Bei Brot drohen höhere Preise. Foto: Eibner-Pressefoto/Fleig

Sprit, Heizöl, Gemüse, Obst, Nudeln – viele Produkte sind teurer geworden. Warum jetzt auch noch Preissteigerungen bei Brot drohen, dem Lieblingslebensmittel der Deutschen.

Stuttgart - Bäckermeister Martin Reinhardt ist seit 33 Jahren im Geschäft, doch so etwas hat er noch nie erlebt: „Da kommt alles zusammen“, sagt er mit Blick auf steigende Preise für Rohstoffe, Energie, Papier und Personalkosten. Er sieht sich gezwungen, seine Preise anzupassen.

 

Als Obermeister der Bäckerinnung Alb-Neckar-Nordschwarzwald – dazu gehören 260 Mitgliedsbetriebe in mehreren Landkreisen, darunter auch Stuttgart – weiß der Bäcker aus Knittlingen (Enzkreis), dass vielen Kollegen der steigende Kostendruck zu schaffen macht. „Jeder Betrieb muss für sich kalkulieren“, sagt er. Aber wenn man die gestiegenen Kosten nicht weitergebe, schwäche das den Betrieb, weil dann Geld für Investitionen fehle. „Das wäre ein schleichender Tod.“ Zahlreiche Bäckereien mit angeschlossenen Cafés hätten schon stark unter dem Lockdown gelitten und könnten kaum noch weitere Kostensteigerungen schultern.

21 Kilogramm Brot pro Kopf und Jahr

Brot ist eines der beliebtesten Lebensmittel der Deutschen. Laut Deutschem Brotinstitut werden pro Kopf durchschnittlich 21 Kilogramm im Jahr verzehrt. Allerdings greifen Verbraucher auch immer häufiger zum günstigen Brot bei Backstationen oder im Discounter. Das hat Auswirkungen auf die Handwerksbäckereien, in denen das Brot noch in Handarbeit hergestellt wird. Gab es im Jahr 2011 noch 14 170 Bäckereien, waren es 2020 noch 10 181 Betriebe.

Dass Brot, Brötchen und andere Backwaren vielerorts teurer werden, hängt von mehreren Faktoren ab. Da spielen auch schlechte Getreideernten und lange Transportwege für bestimmte Produkte eine Rolle. Doch gestiegene Material- und Rohstoffpreise wie etwa fürs Mehl sind nicht einmal die größten Kostentreiber, sie machen weniger als ein Viertel der Kosten einer Handwerksbäckerei aus.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Warum Nudeln teurer werden

„Ein größerer Posten sind bei den Handwerksbäckern die Lohn- und Energiekosten“, sagt Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks. Die Branche zählt gut 255 000 Beschäftigte und erzielte 2020 knapp 14,5 Milliarden Euro Umsatz.

Personal und Energie als größte Kostentreiber

Die Personalkosten machten rund 45 bis 50 Prozent aus, die Energiekosten bis zu zehn Prozent. Beide Kostenblöcke seien zuletzt gestiegen. Die Geräte der Bäcker verbrauchen viel Energie, denn sie müssen ihre Öfen nicht nur heizen, sondern auch viel kühlen. Hinzu kommen gestiegene Tankrechnungen für die ausgefahrenen Waren.

Auch der von Januar 2022 an steigende Mindestlohn verteuere die Produktion von Backwaren, weil das Lohngefüge insgesamt steigen werde, so Schneider. Er spricht von einer „Summe an Faktoren“, die wohl dazu führen werde, dass Bäckereien ihre Kalkulationen zwangsläufig anpassen.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Arbeitgeber wollen zwölf Euro abwehren

Bäcker Reinhardt, der vier Verkaufsstellen hat, wird deutlicher. Nahezu täglich flatterten Briefe mit Preiserhöhungen ins Haus, erst jüngst von der Tütenfabrik, die ihre Preise um neun bis 14 Prozent erhöhen wird, je nachdem, ob es sich um weißes oder gebleichtes Papier handelt. Auch der Backofenhersteller habe bereits angekündigt, dass die Einsätze der Monteure teurer würden, nennt er ein weiteres Beispiel.

„Wir sind am Nachkalkulieren“, sagt Reinhardt – und kalkuliert quer übers Sortiment mit Preissteigerungen von zehn bis zwölf Prozent. Natürlich nicht für jedes Produkt gleich. Bei einem Grundnahrungsmittel wie Brot oder Brötchen sind Kunden preissensibler als bei feinem Gebäck oder Kuchen.

Sorge, dass Kunden abwandern

Die Sorge, dass mancher Kunde zu Supermärkten und Discountern abwandern könnte, treibt den Bäckermeister um. „Aber über den Preis können wir Handwerksbäcker mit Discountern und Supermärkten eh nicht mithalten“, sagt Reinhardt. Wer handwerklich produziere, habe nun mal andere Kosten.

Er will mit Qualität und mehr Information punkten und legt das auch seinen Kollegen ans Herz. „Wir müssen unseren Kunden erklären, was wir in der Backstube machen und wo die Rohstoffe herkommen. Der Kunde erwartet hohe Qualität, da darf man keine Abstriche machen, sonst verspielt man Vertrauen“, sagt er. In einen Butterstollen gehöre nun mal keine Margarine.

„Zufriedene Kunden sind das Wichtigste“, sagt auch Ulrike Detmers, Präsidentin des Verbands Deutscher Großbäckereien, deren Produktion weitestgehend automatisiert ist und die auch an Supermärkte liefern. Detmers spricht ebenfalls von „steigenden Kosten in allen Bereichen, die die Betriebsergebnisse bereits jetzt und im schlimmsten Fall auch zukünftig belasten“. So seien zum Beispiel die Preise für die Hauptbrotgetreidearten Weizen und Roggen im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent (Weizen) und 70 Prozent (Roggen) gestiegen. Auch Sonnenblumen- und Kürbiskerne sowie Leinsamen und Sesam seien um 30 Prozent teurer geworden. Margarine und Obstsorten, die insbesondere für Tiefkühlkuchen verwendet würden, hätten um 25 Prozent zugelegt.

Keine Entwarnung in Sicht

„Hinzu kommen weitere Preissteigerungen bei Personal, Energie, Kartonagen, Folien, Etiketten und Logistik“, sagt auch Detmers. Eine Entwarnung sei nicht in Sicht.