Grüne und CDU im baden-württembergischen Landtag wollen im nächsten Jahr mit dem Abbau des 47 Milliarden Euro hohen Schuldenberges beginnen. Über die Höhe der ersten Rate gehen die Meinungen allerdings noch auseinander.
Stuttgart - Rund 47 Milliarden Euro Schulden hat das Land in den vergangenen Jahrzehnten angehäuft. Angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen hat die Opposition im Landtag bereits bei den Haushaltsberatungen für 2017 gefordert, das Land müsse beginnen, seine Schulden am Kreditmarkt zurückzuzahlen. Grüne und CDU hatten hingegen andere Pläne: Sie vereinbarten, die Steuermehreinnahmen zunächst für den Abbau so genannter impliziter Schulden zu verwenden und investierten das Geld deshalb in die Sanierung von Landesvermögen. Dazu zählen beispielsweise Hochschulgebäude und Polizeireviere, Straßen und Brücken.
Doch nun wollen auch sie mit dem Schuldenabbau beginnen. Mindestens 200 Millionen Euro Schulden sollten 2018 getilgt werden, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz am Dienstag in Stuttgart. „Dies ist auch ein Zeichen der Generationengerechtigkeit.“ Diese Summe hatte nach der Mai-Steuerschätzung auch Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) genannt.
Verwaltungsstellen sollen bleiben
CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart plädierte am Dienstag dafür, im kommenden Jahr 250 Millionen Euro zurückzuzahlen. Der Schuldenabbau soll auch 2019 fortgeführt werden, über die Höhe wollen sich die Regierungsfraktionen erst nach der nächsten Steuerschätzung im November verständigen. Einig sind sie sich, dass in den Ministerien und bei den Regierungspräsidien keine weiteren Stellen abgebaut werden. 2011 hatte die damalige CDU-FDP-Koalition beschlossen, 1480 Stellen zu streichen.
Den größeren Teil der Steuermehreinnahmen wollen die Grünen- und CDU-Abgeordneten allerdings auch in den nächsten beiden Jahren in die Sanierung von Landesvermögen stecken. Tobias Wald, finanzpolitischer Sprecher des CDU-Fraktion schlug vor, mindestens 100 Millionen Euro für die Beamtenpensionen zurückzulegen. Zudem sollen die monatlichen Rückstellungen für Beamte, die neu in den Landesdienst kommen, angehoben werden. Seit 2009 zahlt das Land für jeden neu eingestellten Beamten 500 Euro monatlich in einen Fonds, künftig sollten es aus Sicht der CDU mindestens 750 Euro pro Monat sein. Der Landesrechnungshof hatte sogar 1300 Euro monatlich empfohlen. Die Grünen sind dafür grundsätzlich offen. Über die genaue Aufteilung der Mehreinnahmen für Schuldenaabbau, Sanierungen und Rückstellungen soll in den nächsten Monaten verhandelt werden.
Sitzmann hat Einsparungen verordnet
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte, es sei richtig, mit den Mehreinnahmen nicht nur Schulden zurückzuzahlen, sondern auch Landesvermögen zu sanieren. Das Land habe kaum noch Kredite, bei denen hohe Zinsen fällig seien. Würden Sanierungen immer weiter verschoben, würden das jedoch teurer.
An den Einsparvorgaben für die Ministerien wollen Grüne und CDU nichts ändern. Finanzministerin Sitzmann hat diesen für die Jahre 2018 und 2019 dauerhafte Einsparungen in Höhe von jeweils 300 Millionen Euro verordnet, demnächst beginnen die Gespräche.
Von der Sanierung profitierten auch die Kommunen, sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Thekla Walker. Sie erhielten zehn Prozent der Sanierungsmittel, – 2018 seien das 106 Millionen Euro, im Jahr darauf 134 Millionen zusätzlich.
SPD will die Kommunen stärker unterstützen
Die Landesregierung müsse die finanziellen Spielräume nutzen, um „kräftig in Bildung, Infrastruktur, Öffentlichen Nahverkehr und Wohnungsbau zu investieren und andererseits Kreditmarktschulden in einer ansehnlichen Größenordnung zu tilgen“, forderte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Finanzministerin Edith Sitzmann dürften nicht weiter den Kommunen in die Tasche greifen. „Die Stärkung der Kommunen muss ein zentrales Element beim Abbau des Sanierungsstaus bilden“, so Stoch.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte, Grüne und CDU hätten „offensichtlich die Chance verpasst, die tatsächliche Schuldentilgung im Interesse der Generationengerechtigkeit anzuheben“. Angesichts des Rekordüberschusses 2016 und der nicht verwendeten Mehreinnahmen 2017 sei eine Tilgung von 250 Millionen Euro „ein winziges Feigenblatt“.