Alte Schule: Bäckereimeister Rudolf Frank. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Stuttgarter Bäckereimeister Rudolf Frank beklagt zu viele Vorschriften, hält manche Probleme von Bäckereibetrieben aber auch für hausgemacht.

Stuttgart - Man könnte meinen, beim jüngsten Treffen der Bäckerei-Innung am Mittwoch habe es nur ein Thema gegeben: das Ende der Bäckerei-Kette Lang. Die Nachricht war frisch wie eine Brezel aus dem Ofen; doch unter den versammelten Bäckern hielt sich die Überraschung über das Aus der Stuttgarter Großbäckerei in Grenzen. Alteingesessene Bäckermeister wie Rudolf Frank, Seniorchef der 1939 gegründeten gleichnamigen Bäckerei in der Wächterstraße und im Lehen, hat es kommen sehen. „Das war überfällig.“ Beim Lang, dessen Gründer Max Lang er kannte und schätzte, habe zuletzt vieles nicht mehr gestimmt.

Das Thema Bäckereisterben beschäftigt Rudolf Frank schon lange. „Früher gab’s fast an jeder Ecke in Stuttgart einen Bäcker“, sagt der 77-Jährige. Heute kann sein Sohn Jürgen, der den Betrieb seit 2003 führt, damit werben, „die letzte Bäckerei vor der Autobahn zu sein“. Laut Bäckerinnung ging die Zahl der Stuttgarter Bäckereibetriebe mit eigener Backstube von 600 in den 60er Jahren auf heute 27 zurück. Das Aus der Traditionsbäckerei Gehrung, die unglaubliche 568 Jahre in Plieningen bestand, hatte im Frühjahr ein Schlaglicht auf diese schleichende Entwicklung geworfen.

„Bei Vorschriften ist man manchmal zu pingelig“

Sie wird sich fortsetzen, befürchtet Frank – und nennt Gründe. Zum Beispiel strenger werdende Vorschriften rund um Brandschutz oder Hygiene. Frank sieht darin eine unverhältnismäßig große Belastung. Ein Beispiel: der eintägige Brotmarkt am Schlossplatz, den die Innung seit 28 Jahren ausrichtet. Die Standmiete kletterte von früher 300 Mark auf jetzt 1800 Euro. Eine Folge: „Nur noch wenige Bäcker machen mit.“ Ein anderes Beispiel: Der Weiterbetrieb der Backstube der Traditionsbäckerei Schurr in Cannstatt durch einen interessierten Bäckermeister scheiterte Frank zufolge auch daran, dass zwei Treppenstufen beanstandet wurden. Die Gewerbeaufsicht hatte etwas dagegen. „Da ist man manchmal zu pingelig“, meint Frank. „Das führt dazu, dass in manchen Bäckereien halt der Schlüssel romdreht wird.“ Sven Matis, Sprecher der Stadt, sagt dazu: „Es gibt gerade bei alteingesessenen Lebensmittelbetrieben Aspekte, die noch geduldet werden. Allerdings werden diese bei einem Betriebswechsel klar zur Sprache gebracht.“ Die Stadt sei immer an pragmatischen Lösungen interessiert. „Wir achten dabei sowohl die Interessen der Gewerbetreibenden wie auch der Kunden.“

„Jeder dritte Laden muss etwas tun“

Manche Probleme von Bäckereibetrieben scheinen selbst verschuldet. „Jeder dritte Laden muss etwas tun, sonst geht das Bäckersterben weiter“, meint Frank. „Wenn man’s richtig macht, kann man auch in Zukunft Geld verdienen“ – trotz der immer besser werdenden Backwaren in Supermärkten oder des Trends zum Selberbacken. Richtig machen heißt für den Seniorchef: auf besonders gute Qualität und Service achten. Außerdem: das Personal gut bezahlen, die Arbeitszeiten einhalten und den Laden modernisieren. Rudolf Frank ist überzeugt: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“