Andreas Stoch ist Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg Foto: dpa

Im politischen Alltag stehen in Stuttgart eher die grün-schwarzen Regierungsfraktionen im Vordergrund. Und wie hat sich die Opposition seit der Landtagswahl vor zwei Jahren geschlagen?

Stuttgart - „Opposition ist Mist“, sagte einst der SPD-Politiker Franz Müntefering. Das können wohl auch AfD, SPD und FDP im baden-württembergischen Landtag so unterschreiben, trotz einiger Seitenhiebe, die ihnen seit der Landtagswahl am 13. März 2016 gegen die grün-schwarzen Regierungsfraktionen gelungen sind.

FDP: Mit zwölf Abgeordneten stellt die FDP die kleinste Oppositionsfraktion im Landtag. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke verschafft ihr als guter Rhetoriker Gehör - auch wenn er nach dem Geschmack mancher Beobachter zuweilen etwas überzieht und durchaus auch in Klamauk abgleitet. Den richtigen Riecher hatte Rülke aber, als es im Landtag um die Reform der Altersvorsorge der Abgeordneten mit der umstrittenen Wiedereinführung einer Staatspension ging. Neben der FDP stimmte auch die AfD dagegen. Nach einer Welle der öffentlichen Empörung nahm der Landtag das umstrittene Gesetz zurück.

FDP kann punkten

Nach der Landtagswahl hatten sich die Optionen zerschlagen, sich an Grün-Rot-Gelb oder Schwarz-Rot-Gelb zu beteiligen. „Ich wünsche mir an jedem Punkt, dass die FDP regiert - aber nur, wenn sie ihre Inhalte auch durchsetzen kann“, sagt Rülke. „Dies sehe ich nicht, und deshalb habe ich nie an der Richtigkeit der Entscheidung von 2016 gezweifelt.“ In der Opposition habe die FDP durchaus punkten können - etwa mit einer Landtagsdebatte, als es um die Fristen gegangen sei, innerhalb derer die Rettungsdienste an ihren Einsatzorten ankommen. Erst habe Innenminister Thomas Strobl (CDU) keinen Handlungsbedarf gesehen. „Mittlerweile hat er umfassende Reformen angekündigt.“

SPD: Einen großen Absturz musste die SPD verkraften: Bis 2016 stellte sie 35 Abgeordnete als Regierungsfraktion - jetzt sind es 19 in der Opposition. Noch immer hängt die SPD im Umfrageloch, was die Stimmung drückt. Der Absturz bei der Landtagswahl wirkte sich auch finanziell aus - für die SPD ist nun vieles eine Nummer kleiner. Fraktionschef Andreas Stoch räumt ein: „Mit lediglich 19 Abgeordneten und deutlich reduziertem Personal ist es eine große Herausforderung, diesen riesigen Regierungsapparat zu kontrollieren und eigene politische Botschaften zu setzen.“

Rolle rückwärts bei der Staatspension

Die SPD versucht, im Land Präsenz zu zeigen. „In den insgesamt 70 Wahlkreisen sind unsere Abgeordneten viel unterwegs“, sagt Stoch. „Dennoch wissen wir, dass wir diesen Wettlauf mit den deutlich größeren Regierungsfraktionen nicht gewinnen können.“ Kritiker kreiden Stoch an, dass er das Thema Staatspension für Abgeordnete unterschätzt habe - die SPD stimmte mit den Regierungsfraktionen erst dafür. Beim Thema Reform des Landtagswahlrecht sind sich die SPD-Abgeordneten uneins.

Erfolge schreibt Stoch sich und seiner Fraktion vor allem im Hochschul- und Bildungssektor zu. „Die Suppe, die Studiengebühren für internationale Studierende im Geleitzug ohne größeres Aufsehen wieder einzuführen, haben wir der Landesregierung kräftig versalzen.“

AfD hat drei Mandate verloren

AfD: Interne Irrungen und Wirrungen beherrschten das Bild der größten Oppositionsfraktion. Aus dem Stand holte die AfD 23 Mandate. Davon sind noch 20 übrig - eine Abgeordnete lief zur CDU über, zwei weitere Abgeordnete sind mittlerweile fraktionslos. Die Fraktion spaltete sich im Streit über den Umgang mit Antisemitismus in den eigenen Reihen in zwei Gruppen auf, fand dann aber wieder zueinander. Fraktionschef Jörg Meuthen verließ Stuttgart und sitzt heute im Europäischen Parlament - sein Nachfolger ist Bernd Gögel.

Gögel meint: „In den vergangenen 22 Monaten ist es der Landtagsfraktion der AfD gelungen, zahlreiche Impulse zu setzen und neue Sichtweisen in die parlamentarische Diskussion einzubringen.“ Die politischen Leitmotive und die öffentliche Wahrnehmung des Landtags würden mittlerweile fast ausschließlich von den Themen der AfD dominiert. Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider sieht das aber ganz anders. Er sagt: „In der Arbeit des Landtags hat die AfD bislang relativ wenige Spuren hinterlassen.“