Was die Prüfpflicht für den Raum Stuttgart mit seinem hohen Mineralwasseraufkommen bedeutet, ist noch unklar. Es müsse noch geklärt werden, welche Heilquellen-Schutzzonen „vergleichbar“ mit den Zonen I und II seien, heißt es vonseiten des Landes und der Stadt Stuttgart. Foto: Peter Petsch

Sind sie noch ganz dicht? Diese Frage müssen sich Hausbesitzer künftig bezüglich ihrer Abwasserrohre stellen: Das Land plant eine neue Vorschrift zum Schutz von Grundwasser und Heilquellen. Nach Protesten hat die Regierung ihre Pläne aber eingedampft.  

Sind sie noch ganz dicht? Diese Frage müssen sich Hausbesitzer künftig bezüglich ihrer Abwasserrohre stellen: Das Land plant eine neue Vorschrift zum Schutz von Grundwasser und Heilquellen. Nach Protesten hat die Regierung ihre Pläne aber eingedampft.

Stuttgart - Das Stuttgarter Umweltministerium hat die Pläne zur Einführung einer Dichtheitsprüfung für Abwasseranlagen entschärft. Nach dem ersten Gesetzentwurf vom Januar sollte die Prüfung für alle Gebäude in den Wasserschutzzonen I, II und III Pflicht werden. Damit wäre rund ein Viertel der Landesfläche betroffen gewesen.

Nach heftiger Kritik der Verbände der Hausbesitzer und Wohnungsunternehmen hat das Ministerium die Zone III, die mit Abstand die größte Zone darstellt, aus der Pflicht genommen. „Als Ergebnis der Anhörung haben wir die einschlägigen Vorschriften überarbeitet“, sagte ein Sprecher des grünen Umweltministers Franz Untersteller den Stuttgarter Nachrichten. Vorgesehen sei eine Überprüfung nun nur noch „in den Zonen I und II von Wasserschutzgebieten und den vergleichbaren Schutzzonen von Heilquellenschutzgebieten.“

Was das für den Raum Stuttgart mit seinem hohen Mineralwasseraufkommen bedeutet, ist noch unklar. Es müsse noch geklärt werden, welche Heilquellen-Schutzzonen „vergleichbar“ mit den Zonen I und II seien, heißt es vonseiten des Landes und der Stadt. Insgesamt geht man im Ministerium von landesweit 8000 bis 10.000 Gebäuden aus, die in den betroffenen Schutzzonen liegen. Die genaue Zahl werde aber noch ermittelt. Firmengebäude sowie kommunale Abwasseranlagen sind von dem neuen Gesetz angeblich nicht betroffen. Für sie gelte bereits eine Prüfpflicht, heißt es.

Die Opposition reagierte mit Lob und Kritik auf die Entschärfung der Pläne. „Dass der Minister sich nun etwas stärker an der Realität orientiert, ist einerseits erfreulich“, sagte der Umweltexperte der CDU, Ulrich Lusche. „Andererseits soll – nicht zum ersten Mal – Wesentliches am Landtag vorbei in einer Rechtsverordnung geregelt werden, die außerhalb des Ministeriums noch niemand kennt.“

Haus und Grund befürchtet Ausdehnung auf ganzes Land

Der Abgeordnete Andreas Glück von der FDP sprach von einer „krassen Korrektur“ der bisherigen Position des Landes und zweifelte angesichts dessen an der Kompetenz der Regierung. „Ich bin mir nicht sicher, ob das Umweltministerium die Folgen seines Handelns noch überblickt“, sagte er. Wenn Untersteller nun einsehe, dass er übers Ziel hinausgeschossen sei, sei dies aber grundsätzlich positiv zu bewerten, so der Umweltexperte der FDP-Fraktion.

Der Hausbesitzer-Verband Haus und Grund befürchtet, dass die Regierung die Pflicht zur Dichtheitsprüfung nach und nach auf das ganze Land ausdehnen wird. „Indem man wesentliche Punkte durch eine Rechtsverordnung regeln will, soll den Eigentümern am Parlament vorbei der bittere Trunk in Etappen verabreicht werden“, sagte Landesgeschäftsführer Ottmar Wernicke. Diese Geheimniskrämerei halte er in einer Demokratie für „äußerst bedenklich“.

Aufgrund des ersten Gesetzentwurfs hatten die Betroffenen zum Teil sogar befürchtet, dass das Ministerium für alle Wohngebäude im Land eine Dichtheitsprüfung vorschreiben will. Darin war nicht nur eine Frist für Gebäude in den Zonen I und II enthalten, sondern auch Fristen für „andere Zonen“ – ohne dass erklärt wurde, was „andere Zonen“ sind. Im zweiten Gesetzentwurf hat das Ministerium alle Fristen und damit auch die missverständliche Formulierung entfernt. Da man ohnehin eine Rechtsverordnung brauche, werde man darin auch die Fristen festlegen, so die Begründung.

Prüfung für ein Einfamilienhaus kostet rund 500 Euro

Dass das Land für Gebäude in „anderen Zonen“ nun doch keine Vorschriften erlassen will, hat das Ministerium den Betroffenen offenbar bis heute nicht mitgeteilt. Bei einer parlamentarischen Anhörung Ende Oktober „wurde von einer Einschränkung nichts gesagt“, so Landesgeschäftsführer Wernicke. Ein Grund für die Entschärfung der Pläne könnte die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen sein. Die rot-grüne Landesregierung hat das dortige Gesetz zur Dichtheitsprüfung nach massiven Protesten in diesem Jahr ebenfalls deutlich entschärft. Die Mehrheit der Bundesländer schreibt eine solche Prüfung bis heute nicht vor.

Nach Behördenangaben kostet die Prüfung für ein Einfamilienhaus rund 500 Euro. Dabei werden die Rohre mit Hilfe einer Kamera überprüft. Sind die Rohre undicht, muss der Hausbesitzer sie reparieren lassen.

Begründet wird die Pflicht damit, dass stichprobenartige Untersuchungen ergeben hätten, dass rund 60 Prozent der Abwasserrohre undicht seien. Der Verband der baden-württembergischen Wohnungsunternehmen (VBW) hält diese Zahlen für nicht repräsentativ. Der Verband hält den Plan der Regierung, die betroffenen Hausbesitzer bereits bis Ende kommenden Jahres zu einer ersten Überprüfung der Rohre zu verpflichten, für „illusorisch“. Andere Bundesländer, zum Beispiel Hessen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, geben den Hausbesitzern laut VBW sehr viel mehr Zeit.