Zum Thema Fracking ist eine politische Diskussion entbrannt. Foto: dpa/Jim Lo Scalzo

Taugt Fracking als Brückentechnologie für die Energiewende? Es gibt viele Zweifel daran. Doch der starke Anstieg der Energiepreise lässt so manches Tabu wackeln.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kann sich angesichts hoher Energiepreise vorstellen, in Deutschland Erdgas durch die Fracking-Technologie zu gewinnen. „Wer von Putins Gas unabhängig werden will, der muss alle anderen Möglichkeiten vorurteilsfrei prüfen. Insofern kann auch Fracking nicht von vornherein ausgeschlossen werden“, sagte Rülke der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

 

Zuletzt hatten Experten wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine empfohlen, mit Hilfe von Fracking in Deutschland Gas zu fördern. Das wäre theoretisch auch in Baden-Württemberg möglich. Nach Angaben des Umweltministeriums in Stuttgart kämen dafür Tongesteine im Vorland der Schwäbischen Alb zumindest eingeschränkt infrage.

Das grün-geführte Ressort lehnt Fracking mit Verweis auf mögliche negative Folgen für die Umwelt aber ab. Auch die Landtags-CDU und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erteilten dem Ansinnen eine Absage. „Herausforderungen der Zukunft und der Gegenwart bewältigt man selten mit Ideen der Vergangenheit“, sagte BUND-Landeschefin Sylvia Pilarsky-Grosch.

Verflüssigung durch starkes Abkühlen

Beim Fracking wird Gas oder Öl mit Hilfe von Druck und Chemikalien aus Gesteinsschichten herausgeholt, was Gefahren für die Umwelt birgt. Kritik wird auch an der Verflüssigung durch starkes Abkühlen geübt, weil dies nach Angaben von Umweltschützern bis zu 25 Prozent des Energiegehalts des Gases kostet.

Der Ex-Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hans-Joachim Kümpel, hatte in der „Welt am Sonntag“ erklärt, es lägen bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter erschließbares Erdgas unter Deutschland im Schiefergestein - genug, um das Land über Jahrzehnte mit Erdgas zu versorgen. In Deutschland sei die Förderung von 20 Milliarden Kubikmetern pro Jahr durch Fracking auf Jahrzehnte hinaus möglich. Dies entspreche etwa der Hälfte der derzeitigen Erdgaslieferungen aus Russland.

Das Landesumweltministerium verwies dagegen auf die rechtlichen Hürden für Fracking in Deutschland. Seit 2017 ist sogenanntes unkonventionelles Fracking in Schiefergestein in Deutschland verboten, es dürfen bundesweit höchstens vier Erprobungsmaßnahmen zu wissenschaftlichen Zwecken zugelassen werden. Das Ministerium ist sich deshalb relativ sicher: „Es ist nicht davon auszugehen, dass es in Baden-Württemberg zu Fracking-Maßnahmen zur unkonventionellen Erdgas- oder Erdölförderung kommen wird.“ Es gebe derzeit auch keine Erlaubnisse oder Anträge im Südwesten, die auf Fracking abzielten.

BUND-Landeschefin kritisiert die FDP

Zuletzt hatten CSU-Chef Markus Söder und NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sowie der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, eine ergebnisoffene Prüfung des Frackings gefordert.

Anders als Söder ist der CDU-Umweltexperte Raimund Haser gegen Fracking. „Die Umweltrisiken dieser Technologie sind enorm. Das gilt ganz besonders für den Bodenseeraum, der Millionen Menschen als Trinkwasserreservoir dient“, sagte der Abgeordnete des Wahlkreises Wangen im Allgäu. Die Förderkapazitäten ließen sich sowieso nicht so ausbauen, „dass bei einem Lieferstopp russisches Erdgas in nennenswertem Umfang durch Schiefergas aus Baden-Württemberg ersetzt werden könnte“. Mittel- und langfristig seien erneuerbare Energien die bessere Lösung.

BUND-Landeschefin Pilarsky-Grosch kritisierte die FDP: „Technologieoffen und vorurteilsfrei sind die Schlagworte, die verstecken sollen, dass man die notwendigen Entscheidungen hin zu erneuerbaren Energien nicht treffen will.“ Die Zukunft gehöre den Erneuerbaren. „Wenn wir die Klimakrise in den Griff bekommen wollen, müssen wir so schnell wie raus aus dem Klimakiller und dürfen kein Geld mehr in fossile Energien stecken, schon gar nicht in Erdgas-Fracking.“