Alarm, Alarm: Schwarz-Grün will dem Problem mit Feinstaub und Stickoxid mit technischen Lösungen begegnen – und hofft dabei auf die Autoindustrie. Foto: dpa

Das Abrücken der schwarz-grünen Landesregierung von den geplanten Fahrverboten ist gewagt, meint unser Kommentator Rainer Wehaus. Die Alternative, eine Nachrüstung älterer Dieselautos, zeichnet sich erst in Umrissen ab. Aber es ist ja auch Wahlkampf.

Stuttgart - Vieles ist in Bewegung. Vor Kurzem galten Fahrverbote für Stuttgart noch als unvermeidlich, nun sind sie plötzlich verzichtbar. Was ist passiert? Es habe sich in Sachen Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge zuletzt eine Menge getan, heißt es in Kreisen der grün-schwarzen Regierungskoalition. Das ist richtig. Mittlerweile hat sogar die Bundesregierung erkannt, dass hier zügig gehandelt werden sollte. Diskutiert wird viel, entschieden ist aber noch nichts. Und das ist ein Problem.

Vager Plan

Die Alternative zu Fahrverboten, die das Land dem Stuttgarter Verwaltungsgericht nun präsentieren will, ist bislang allenfalls in groben Umrissen erkennbar. Noch gibt es keine Einigung mit der Autoindustrie über die Kosten, noch gibt es keinen Zeitplan. Klar ist allerdings schon jetzt: Fahrverbote könnten deutlich schneller umgesetzt werden als eine Nachrüstung der vielen, vielen Dieselfahrzeuge. Und es ist unklar, ob ohne die Drohung von Fahrverboten die Besitzer älterer Autos überhaupt freiwillig etwas an der Motor-Software ihres Autos ändern lassen – und sei es kostenlos.

Gewagte Strategie

Richtig ist: Das Stickoxid-Problem lässt sich technisch lösen, die entsprechenden Dieselmotoren sind bereits auf dem Markt. Das Ganze wird allerdings noch mehrere Jahre dauern. Vor diesem Hintergrund ist es vom Land ziemlich gewagt, mit eher vagen Versprechungen nun vor das Verwaltungsgericht zu treten. Man hofft darauf, dass das Gericht eine großzügige Frist setzt, damit man Zeit gewinnt. Man darf gespannt sein, wie das Gericht entscheidet. Die Landesregierung hat für sich nun entschieden, sich zu Fahrverboten allenfalls zwingen zu lassen. Dabei hat man die vielen Dieselfahrer im Raum Stuttgart im Blick, die sich zu Recht verkohlt fühlen. Vieles ist in Bewegung. Vor allem aber ist Wahlkampf.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de