Auch die Gebäude der Uni Stuttgart sind in die Jahre gekommen. Foto: Häußler

Jahrelang wurde die Sanierung und Modernisierung der maroden Unigebäude verschleppt, wirft eine Gutachtergruppe dem Land Baden-Württemberg vor. Das und zu langwierige Bauprozesse führen zu einem Nachholbedarf von fast zehn Milliarden Euro.

Stuttgart - Die neun Universitäten in Baden-Württemberg sind auf der Erfolgsspur. Sie wachsen erheblich und sie sind bei der Exzellenzinitiative des Bundes vorne mit dabei. Doch die Investitionen halten damit nicht Schritt. rund 9,5 Milliarden Euro wären notwendig, um die aus den sechziger und siebziger Jahren stammenden Unigebäude und die Kliniken zu sanieren und zu modernisieren. Das geht aus einem Bericht hervor, den die von der Landesrektorenkonferenz einberufene Kommission zur Finanzierung des universitären Hochschulbaus in Baden-Württemberg vorgelegt hat.

Die wegen des Wachstums der Universitäten notwendigen Neubauten sind darin noch gar nicht eingerechnet, wie Wolfram Ressel, der Rektor der Uni Stuttgart und Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz dieser Zeitung sagte.

Modernisierung seit Jahren verschleppt

Wilhelm Krull, der Generalsekretär der Volkswagenstiftung, der die Kommission führt, kritisiert: „Die Modernisierung ist über Jahre verschleppt worden“. Allein in den Jahren 2008 bis 2012 habe das Land jährlich 88 Millionen Euro zu wenig in den Hochschulbau investiert. Innerhalb von 15 Jahren haben sich der Sanierungsbedarf allein an den Universitäten – ohne die Kliniken – so mehr als verdoppelt. Diesen Bedarf geben die Universitäten jetzt mit 5,9 Millionen Euro an. Karlsruhe meldet beispielsweise einen Bedarf von 1,27 Milliarden, Tübingen von 1,1 Milliarden. In Stuttgart fehlen 958 Millionen, in Heidelberg 778 und in Hohenheim 337 Millionen.

Mehr Geld ins System

Vorrangig sei jetzt, dass mehr Geld in das System komme, erklären Krull und Ressel übereinstimmend. „Trotz Schuldenbremse muss man in den 2020er Jahren erheblich mehr Mittel bereitstellen, um die Gebäude erhalten und den Modernisierungsbedarf befriedigen zu können“, sagt Krull. Das kann das Land nach Ansicht der Kommission nicht allein bewerkstelligen. Krull regt an: „man sollte die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene nutzen, um zu einem neuen Zusammenwirken von Bund und Ländern in Fragen des Hochschulbaus zu kommen.“ Der Sanierungsstau sei auch ein Ergebnis des Rückzugs des Bundes aus dem Hochschulbau. Durch Bundesmittel werde ein erhöhter Anreiz gesetzt, sich im Hochschulbau stärker zu engagieren.

Gleichzeitig plädiert Krull für private Investitionen. „Es wird notwendig sein, mehr Anreize für private Investments zu setzen“. Dabei empfehle sich ein Blick nach Nordeuropa. Alternative Finanzierungsmodelle sollten erprobt werden.

Universitäten wollen Verantwortung für Bauvorhaben

Auch organisatorisch liegt nach Ansicht von Ressel und Krull vieles im Argen. Sie plädieren dafür, den Universitäten die Bauherreneigenschaft zu übertragen, um die Prozesse zu beschleunigen. Ressel sagte, „das Bauen wird immer schwieriger, länger und teurer. Es reden zu viele Instanzen und Menschen mit“. Lange Bauzeiten würden die Projekte unnötig verteuern. Ressel konstatiert, „Das Konstrukt zweier Ministerien (Finanzen und Wissenschaft) auf der einen Seite und der Universität als Nutzer auf der anderen sowie ausführender Behörden dazwischen, funktioniert einfach nicht mehr“.

Schwerpunktbildung notwendig

Die Kommission empfiehlt auch eine langfristige strategische Gesamtplanung. Es müsse geklärt werden, welche Universität welche Schwerpunkte verfolge. „Ein abgestimmtes Konzept für Baden-Württemberg ist das allerwichtigste“, erklärt Krull. Die Rektorenkonferenz dringt nun darauf, dass die Empfehlungen der Kommission umgesetzt werden. „Wir werden nicht locker lassen und unsere Forderungen mit Nachdruck vertreten“, kündigt Ressel an.

Positive Signale aus den Ministerien

Die Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) lässt ausrichten, dass das Land bereits plane, den Sanierungsstau abzubauen. Bereits im laufenden Haushalt würden 800 bis 850 Millionen Euro dafür eingesetzt. Die Hälfte komme den Hochschulen zugute. Die Frage der Bauherreneigenschaft für die Hochschulen werde gegenwärtig geprüft. Ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) nannte die Empfehlungen wertvolle Denkanstöße. Es sei zweifellos sinnvoll, die Schwerpunktbildung der Hochschulen zu unterstützen und die Standortenwicklung mittelfristig zu planen. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.landesregierung-zieht-bilanz-marode-hochschulen-werden-saniert.efd9ac08-5fa3-4b17-a1ff-0374eb8d5b0d.html?reduced=true