Ein Flüchtling wird bei einer Razzia abgeführt: Laut Innenministerium ist die Zahl der Straftaten in Asylunterkünften 2016 deutlich angestiegen. Foto: dpa

2016 sind zwar deutlich weniger Asylbewerber nach Baden-Württemberg gekommen als noch 2015. Die Kriminalität in den vollen Unterkünften hat sich aber deutlich erhöht. Zur Entlastung der Polizei fordert die FDP mehr Abschiebungen.

Stuttgart - Die Zahl der Straftaten in den Asylunterkünften Baden-Württembergs hat im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Es seien Anstiege in allen Deliktbereichen festzustellen, teilte das Stuttgarter Innenministerium auf Anfrage der FDP-Landtagsfraktion mit. In der Regierungsantwort, die unserer Zeitung vorliegt, wird der Anstieg mit der gestiegenen Zahl an Flüchtlingen begründet und der weiterhin hohen Belegung von Flüchtlingsunterkünften.

18 Einsätze pro Tag

Musste die Polizei in den Jahren 2014 und 2015 im Schnitt etwa fünf Mal am Tag zu Erstaufnahme-Einrichtungen ausrücken, so waren es im vergangenen Jahr 18 Einsätze pro Tag. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von einer „ungeheuren Belastung der Polizei“, gegen die die grün-schwarze Landesregierung bislang nicht genügend unternommen habe. Zudem fehle der Koalition der Wille, sich nachhaltig für eine Effektivierung von Asylverfahren und Rückführungen einzusetzen.

Keine Zahlen zu kommunalen Unterkünften

Allein in den 15 Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes kam es laut Innenministerium im vergangenen Jahr von 16. Februar bis Ende Dezember zu insgesamt 5668 Polizeieinsätzen. Wie viele weitere Einsätze es in den rund 3000 Asylunterkünften der Gemeinden im Südwesten gab, kann laut Innenministerium nicht mit einem vertretbaren Aufwand ermittelt werden.

Welche Straftaten 2016 am häufigsten vorkamen, konnte das Innenministerium noch nicht sagen. 2015, als die Polizei im Land 6511 Straftaten in Asylheimen registrierte, lagen „Roheitsdelikte“ vorn.

FDP: Lage hat sich weiter verschlechtert

Fazit von Rülke: Was die Kriminalität in Asylunterkünften angehe, habe sich die Lage im Land weiter verschlechtert, „obwohl manche Politiker gerne den Eindruck vermitteln, es wäre 2016 alles nicht so schlimm gewesen“. 2015 nahm der Südwesten 98 000 Asylbewerber auf, 2016 waren es 33 000.

Erst am Freitag waren mehrere Asylbewerber im Alter von 18 bis 26 Jahren in einer Flüchtlingsunterkunft im Stuttgarter Europaviertel in Streit geraten. An der Stadtbahn-Haltestelle bei der Stadtbibliothek eskalierte die Auseinandersetzung unter den aus Syrien und dem Irak stammenden Männern. Fünf Menschen wurden verletzt – teilweise mit Messerstichen. Ein 22 Jahre alter Flüchtling aus Syrien war als Verdächtiger festgenommen worden. Gegen ihn wurde nach Angaben vom Sonntag Haftbefehl wegen eines versuchten Tötungsdeliktes und gefährlicher Körperverletzung erlassen.