Katharina Treiber ist über der Backstube aufgewachsen. Foto: Stefanie Schlecht

Katharina Treiber wurde ausgezeichnet mit dem „Oscar der Bäckerbranche“. Sie ist Chefin von 700 Mitarbeitern und alleinerziehende Dreifachmutter. Wie schafft sie das?

Wenn Katharina Treiber durch ihren Betrieb in Steinenbronn läuft, gibt es nur ein Tempo: schnell. Dabei wirkt die 44-Jährige nicht gehetzt, aber es ist klar: Sie hat viele Bälle gleichzeitig in der Luft. Eben noch hat sie ihren Kindern Mittagessen hingestellt, nun ist sie zurück im Betrieb, gleich wird sie ihren jüngsten Sohn aus der Schule abholen. Katharina Treiber ist Chefin und alleinerziehende Mutter, sie hat 700 Mitarbeiter und drei Söhne. „Beides ist mir wichtig“, sagt sie.

 

Als Unternehmerin ist sie kürzlich mit dem „Marktkieker“ geehrt worden, eine Auszeichnung, die auch der „Oscar der Bäckerbranche“ genannt wird. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, die Bäckerei Treiber zähle „in Sachen Qualität, Hygiene, Filialen und Mitarbeiterführung zur Bundesliga der Branche“. Auch wenn der Preis an das gesamte Unternehmen geht, hebt die Jury die Führung durch Katharina Treiber hervor. Denn eine Frau, die alleine einen Bäckerbetrieb führt, gibt es selten, Katharina Treiber selbst kennt keine. „Den Preis zu gewinnen, ist mega besonders“, sagt sie.

Kindheit über der Backstube

Dass Katharina Treiber die Bäckerei, die ihr Urgroßvater Emil 1905 in Echterdingen gegründet hat, in vierter Generation weiterführt, war erst nicht absehbar. „Ich wollte nie einsteigen“, sagt sie. Zwar sei sie über der Backstube, die damals noch in Echterdingen war, aufgewachsen und habe von klein auf mitgeholfen, trotzdem wollte sie „was anderes“.

Das Treiber- Brot wird seit 2013 in Steinenbronn gebacken. Foto: Erik Przybilla Photography

Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Werbekauffrau, studierte Marketing und Kommunikation und arbeitete in einer Werbeagentur. Dann keimte in ihr der Wunsch auf, eigenständiger zu arbeiten, und sie schnupperte doch in den elterlichen Betrieb hinein. 17 Jahre ist das her, und sie blieb. „Ich habe sieben Filialen betreut, über den Verkauf bin ich in alles reingewachsen“, sagt sie. 2020 ging ihr Vater in Ruhestand, seither ist Katharina Treiber Geschäftsführerin. „Ich bin stolz darauf, dass ich das weiterführen darf“, sagt sie und betont, ein gutes Führungsteam an der Seite zu haben.

Ihren Führungsstil nennt sie „freundlich“ und „auf Augenhöhe“, egal ob mit dem Prokuristen oder der Reinigungskraft. „Mir sind offene Türen wichtig und Transparenz. Alles, was ich als Rückmeldung gebe, kann man mir auch sagen.“ Sie packt mit an, wenn sie in einen vollen Laden kommt. Sie weiß, dass ihr als Quereinsteigerin ohne Bäckerausbildung manches Fachwissen fehlt, dafür punktet sie mit dem Vertrauen in ihre Fachleute, denen sie viel Entscheidungsspielraum lässt. Ihr Talent ist es, die Fäden zusammenzuhalten und die Zukunft zu gestalten. Denn einfach nur Brot zu verkaufen, das funktioniere heute nicht mehr, sagt Treiber. Dafür sei die Konkurrenz durch Discounter, die Industriebrötchen für 20 Cent anböten, viel zu groß.

Der Weg, um trotzdem zu bestehen – erst kürzlich hat sie in Bad Cannstatt die 41. Filiale eingeweiht –, liegt für Katharina Treiber darin, etwas Besonderes zu schaffen. „Wir brauchen Produkte, die es nur bei uns gibt“, sagt sie und nennt Bowls mit Hummus, Salate mit Couscous, Zwetschgenkuchen mit Marzipan. Alles, vom Frischkäse über die Pizzasoße bis zur Puddingfüllung, ist hausgemacht. Die Bäcker arbeiten mit Sauerteigen, die teils 48 Stunden ruhen. Wie sich das lohnt? „Mit optimaler Bestellung. Alle Prozesse und Arbeitsabläufe müssen passen.“

Bäckereibesuch als Erlebnis

Als Marketingexpertin ist es der 44-Jährigen wichtig, ihren Kunden ein Wohlfühlambiente zu schaffen. Jede Filiale gestaltet sie individuell. In Steinenbronn etwa, wo seit zwölf Jahren der Hauptsitz ist, ist das Café mit orientalisch anmutenden Kacheln ausgekleidet. Vom coolen Kaffeebecher bis zur hübschen Tüte, vom geschenkten Kinderkeks bis zur Verkäuferin, die sich Zeit für ein Schwätzchen mit der Seniorin nimmt, „es geht um so viel mehr als nur ums Produkt“.

Katharina Treibers Arbeitstage sind durchgetaktet, an einer Sache lässt sich aber nicht rütteln: Ab 15 Uhr ist sie für ihre Söhne, die 9, 13 und 15 Jahre alt sind, da. Mal klingelt ihr Handy, aber so gut es geht, hält sie die Arbeit fern. „Wenn ich daheim bin, will ich voll Mama sein.“ Erst wenn die Kinder schlafen, sitzt sie wieder bis Mitternacht vor dem Computer. Der Schlüssel zu ihrem Lebensmodell: „Ich brauche wenig Schlaf.“ Das einzige, was in ihrem Tagesablauf keinen Platz findet, ist Zeit für sich alleine. „Das gibt es nicht, aber das stört mich auch nicht.“ Was sie tun würde, hätte ihr Tag mehr Stunden? „Dann würde ich jeden Tag ein oder zwei Filialen besuchen.“

Tradition seit 105 Jahren

Bäckerei
Emil Treiber gründete 1920 die Bäckerei Treiber in Echterdingen - ein Brötchen ist noch heute nach ihm benannt. 1981 übernahmen Katharina Treibers Eltern zwei Standorte und begannen mit der Filialisierung. Seit 2013 ist der Hauptsitz im Gewerbegebiet Steinenbronn. 2020 hat Katharina Treiber den Betrieb übernommen und auf 41 Filialen ausgebaut.

Region Das Hauptverbreitungsgebiet der Bäckerei Treiber ist südlich von Stuttgart, „im Böblinger Raum sind wir erst, seit wir den Hauptsitz in Steinenbronn haben“, sagt Treiber. Alle Filialen liegen im Umkreis von 35 Kilometern.

Preis
Der „Marktkieker“ wird alle zwei Jahre vom Fachmagazin Back Journal an Bäckereien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vergeben. Ausgezeichnet werden Betriebe, die Tradition, unternehmerische Verantwortung und moderne Marktstrategien beispielhaft miteinander verbinden.