Stipendiaten des Baden-Württemberg-Stipendiums bei einem Treffen am Bodensee Foto: BW-Stiftung

Die Baden-Württemberg-Stiftung fördert seit 20 Jahren Projekte für Bildung, Forschung und Soziales. Auch Corona könnte bald ein Thema werden, sagt ihr Geschäftsführer Christoph Dahl.

Stuttgart - 2020 feiert die Baden-Württemberg-Stiftung ihr 20-Jahr-Jubiläum. Wegen Corona fällt die geplante Feier erst einmal aus. Die Arbeit allerdings geht weiter – auch Online-Angebote zum Mitmachen sind geplant.

Herr Dahl, wegen der Corona-Krise muss die Baden-Württemberg-Stiftung ihre Geburtstagsfeier verschieben. Könnte das Virus auch ein Thema für die Stiftung sein?

Natürlich. Zu den Aufgaben der Stiftung gehört es, sich neuer Herausforderungen anzunehmen, und die aktuelle Krisensituation wirft viele Fragen auf: Wie kann die Demokratie die richtigen Antworten geben, welche Einschränkungen sind möglich und nötig? Wie gehen wir damit um, dass Kindergärten, Schulen und viele anderen Einrichtungen geschlossen werden? Wir erleben erstmals eine solche Lage und müssen lernen, damit zurechtzukommen.

Ist die Demokratieerziehung nicht Aufgabe der Schulen und der Landeszentrale für politische Bildung?

Wir erleben eine starke Zunahme von Populismus und Rechtsextremismus und müssen auf vielen Ebenen etwas tun. Demokratieerziehung kann Menschen schützen, damit sie nicht anfällig werden für Rattenfänger von rechts und links. Wir arbeiten bei dieser Frage mit Schulen, mit der Landeszentrale und anderen Organisationen zusammen. Wir suchen für unsere Projekte immer Partner. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht.

Künstliche Intelligenz

Haben die Bildungspolitiker in den vergangenen Jahrzehnten zu sehr die naturwissenschaftlichen-technischen Fächer im Blick gehabt und darüber die politische Bildung vernachlässigt?

Nein, wir brauchen beides. Der Fachkräftemangel zeigt, dass man in den so genannten Mint-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – nachsteuern muss. Diese Fächer sind bei vielen Schülern nicht besonders beliebt. Auch deshalb, weil die meisten gar nicht wissen, wie man in diesen Bereichen arbeitet und welche gesellschaftlichen Pionierleistungen dort erbracht werden. Mit unserem Programm Coaching for Future zeigen wir jungen Menschen, welche Möglichkeiten diese Berufe bieten. Als aktuelles Beispiel: wie etwa ein Impfstoff entwickelt wird.

Fördert die Stiftung auch Grundlagenforschung?

Das ist Aufgabe von Bund und Land. Wir können aber unterstützen und sehr flexibel innovative Themen aufgreifen. Einer unserer Schwerpunkte ist die künstliche Intelligenz. Unsere Projekte stellen ethische und juristische Fragen in den Mittelpunkt, um zu klären, wie künstliche Intelligenz verantwortungsvoll gestaltet und genutzt werden kann.

Angebote für Schüler und Studenten

Was sind für Sie die wichtigsten Projekte der vergangenen 20 Jahre?

Wir haben in jedem der drei Bereiche – Forschung, Bildung und Soziales – große Erfolge. So haben wir im Zuge von Forschungsprojekten bereits 19 Patente und über 100 Erfindungen angemeldet und viele Preise erhalten. Dank des Baden-Württemberg-Stipendiums gibt es ein Netzwerk von rund 25 000 Hochschulabsolventen in 119 zumeist außereuropäischen Ländern, die wichtige Botschafter für Baden-Württemberg sind. Und mit Programmen wie Talent im Land oder Coaching for Future, übrigens deutschlandweit eines der erfolgreichsten MINT-Bildungsprogramme, haben wir bisher mehr als 250 000 Schüler erreicht.

Wie kommen die Programme zustande?

Wir bekommen immer wieder Anregungen von außen. Da wir eine operative Stiftung sind, initiieren wir den Großteil der Programme jedoch selbst – in Absprache mit den Ministerien. Dazu führen wir viele Gespräche mit Vertretern aus Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft und dem sozialen Bereich. Mit den Kommunen haben wir beispielsweise seit 2013 Integrationsprojekte entwickelt. Wir wollen Veränderungen begleiten und mitgestalten. Unser erfolgreiches Programm „Vielfalt gefällt“, das sich für ein gelungenes Miteinander einsetzt, legt den Schwerpunkt ab sofort auf die Bekämpfung von Rechtsextremismus.

Unabhängiger von der Zinsentwicklung

Die Gründung der Stiftung war umstritten, die Opposition vermutete damals, die CDU-FDP-Regierung wolle am Landtag vorbei Landesgelder verteilen…

Es gab eine Diskussion darüber, ob man mit dem Geld nicht besser Schulden tilgen soll. Man hätte es auch den Fraktionen zur Verfügung stellen können, aber dann wäre es wohl nicht nachhaltig verwendet worden. Inzwischen ist die Kritik allerdings verstummt. Das Geld ist seit 20 Jahren sinnvoll angelegt, und mit den Erträgen können jedes Jahr wichtige Projekte für die jetzige und für künftige Generationen finanziert werden. Das nützt allen.

Die FDP hat vor einigen Jahren gefordert, die Mittel für den Straßenbau zu nutzen…

Das waren eher wahlkampfbedingte Äußerungen. Besser als die Baden-Württemberg Stiftung kann man Kapital nicht anlegen und Erträge nicht nutzen. Wir werden immer wieder gefragt, wie wir das schaffen.

Anfangs waren die Erwartungen allerdings deutlich höher …

Trotz Finanzkrise und Niedrigzinsniveau haben wir Erträge von über 40 Millionen Euro pro Jahr, das ist eine herausragende Rendite. Durch kluge Anlagen in erfolgreiche Immobilien und Fonds, die im Finanzministerium koordiniert werden, haben wir uns von der Zinsentwicklung unabhängiger gemacht. Wir haben die vergangene Finanzkrise gut überstanden und gehen davon aus, dass wir weiterhin gute Erträge zur Verfügung haben.

Zukunftswerkstatt Gesundheit

Die Zukunftsakademie, die eigentlich als Veranstaltung Ende April für Schülerinnen und Schüler in Stuttgart stattfinden sollte, wird nun als virtuelle Veranstaltung im Internet angeboten. Mitmachen können alle zwischen 15 und 18 Jahre. Zwei Tage lang geht es dabei um das Thema „Gesundheit“. Alle Informationen demnächst unter https://www.zukunftsakademie-bw.de/

Unter www.bwstiftung.de gibt es weitere Programme und Ausschreibungen. Die Jubiläumsseite www.veraendern2020.de ist ab 24. März online.