Passanten betrachten Bilder des Kunstmalers Claus Schrag in einer Garage. Foto: Horst Rudel

Künstler aus dem Ort und der Umgebung zeigen bei der 7. Kunstnacht, dass man nicht in die Großstadt muss, wenn man originelle Arbeiten sehen will. In dem Dorf fungieren Garagen, Höfe und Geschäfte als Galerien.

Bad Ditzenbach - Weit über Bad Ditzenbach hinaus strahlt die von Werner Fuchs illuminierte Hiltenburg am Samstagabend. Um den Weg zur Kunstnacht zu finden, brauchen die Besucher der Veranstaltung die leuchtende Burg freilich nicht. Schon kurz nach der Eröffnung um 17 Uhr sind die Straßen dicht gedrängt, Bürger aus nah und fern bummeln durch die Straßen und schauen sich an, was der kleine Ort in diesem Jahr wieder kunstmäßig auf die Beine gestellt hat.

Bürger stellen den Künstlern ihre Garagen und Höfe zur Verfügung

Ditzenbacher haben Künstlern aus dem Ort und der Umgebung ihre Höfe und Garagen als Ausstellungsorte zur Verfügung gestellt. Ladengeschäfte wurden ebenso zu Galerien umfunktioniert wie das Rathaus und Kindergärten. Auf den Plä tzen, rund um die Vinzenz-Klinik und die Spezerei Sanct Bernhard – überall steht in dieser Nacht die Kunst im Mittelpunkt. Zu den Ausstellern gehören Profis ebenso wie begabte Amateure. Es gibt unterschiedlichste Malereien zu sehen, Keramik, Skulpturen aus Stein oder Holz, Musiker tingeln durch den Ort und spielen mal hier und mal da – das Programm ist so bunt gemischt und vielfältig wie die Besucherschar, die sich über den Ort ergießt. Und wer sich unterwegs Zeit nimmt für ein Schwätzchen mit den Künstlern, die ihre Arbeiten und Projekte bereitwillig vorstellen, der kann viel über die Kunst aus der Region, ihre Macher und die Themen, die sie bewegen, erfahren.

Etwa über den Zimmermann Oliver Sander, dessen Feuerskulpturen die Besucher auf dem Platz vor der alten Dorfkirche in ihren Bann ziehen. „Früher war ich Metzger, dann in der Metallindustrie“, erzählt er. Seine Berufung hat er beim Brennholz machen entdeckt – mit der Motorsäge gestaltete Holzskulpturen. Heute arbeitet Sander hauptberuflich als Zimmermann, „weil man da nicht den ganzen Tag in der Fabrik steht“. Sein Herz aber gehört seinen Skulpturen. Für große Feste und Hochzeiten höhlt er mit der Motorsäge große Stämme in Form von Figuren oder Mustern aus und zündet sie an. Die Flammen bilden über Stunden eine Illumination der etwas anderen Art. Rechtzeitig gelöscht und in Sanders Werkstatt nachbearbeitet entstehen so vom Feuer gestaltete Skulpturen.

Ein Problem, das viele kennen: die Ateliersuche

Die Malerin Roswitha Walencyk ist schon lange im Geschäft. Sie zeigt in den Räumen eines Friseurs ihre abstrakten Bilder, die durch ihre intensive Farbigkeit und den Mut bestechen, sich ganz auf die Malerei einzulassen, ohne sich mit vorgegebenen Themen aufzuhalten. Ein Flyer an der Wand weist auf einen Kehraus in Walencyks bisherigen Räumen in Göppingen-Faurndau hin, dem Atelierhaus der Künstlergruppe Artgenossen. Am 26. Mai um 18 Uhr feiern die fünf Maler und Fotografen Abschied von ihrem bisherigen Domizil, das ihnen wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Ob sie je wieder so günstige Räume findet, die sich für ihre Kunst eignen – die Malerin hat da so ihre berechtigten Zweifel und ist mit ihrer aktuellen Suche nach neuen Räumen in der Kunstszene im Kreis in bester Gesellschaft.

Etwas weiter die Hauptstraße hinauf macht sich die Filzkünstlerin Claudia Cappiello über ein ganz anderes Thema Gedanken, den Stellenwert regionaler Produkte in unserer Gesellschaft. Die Wangenerin gestaltet aus verfilzter Wolle Gemälde und Skulpturen, die dank ihres ungewöhnlichen Materials und der intensiven Farben wie eine ständige Einladung sie zu berühren wirken. „Ja, die Wolle hat schon etwas einladendes“, sagt sie und erzählt, dass sie ihr gesamtes Arbeitsmaterial bei Schäfern aus der Region kaufe. „Das kostet zwar etwas mehr. Aber dafür weiß ich, dass das alles hier hergestellt und gefärbt wurde.“