In den baden-württembergischen Kommunen müssen die Eltern derzeit unterschiedlich hohe Beträge für die Betreuung ihrer Kinder in Kitas zahlen. Foto: dpa

Im Südwesten müssen Eltern für ihre Kinder in den Kitas zahlen. Nach dem Willen der SPD soll sich das ändern. Sie will das Volk abstimmen lassen - und hofft, davon selbst bei der Kommunalwahl zu profitieren.

Stuttgart - Die oppositionelle SPD will eine kostenlose Kinderbetreuung bis zum Schuleintritt im Südwesten durchsetzen und sammelt Unterschriften für ein Volksbegehren. Am Montag gab die SPD in Stuttgart den Startschuss dafür. Ihr Gesetzentwurf sieht eine Beitragsfreiheit für bis zu 35 Betreuungsstunden pro Woche vor. Unterstützung bekommen die Sozialdemokraten vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der IG Metall und den Gewerkschaften GEW und Verdi. Notfalls soll es zum Jahresende eine Volksabstimmung geben.

Finanzielle Entlastung für Familien

SPD-Landeschef Andreas Stoch sagte, viele andere Bundesländer hätten den Einstieg in die Gebührenfreiheit längst geschafft. Aber die grün-schwarze Landesregierung sperre sich. Dabei sei die Gebührenfreiheit nicht nur eine Frage der Bildungsgerechtigkeit, sondern sie sei auch zur finanziellen Entlastung von Familien nötig.

In den baden-württembergischen Kommunen müssen die Eltern derzeit unterschiedlich hohe Beträge für die Betreuung ihrer Kinder in Kitas zahlen. Insgesamt geht es nach Angaben des Städtetages im Südwesten um 730 Millionen Euro im Jahr. Die SPD spricht von 529 Millionen Euro im Jahr, die dann aus dem Landeshaushalt kommen sollen.

Kretschmann: Es können nicht alle entlastet werden

Die grün-schwarze Landesregierung lehnt eine generelle Gebührenfreiheit ab. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte am Montag dem SWR, so habe etwa Rheinland-Pfalz, wo der Kita-Besuch kostenlos ist, einen relativ schlechten Betreuungsschlüssel. Baden-Württemberg habe dagegen das Ziel, dass möglichst viele Erzieherinnen möglichst wenig Kinder betreuen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte erklärt, zwar dürften Menschen mit kleinen Einkommen nicht über Gebühr belastet werde. Aber alle zu entlasten, sei sehr teuer, das gebe der Haushalt nicht her.

Stoch argumentierte hingegen, der Landeshaushalt habe immer noch deutliche Überschüsse. Zudem sei die Gebührenfreiheit eine Frage der Prioritäten: „Man könnte soweit gehen davon zu reden, dass Kita-Gebühren eine Stück weit eine Familiensteuer sind“, sagte er. Kinder auf die Welt zu bringen, sei ja gesellschaftlich erwünscht. Aber dann würden Familien mit hohen Kita-Gebühren „bestraft“.

SPD sucht nach Themen für die Wahl

Das rot-rot-grün regierte Berlin hatte als erstes Bundesland die Kita-Gebühren komplett abgeschafft. In anderen Bundesländern ist die Kinderbetreuung zumindest teilweise gebührenfrei. In der Regel werden die Elternbeiträge für die Kitas von den Kommunen festgelegt. Meist sind sie nach Alter des Kindes, Betreuungszeit und Jahreseinkommen der Eltern berechnet. In Rheinland-Pfalz etwa ist der Kita-Besuch für alle Kinder ab zwei Jahren seit dem Jahr 2010 kostenfrei. Die dortige Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) unterstützte das Vorhaben der Südwest-SPD am Montag. Sie sagte: „Keinem Kind sollte die Kita verwehrt sein, weil die Eltern zu schwer an den Beiträgen tragen.“

Die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg sind angesichts schwacher Umfragewerte auch in Baden-Württemberg auf der Suche nach Themen, mit denen sie bei Bürgern punkten können. In diesem Mai stehen neben den Europawahlen auch Kommunalwahlen in dem Bundesland an. Stoch räumte ein, dass das Volksbegehren auch vor diesem Hintergrund zu sehen sei. Mit dem Thema Gebührenfreiheit für Kinderbetreuung könne man das Profil der SPD als Familienpartei in den Vordergrund rücken. Ist das Volksbegehren bis zum September erfolgreich, soll der Gesetzentwurf der SPD im Oktober im Landtag abgestimmt werden. Gibt es dort keine Zustimmung, soll es im Dezember eine Volksabstimmung geben.