Die Hochschulen müssen die Studienplätze erhalten. Foto: //Uwe Anspach

Die Hochschulen können sich über eine verlässliche Finanzierung und mehr Landesgeld freuen. Doch es bleiben Wünsche offen, besonders bei der Digitalisierung der Lehre.

Stuttgart - In einem ganz großen Rahmen haben im Januar 2015 die Rektoren der baden-württembergischen Hochschulen zusammen mit dem Ministerpräsidenten, dem damaligen Finanzminister und der Wissenschaftsministerin die Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung für die Hochschulen zelebriert, die zum Jahresende ausläuft. Schließlich ging es um Abermillionen. Jetzt steht die neue milliardenschwere Vereinbarung, die die finanzielle Basis der Hochschulen im Südwesten bis zum Jahr 2025 bildet.

Doch dieses Mal ist der Rahmen deutlich nüchterner. Statt im Pomp des Stuttgarter Neuen Schlosses haben die Rektoren den neuen Vertrag im Laufe des Dienstag elektronisch im Umlaufverfahren unterschrieben. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Finanzministerin Edith Sitzmann und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (alle Grüne) haben ihn schlicht in ihren jeweiligen Büros besiegelt. Das ist dem Kontaktverbot wegen der Coronaepidemie geschuldet. Denn die Summe, um die es für die Hochschulen geht, ist deutlich höher als vor fünf Jahren.

Gesamtvolumen: fast 20 Milliarden Euro

Genau 3,48 Milliarden Euro pro Jahr umfasst die Vereinbarung. Sie soll bis zum Jahr 2025 außerdem 1,8 Milliarden Euro mehr für die Hochschulen bringen, als diese jetzt zur Verfügung haben, betont eine Sprecherin von Theresia Bauer. Während der fünfjährigen Laufzeit gehe es damit um knapp 20 Milliarden Euro.

Die Grundfinanzierung der Hochschulen steigt um durchschnittlich 3,5 Prozent im Jahr. Bis zum Vertragsende 2025 soll es keine Kürzungen, Stelleneinsparungen oder sonstige Haushaltssperren geben, sichert die Landesregierung zu. Damit sollen die Hochschulen die Betreuung der Studierenden verbessern. In den vergangenen Jahren waren die Studierendenzahlen stark gestiegen, damit hielten die Finanzmittel nicht Schritt.

Hochschulen wollten 1000 Euro mehr pro Student

Die Hochschulen hatten in den Verhandlungen gefordert, die Finanzmittel um jährlich 1000 Euro pro Student zu erhöhen. Das leistet der Vertrag nicht. Bastian Kaiser, der Sprecher der Rektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) sagte unserer Zeitung, seine Fachhochschule Rottenburg, werde im Durchschnitt der kommenden fünf Jahre wohl auf 500 Euro mehr Landesgeld pro Student und Jahr kommen. Er hält aber fest: „Es geht aufwärts.“ Die Vereinbarung wecke in ihm „keine Euphorie, aber ich bin sehr zufrieden“. Dass das Geld aus befristeten Programmen dauerhaft gezahlt wird, war für die HAW ein wesentlicher Punkt.

Die Hochschulen verpflichten sich, die Studienplatzkapazitäten beizubehalten. Der Vertrag, der unserer Zeitung vorliegt, sieht zwar vor, dass „in ausgewählten Bereichen“, genannt werden der IT-Sektor und Gesundheitsfachberufe, mehr Studienplätze angeboten werden können, dafür müssen die Hochschulen aber umschichten. Auch um Vereinbarungen zum Klimaschutz haben die Hochschulen mit dem Ministerium heftig gerungen.

Bauer lobt Verlässlichkeit

Zum Abschluss der Verhandlungen sagte Wissenschaftsministerin Bauer unserer Zeitung: „Wir bieten unseren Hochschulen Verlässlichkeit in unsicheren Zeiten.“ Die Hochschulen erhielten bis 2025 einen verlässlichen Zuwachs von durchschnittlich 3,5 Prozent pro Jahr. Das sei ein wichtiges, aber auch notwendiges Signal: „Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der wir so eindrücklich wie heute – Tag für Tag – erlebt haben, welche Bedeutung und welchen Wert Wissenschaft und Forschung für unsere Gesellschaft haben.“

Für die Universitäten würdigt der neue Sprecher der Rektorenkonferenz Stephan Dabbert (Hohenheim): „Dass das Land trotz der finanziellen Belastungen der Corona-Krise mit dem Abschluss der Vereinbarung Verlässlichkeit demonstriert, ist ein Zeichen von Zuversicht.“

Durch die Vereinbarung könnten die Universitäten ihre Arbeitsfähigkeit erhalten und hätten weitgehende Planungssicherheit. Allerdings wären aus Sicht der Rektorenkonferenz mehr Mittel zur Digitalisierung von Lehre und Forschung notwendig gewesen. Deren Dringlichkeit sich nicht zuletzt durch die Coronakrise aktuell nochmals deutlich erhöht habe.