Jamal (links) lernt Deutsch. Doch will er in Bad Ditzenbach bleiben? Foto: Horst Rudel

Bad Ditzenbach bemüht sich sehr um seine Flüchtlinge. Doch meist ist der Ort nur eine Durchgangsstation. Jetzt will er dafür sorgen, dass mehr Flüchtlinge dauerhaft bleiben.

Bad Ditzenbach - Das Grundgesetz gibt es heute auf Arabisch. Otto Lamparter teilt das Büchlein mit schwarz-rot-goldenem Streifen auf dem Einband und arabischen Schriftzeichen im Innern unter den Teilnehmern des Deutschkurses im Gemeinschaftsraum des Altenzentrums aus. Dann wird wieder gebüffelt. Die fünf Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien lernen die Uhr: Vielleicht hat Veronika Salver, eine von drei ehrenamtlichen Lehrern am heutigen Mittag, die Lektion nicht ohne Hintersinn herausgesucht. „Pünktlichkeit wird im arabischen Kulturkreis nicht so wichtig genommen“, sagt ihr Kompagnon Julian Hölz, ein 21-jähriger Mathematikstudent aus Passau, der seine Semesterferien daheim verbringt. Auch diesmal hatten die Lehrer auf ihre Schüler ein gutes Viertelstündchen warten müssen.

Tränenreicher Abschied

Trotz dieses Ärgernisses haben die Bad Ditzenbacher ihre Flüchtlinge lieb gewonnen. Es ist ziemlich genau ein Jahr her, da mussten die ersten 15 im Ort untergebracht werden. „Mittlerweile sind alle wieder weg“, sagt Otto Lamparter, Gemeinderat der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) und Koordinator des Freundeskreises Asyl. Die Menschen kamen vom Balkan, hatten keinerlei Bleibeperspektive und reisten freiwillig wieder aus. Doch das war auch für die Ditzenbacher tränenreich. Ein Mann hatte sogar im Bauhof der Gemeinde gearbeitet. „Eine sehr nette Familie“, erinnert sich der Bürgermeister Herbert Juhn.

Der war früher stellvertretender Leiter der Arbeitsagentur in Göppingen und hat deshalb noch einen anderen Blick auf die Flüchtlinge. Zwar brächten sie oft Qualifikationen mit, die nicht ganz passten. Mittelfristig hätten aber gerade die vielen jungen Männer gute Perspektiven auf dem örtlichen Arbeitsmarkt. In der Gastronomie und im Gesundheitswesen gebe es großen Bedarf. Doch dafür müsse man erreichen, dass diese auch am Ort blieben. „Dann würde sich der große Aufwand der Ehrenamtlichen auch lohnen“, sagt Juhn.

Die Suche nach Wohnungen hat Priorität

Bei den Flüchtlingen, die nun vor allem aus den Bürgerkriegsgebieten im Nahen Osten kommen, sind zumindest die Chancen auf ein Bleiberecht deutlich größer. Von 18 Syrern, die ins Haus Joseph auf dem Gelände der Vinzenzklinik einzogen, haben fünf bereits Aufenthaltsgenehmigungen erhalten. Drei zogen allerdings schon weiter. „Wir müssen den Syrern, die schon anerkannt sind, Wohnungen anbieten“, sagt Lamparter, der eigens eine Arbeitsgruppe „Wohnen“ gegründet hat.

„Wir erleben diese Menschen als kompetent und engagiert. Sie wollen etwas erreichen und Geld verdienen“, sagt Lamparter. In einem Ort, der sonst mit der Abwanderung seiner Jugend zu kämpfen hat, wäre frisches Blut willkommen. Doch was sagen die so Umworbenen dazu? Der 18-jährige Jamal kann Arabisch, Türkisch, Kurdisch und Englisch. Jetzt lernt er Deutsch und will dann Fliesenleger werden. In Bad Ditzenbach? „Oh, das ist schwierig“, sagt er. Hier sei ja kaum jemand auf der Straße.

Ist das Obere Filstal zu langweilig?

Offenbar ist es auch jungen Syrern im oberen Filstal ein wenig zu langweilig. Dafür könnte bald die nette Familie aus dem Kosovo zurückkehren – ganz legal, wie Bürgermeister Juhn betont. Eine Arbeitsstelle bei einem Malereibetrieb in der Nachbarschaft habe der Vater schon in Aussicht.