Drei aus der Ukraine stammende Frauen gehen in der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge zu ihrem Quartier (Archiv). Foto: dpa/Stefan Puchner

Auf der Flucht vor dem Krieg in der Ukraine sind Zehntausende Menschen nach Baden-Württemberg gekommen. Die Aufnahmestellen im Land haben nun keine Kapazitäten mehr. Doch wie geht es nun weiter?

In den Erstaufnahmestellen des Landes ist nach Angaben des Migrationsministeriums die Kapazitätsgrenze erreicht. Die Erstaufnahme sei derzeit mit Geflüchteten aus der Ukraine und Asylsuchenden voll belegt, trotz fast verdoppelter Kapazitäten und weiterem Ausbau, teilte ein Sprecher des Ministeriums der Justiz und für Migration in Stuttgart mit.

Bereits am Dienstag machte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf die großen Probleme bei der Unterbringung aufmerksam. Gegenüber der „Südwest Presse“ sagte er: „Wir haben bereits jetzt mehr Geflüchtete als in der Flüchtlingskrise 2015.“ Und warnte: „Die Bevölkerung muss sich darauf gefasst machen, dass wir da wieder in schwierige Situationen kommen.“

Doch was bedeutet das nun in der Praxis? „In der aktuellen Lage müssen wieder zusätzliche Flüchtlingsunterkünfte und kurzfristig Notunterkünfte geschaffen werden“, sagte der Sprecher. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar dieses Jahres kamen rund 116 500 Menschen aus der Ukraine nach Baden-Württemberg. Zudem habe das Land in diesem Jahr bereits weitere rund 15 000 Asylsuchende aufgenommen.

In der Woche bis zum 21. August habe es in den Erstaufnahmen rund 370 Zugänge pro Tag gegeben, rund 230 davon Geflüchtete aus der Ukraine. In der Woche bis zum 10. Juli seien es noch 113 Zugänge pro Tag gewesen. Das entspreche einer Steigerung von mehr als 100 Prozent, teilte das Ministerium mit. Allein bei den Asylsuchenden habe man im ersten Halbjahr 2022 den höchsten Zugang in einem Halbjahr seit 2016 erreicht.

Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind privat untergebracht

Dabei leben viele der Geflüchteten aus der Ukraine nicht in staatlichen Unterkünften. Das Ministerium schätzt, dass rund 80 Prozent der Ukrainer in Baden-Württemberg privat untergebracht sind. Flüchtende aus der Ukraine könnten, anders als andere Asylsuchende, direkt bei den Stadt- und Landkreisen untergebracht werden.

Mit der EU-Richtlinie zum sogenannten Massenzustrom erhalten Ukrainer einen legalen Aufenthaltsstatus, auch ohne eine langwierige Einzelfallprüfung. Die Schutzsuchenden müssen keinen Asylantrag stellen, sondern dürfen erst einmal für ein Jahr bleiben und auch arbeiten.

Gentges sprach von falschen Anreizen und löste Debatte aus

Die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges löste vor einigen Tagen außerdem eine Debatte aus, als sie das Vorgehen des Bundes in der Flüchtlingskrise kritisiert. Die CDU-Politikerin erklärte, die Menschen kämen nicht in allen Fällen aus rein politischen Gründen. „Es gibt bei uns mehr Sozialleistungen als in anderen Ländern“, sagte sie. Aus der Fraktion der Grünen und der Opposition wurde sie für ihre Äußerung anschließend scharf kritisiert.