In einem Heim untergebracht: minderjährige Flüchtlinge. Foto: dpa

Baden-Württemberg hat zuletzt mehr minderjährige Flüchtlinge aufgenommen, die ohne Eltern nach Deutschland eingereist sind – sogar mehr, als das Land müsste. Mehr als ein Drittel der Zugänge stammt aus Afghanistan.

Stuttgart - Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) in Baden-Württemberg ist im nun zu Ende gehenden Jahr 2016 deutlich gestiegen. Am 1. Dezember dieses Jahres hatten die Kommunen nach Angaben des Kommunalverbands Jugend und Soziales (KVJS) 8242 jugendliche Asylbewerber in ihrer Obhut. Damit kümmern sie sich inzwischen um 16 UMA mehr, als sie laut der bundesweit geltenden Quotenregelung nach dem Königsteiner Schlüssel müssten. Derzeit leben rund 64 000 UMA in Deutschland, 12,9 Prozent von ihnen muss Baden-Württemberg aufnehmen.

Zum Vergleich: Anfang Dezember 2015 waren 4759 unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche im Südwesten untergebracht. Damals lag Baden-Württemberg mit einer Erfüllungsquote von 58,2 Prozent allerdings auch deutlich unter den Anforderungen des Königsteiner Schlüssels, der aus den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl berechnet wird. Er regelt, wie viele Asylsuchende nach ihrer Ankunft in Deutschland einem Land zugewiesen werden.

Die statistischen Zahlen für Baden-Württemberg seien immer die Summe aus Zu- und Abgängen und variierten deshalb täglich, betont eine Sprecherin des KVJS. Ein UMA scheide aus der Jugendhilfe aus – und damit auch aus der Statistik –, wenn er zum Beispiel volljährig werde.

Rund 4500 Zugänge binnen eines Jahres

In den vergangenen zwölf Monaten überwogen im Land allerdings die Neuaufnahmen, dass es die Quote nach dem Königsteiner Schlüssel sogar übertrifft. Dem KVJS zufolge wurden Baden-Württemberg binnen eines Jahres etwa 4500 minderjährige Flüchtlinge zugewiesen, die ohne Eltern nach Deutschland eingereist waren. Die meisten der Neuzugänge stammen aus Afghanistan (34,7 Prozent), Eritrea (11,8), Somalia (10,6), Syrien (9,7) und Gambia (9,1). Mehr als 95 Prozent von ihnen sind männlich.

Der KVJS verteilt die Zugänge möglichst gleichmäßig auf die Stadt- und Landkreise. Weil das Land sie im Rahmen der regulären Kinder- und Jugendhilfe unterbringen und versorgen will, mussten die öffentlichen und freien Träger ihre Angebote stark ausbauen. Die monatlichen Kosten pro UMA hängen vor allem von der Art der Unterbringung ab.

Kosten pro UMA und Monat liegen zwischen 2000 und 7000 Euro

Wie aus einer Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration auf eine Landtagsanfrage der AfD hervorgeht, liegen die Ausgaben bei stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen im Schnitt zwischen 5000 und 7000 Euro, beim betreuten Wohnen in Gruppen zwischen 2000 und 4000 Euro und in Gastfamilien bei bis zu 2000 Euro.

Das Stuttgarter Jugendamt versorgt derzeit nach eigenen Angaben 543 UMA (Stand: 1. Dezember). Weil die Zahl der untergebrachten minderjährigen Flüchtlinge in Stuttgart höher ist, als sie laut Landesquote sein müsste, wurden der Stadt in den vergangenen elf Monaten wesentlich weniger UMA zugewiesen als noch im Vorjahr.