Mit scharfen Attacken gegen die Ampel begeistert Friedrich Merz die Delegierten beim Landesparteitag der Südwest-CDU in Villingen-Schwenningen. Foto: dpa/Silas Stein

Mit scharfen Attacken auf die Bundesregierung hat Friedrich Merz beim Landesparteitag der baden-württembergischen CDU ein Heimspiel. Manchmal vergisst man, dass die CDU im Land mit den Grünen regiert.

Bunte Legosteine, halb fertiggebaute Häuser, ein Korb mit Spielzeugen und Wachsmalfarben liegen auf dick gepolsterten bunten Turnmatten. Vier Mädchen und ein Junge spielen auf der kleinen, mit Stoffplanen vom Rest der Halle abgetrennten Fläche am Rande der Messehalle von Villingen-Schwenningen. Die Spielecke markiert beim Landesparteitag der baden-württembergischen CDU eine Enklave der Zukunft. Oft hat es Kinderbetreuung bei einem Landesparteitag der Christdemokraten in der Vergangenheit nicht gegeben, künftig soll es Standard sein.

Die CDU will jünger, weiblicher und vielfältiger werden. Deshalb müssen politisches Engagement, Familie und Beruf besser vereinbar sein als bisher. Das ist für die CDU essenziell, um wieder kampagnenfähig zu werden und bei Landtags- sowie Bundestagswahlen im Südwesten bessere Ergebnisse einzufahren als zuletzt. Deshalb ist die Erneuerung der Parteiarbeit das zentrale Thema bei diesem Landesparteitag, nicht nur in der Spielecke.

Merz wirft der Ampel ständige Streitereien vor

Um die Zukunft und das Gewinnen von Wahlen geht es natürlich auch drinnen im Saal und auf der Bühne. Dort hat der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz in der Schlusskurve seiner Rede Selbstbewusstsein von den Südwest-Delegierten gefordert. „Wir lassen uns von denen doch die Zukunftsfähigkeit nicht absprechen“, donnert er unter dem Jubel der Zuhörer in den Saal. Gemeint waren natürlich die Ampelkoalitionäre in Berlin. Denen warf er vor, jeden Tag zu streiten, statt Verantwortung zu übernehmen und endlich sachdienliche Entscheidungen zu treffen, die der Wirtschaft, den Betrieben und den Menschen in der Krise zielgenau und zuverlässig helfen.

„Wir werden unseren Erneuerungsprozess so abschließen, dass wir 2025 bei der Bundestagswahl ganz klar die seriöse Alternative sind und die Menschen sagen: Ja, die können regieren“, sagte Merz. Es hatte schon Triumphzugcharakter, wie er, von Musik sowie Landesparteichef Thomas Strobl und Generalsekretärin Isabell Huber begleitet, in die Messehalle einzog. Am Ende seiner Rede stand die Halle Kopf, und der Jubel wollte gar nicht enden.

Hart ist Merz mit der Bundesregierung ins Gericht gegangen. Ständig erweckten Ampelvertreter den Eindruck, sie müssten die Hinterlassenschaften der Merkel-Jahre wegräumen. Nur ein Wort wolle er dazu sagen, so Merz. „Im Ergebnis waren es gute Jahre für Deutschland. Gemessen an dieser Koalition, sind nicht die letzten 16 Jahre das Problem, sondern die letzen 16 Wochen.“

Friedrich Merz, die Grünen und das Pferd von Kaiser Wilhelm

Den Grünen, die zur gleichen Zeit in Bonn Parteitag hatten, warf er vor, den notwendigen Beschluss, die verbleibenden drei Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, zu blockieren. Sie nähmen das Land in „Geiselhaft, nur damit der Gründungsmythos der Grünen diesen Parteitag überlebt“. Überhaupt sei die grüne Fortschrittsfeindlichkeit gegenüber Technologien, die Dekarbonisierung und Digitalisierung vereinten, vergleichbar mit Kaiser Wilhelms Bekenntnis nach Erfindung des Autos: Das sei eine vorübergehende Erscheinung, er setze auf das Pferd. Bei Merz’ Attacke konnte man glatt vergessen, dass die CDU im Land mit den Grünen regiert. Das war Labsal für den Landesverband.

Auch Thomas Strobl warf der Bundesregierung Untätigkeit in der Energiekrise vor. Sie müsse endlich kleine und mittlere Unternehmen unterstützen. Wenn fünfzig bis sechzig Prozent des Einkommens für Miete und Energie aufgewendet werden müssen, freuten viele Familien sich nicht mehr auf Weihnachten. Betriebe wie Privatleute kämpften um ihre Existenz. Dennoch habe der Kanzler nicht einmal eine Einheit mit Ländern und Kommunen beim Entlastungspaket hinbekommen. „Nicht nur Uniper braucht einen Schutzschirm. Auch kommunale Stadtwerke sind systemrelevant“, mahnte Strobl.

Nur kurz und ohne die Sache beim Namen zu nennen, streifte Strobl den Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre und die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn selbst. Er danke für „persönliche Unterstützung in schwieriger Zeit“ und gelegentliches Auf-die Schulter-Klopfen von Parteifreunden. Die Delegierten antworteten mit freundlichem Applaus.

Was Baden-Württembergs CDU sonst noch beschlossen hat

Kernkraft
 Energiepolitisch hat die CDU die Weiternutzung der drei Atomkraftwerke bis 2024 vereinbart.

Frauenquote
 Als erster Landesverband hat die Südwest-CDU die in der Bundes-CDU eingeführte Quote in die Satzung übernommen.

Familienfreundlichkeit
  Um Engagement in der Politik zu erleichtern, soll es bald digitale Veranstaltungen und Sitzungen geben.

Soziales Jahr
 Analog zum Deutschland-Jahr der Bundes-CDU wurde ein freiwilliges Baden-Württemberg-Jahr beschlossen, bei dem junge Menschen und Rentner sich engagieren können.