Viele Gewässer führen derzeit sehr wenig Wasser – auch der Neckar, wie hier bei Plochingen. Foto: Horst Rudel

Eigentlich regnet es schon seit Jahren zu wenig. Kritisch ist die Lage aber noch nicht: Die Wasserversorger haben bisher keine Nachschubprobleme, und auch die Schifffahrt auf dem Neckar läuft noch weitgehend normal.

Stuttgart - Viele Flüsse in Baden-Württemberg führen derzeit deutlich weniger Wasser als in normalen Jahren – so ist die Glems bei Talhausen (Kreis Ludwigsburg) nur noch einen Zentimeter vom absoluten Tiefststand im Jahr 1991 entfernt; auch der Neckar etwa in Oberndorf liegt klar unter dem Durchschnittswert für den Frühsommer. Bedenklich an der Situation ist, dass sie sich schon über Monate, ja eigentlich über Jahre hinzieht. „Früher gab es ein so ausgeprägtes Niedrigwasser alle zehn Jahre“, sagt die Hydrologin Ute Badde von der Landesanstalt für Umwelt und Messungen (LUBW): „Jetzt haben wir es im dritten Jahr nacheinander.“ Und es kommt noch hinzu, dass die geringen Pegel nun bereits im Juni erreicht sind; die übliche Zeit für Niedrigwasser sei der Spätsommer oder der Herbst.

Ursache sind die geringen Niederschläge in den vergangenen Jahren. Nicht nur die Flüsse, auch die Grundwasser-Reservoirs laufen langsam leer – eine schwierige Situation hatte es beim Grundwasser Anfang des Jahres gegeben. Regen im Mai habe zumindest eine kleine Erholung gebracht, sagt der Grundwasser-Experte Michel Wingering von der LUBW: „Die Wasserstände sind unterdurchschnittlich, aber noch nicht dramatisch“, so Wingering.

Nachfrage nach Trinkwasser ist enorm gestiegen

Auswirkungen hat das ausgeprägte Niedrigwasser aber dennoch. So zeige sich, dass viele lokale Quellen allmählich versiegten, sagt Bernhard Röhrle von der Landeswasserversorgung – deswegen und wegen des sowieso höheren Wasserbedarfs bei Hitze sei die Nachfrage bei den beiden Fernversorgern Landes- und Bodenseewasserversorgung enorm gestiegen: „Die tägliche Abnahme hat sich bei uns von 230 000 auf bis zu 415 000 Kubikmeter beinahe verdoppelt.“ Das Problem ist also ein doppeltes. Erstens seien die letzten vier Winter ausgesprochen trocken gewesen und die Vorräte dementsprechend gering, so Röhrle: „Wir hoffen jetzt unbedingt auf den nächsten Winter.“ Zweitens müsse für solche Nachfragespitzen das System so ausgelegt sein, dass man genügend Wasser fördern und weiterleiten könne. Um die Kapazität zu erhöhen, wurden jetzt die Anlagen zur Aufbereitung von Donauwasser ausgebaut – nun könnten aus dem Fluss 2100 Liter pro Sekunde statt bisher 1100 geschöpft werden. Für die Donau selbst sei das noch nicht kritisch, so Röhrle – der Abfluss liege bei 68 000 Liter pro Sekunde.

Maria Quignon von der Bodenseewasserversorgung bestätigt die hohe Nachfrage – die Kapazitätsgrenze von 670 000 Kubikmeter pro Tag sei aber noch nie erreicht worden. Der 22. Juni war mit 530 000 Kubikmetern bisher der intensivste Tag 2017.

Ökologische Probleme sind nicht auszuschließen

Das Niedrigwasser kann allerdings auch ökologische Probleme verursachen. So erhöhe sich in Flüssen mit geringem Wasserstand unweigerlich die Konzentration von Salzen und Spurenstoffen, die in den Kläranlagen nicht herausgefiltert werden konnten, heißt es im jüngsten Niedrigwasserbericht der LUBW. Daneben steigt die Wassertemperatur. Die kritische Marke von 28 Grad sei bisher zwar nirgends im Land erreicht worden, aber 2015 habe der Bodensee an der Oberfläche erstmals die Grenze von 26 Grad überschritten. Neue eingewanderte Arten könnten dadurch begünstigt werden, sagt die BUND-Naturschutzreferentin Christine Fabricius.

Zudem sinke bei hohen Temperaturen, geringer Fließgeschwindigkeit und niedrigen Wasserständen der Sauerstoffgehalt in den Flüssen, so die LUBW weiter – vor allem zwischen Stuttgart-Hofen und Besigheim könne es aufgrund der vielen Staustufen schwierig werden. Im Moment sei dies aber nirgendwo der Fall, so Ralf Heineken, der Sprecher des Umweltministeriums. Die heutige Situation ist auch nicht mehr vergleichbar mit dem teilweise dramatischen Fischsterben in den 1970er Jahren.

Die Schifffahrt auf dem Neckar musste noch nicht eingeschränkt werden, teilte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Stuttgart mit. Mit den Staustufen lässt sich der Wasserstand kontrollieren. Der nun erwartete Regen werde die Niedrigwasserlage nicht beenden können, sagt Ute Badde.

Der Regen fehlt

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg
Seit Juli 2016 hat es in Baden-Württemberg keinen einzigen Monat gegeben, in dem beim Niederschlag das langjährige Mittel überschritten wurde – insgesamt hat es in den vergangenen zwölf Monaten nur 74 Prozent des üblichen Durchschnitts geregnet. Besonders extrem fiel der Dezember 2016 aus: Normal sind 82 Liter pro Quadratmeter, tatsächlich fielen im vorigen Dezember aber nur fünf Liter Regen pro Quadratmeter. Auch 2014 und 2015 regnete es laut LUBW zu wenig.

Schnarrenberg

Schnarrenberg
Nicht in allen Orten des Landes ist die Trockenheit der vergangenen Jahre so ausgeprägt. Auf dem Stuttgarter Schnarrenberg hat der Deutsche Wetterdienst nur für das Jahr 2015 mit 75 Prozent des langjährigen Mittels eine deutlich geringere Regenmenge registriert. Sonst konnte seit 2012 der Durchschnitt erreicht oder übertroffen werden.