt Keil. Aber die Wertschätzung für das Handwerk fehle generell. Seine Leidenschaft für den Job allein hat nicht gereicht, dass er weitermacht.
Zuletzt packte der Chef in der Backstube gezwungenermaßen wieder selbst mit an, weil ihm das Personal fehlte – mit den Aufgaben im Büro wurden die Arbeitstage so noch anstrengender und länger.
Fachkräfte sind überall Mangelware
Der Mangel an Fachkräften ist nämlich der dritte Grund neben den Höchstpreisen für Energie und Getreide – Keil schiebt das vor allem auf den Handel an der Börse, weniger auf den Krieg –, warum er aufgibt. Er bräuchte eigentlich drei weitere Bäcker, ein Konditor stehe kurz vor dem Ruhestand, eine Gesellin habe sich etwas Neues gesucht – es bleibt ein Lehrling. Landauf, landab tun sich Bäckereien schwer damit, neues Personal zu akquirieren. Etwa zwei bis drei Prozent der Betriebe machen jedes Jahr dicht.
„Dieser Konzentrationsprozess hat schon vor 15 bis 20 Jahren begonnen. Die Betriebe werden auch immer größer“, erklärt Landesinnungsmeister Martin Reinhart aus Knittlingen (Enzkreis). Die Probleme und Gründe, warum jemand aufgebe, seien vielfältig. Neben sinkender Nachfrage, Corona- und Energiekrise zuletzt sowie den Personalproblemen finden viele auch einfach keinen Nachfolger mehr.
Nachfolger für zwei Filialen gefunden
Mancher hätte in Anbetracht dessen in den vergangenen Jahren erst gar nicht mehr in sein Geschäft investiert, wodurch einige Bäckereien auch schlicht nicht attraktiv für eine Übernahme seien. Für die Filialen von Ralf Keil gilt das offenbar nicht. In der Südstadt und in Eglosheim übernimmt Willy Holzwarth aus Erdmannhausen, der zehn „Der Obere Beck“-Filialen im Kreis betreibt. Reinhart sieht im Bäckereisterben auch ein generelles Problem der Wertschätzung. In Deutschland sei man zwar stolz auf die Backwerken und Brotvielfalt, er schaue dennoch etwas neidisch nach Südeuropa, wo dem Essen häufig eine ganz andere Bedeutung zugemessen werde.
Das Umdenken in der Branche ist in vollem Gange
Der Aufschrei sei dann aber meist groß, wenn der Bäcker im Ort zumache: „Eine Bäckerei ist ja häufig auch Treffpunkt, wo man den Klatsch und Tratsch mitbekommt.“ Und: Beim Handwerksbäcker, der mit lokalen Zutaten arbeite, bekomme man doch eine andere Qualität als beispielsweise im Supermarkt. Gerade der süddeutsche Raum mit seinen zahlreichen Mühlen sei da eigentlich ideal. „Da müssen wir uns aber auch an die eigene Nase fassen, dass wir das den Kunden immer wieder erklären“, so Reinhart. Dass junge Menschen beispielsweise die Arbeitszeiten in der Nacht abschrecken, hat einige Bäcker zum Umdenken bewegt. „Viele haben inzwischen eine Tagesschicht eingeführt“, sagt Reinhart. Das komme vor allem den Jüngeren entgegen. Überhaupt habe sich der Job stark gewandelt, „wir arbeiten ja nicht mehr wie vor 100 Jahren“. Bäckerhandwerk sei „hochmodern“ und viel weniger körperlich anstrengend als früher.
Über all das muss sich Ralf Keil bald keine Gedanken mehr machen. Eigentlich hätte er sein Geschäft gerne noch bis zur Rente weitergeführt. Mit bald 60 Jahren einen neuen Job zu suchen, das sei schwierig. Aber als Bäcker werde er auf keinen Fall mehr arbeiten.