Eleonore Lindenberg verwaltet den Nachlass des Cannstatter Schriftstellers Thaddäus Troll. Auf der DVD ist ein Interview mit ihr zu sehen. Foto: Claudia Leihenseder

Die Fernsehserie „Deutschland deine Schwaben“ gibt es nun auch als DVD.

Bad Cannstatt/Untertürkheim - Seine Schreibmaschine, seine Strickjacke, seine Bücher – und ein großes Schwarz-Weiß-Bild, das beide zeigt: so hat sich Eleonore Lindenberg in Untertürkheim-Luginsland eingerichtet. Von 1966 bis zu seinem Tod 1980 war sie die Sekretärin des berühmten Cannstatter Schriftstellers Thaddäus Troll. Heute ist sie seine Nachlassverwalterin und berichtet in Vorträgen aus der gemeinsamen Zeit.

„,Deutschland deine Schwaben’ war das erste Buch, das ich für ihn abgeschrieben habe“, erzählt Eleonore Lindenberg und blickt knitz durch ihre rahmenlose Brille. Als Arbeit habe sie das 1966 nicht empfunden – vielmehr als vergnügungssteuerpflichtige Beschäftigung. Das Buch wurde ein riesiger Erfolg. Der Buchhändler Fritz Ifland schrieb an Troll, dass er so etwas noch nie erlebt habe. An manchen Tagen seien 100 Exemplare verkauft worden. Noch heute steht dieser Band in jedem schwäbischen Haushalt, der etwas auf sich hält. Thaddäus Troll wurde damals vom Hamburger Verlag Hoffmann und Campe angesprochen, in seiner Reihe „Deutschland deine ...“ die Schwaben zu übernehmen. Nach einer schlaflosen Nacht sagte der schwäbische Autor zu.

Wer heute – ganze 45 Jahre nach dem Erscheinen – „Deutschland deine Schwaben“ aufschlägt, ist überrascht: Noch immer kann der Leser gebannt sein von den sprachlichen Finessen, von der Leichtigkeit des Lesens dieser Fakten und Anekdoten, die Thaddäus Troll über die Schwaben zusammengetragen hat. Sicher – einiges davon ist überholt, doch nach wie vor gibt es für Schwaben und Reingeschmeckte einen Einblick in die Volksseele dieses Stammes. Das gleiche gilt auch für die fünfteilige Fernsehserie, die 1972 im SDR ausgestrahlt wurde und nun als DVD zu haben ist. Die Idee zur Serie hatte der damalige Unterhaltungschef Edwin Friesch. „Thaddäus Troll konnte sich nicht vorstellen, wie ein handlungsarmes Buch umgesetzt werden könnte“, erzählt Eleonore Lindenberg.

Kann der liebe Gott etwa nicht durch Nudelteig schauen?

Doch es konnte: Der schwäbische Schauspieler Willy Reichert führt durch die fünf Folgen, die den Schwaben an sich durchleuchten. Der Zuschauer erfährt viel über Landeskunde und die Geschichte, aber auch über die vielen kleinen und großen Eigenheiten der Schwaben. Wie etwa ihre Küche: „Beginnen wir mit den Maultaschen. Sie sind für mich nicht nur das Spitzenerzeugnis der schwäbischen Küche, sie entsprechen auch dem Wesen des Schwaben“, schreibt Thaddäus Troll. Im Film interviewt der Autor selbst zwei Spitzenköche. Er fragt, welche Zutaten sie für die Füllung benötigen und zeigt – untermalt von zeitgenössischer leichter Musik -, wie sie gerollte Maultaschen herstellen.

Troll vergisst natürlich nicht zu erwähnen, dass die Schwaben mit dieser Speise am Karfreitag den lieben Gott bemogeln. Im Buch und genauso im Film findet sich dazu eine Anekdote aus seinem Leben. Denn seine Tochter Isabel soll eines Feiertags gesagt haben: „Haltet ihr den lieben Gott für so dumm, dass er nicht durch den Nudelteig durchgucken kann?“

Der Leser und Zuschauer schmunzelt und kann sich gut vorstellen, wie Eleonore Lindenberg als junge Frau an ihrer Schreibmaschine saß und das Manuskript zu dem Buch abschrieb – mit einem Lächeln auf den Lippen. Heute lächelt Lindenberg noch immer, wenn sie an ihre Zeit mit Thaddäus Troll denkt. Gerne erzählt sie von ihrem Arbeitgeber, den man auf keinen Fall „schwäbischer Mundartpoet“ nennen dürfe. Er sei viel mehr gewesen.

Ein Zeitdokument mit Charme.

„Die Sprache hatte es ihm sehr angetan“, sagt die Troll-Sekretärin. Das Schwäbische sei Ausdrucks- und Sprachmittel gewesen. In seinem Schwaben-Buch schreibt Thaddäus Troll passend dazu: „Für den, der das Schwäbische beherrscht, ist diese Sprache ein feineres Instrument, um die Näherungswerte an das Gemeinte zu erreichen, als das Hochdeutsche.“

Dass es nun die Fernsehserie von 1972 auf zwei DVDs geschafft hat, liegt an Frieder Scheiffele und seiner Schwabenlandfilm GmbH. Der Produzent war über Thaddäus Trolls Bezeichnungen für den Körper des Schwaben samt der Illustrationen von Günter Schöllkopf gestolpert und hatte die Idee, „Deutschland deine Schwaben“ aus den Archivkatakomben zu holen.

Dafür brauchte er Bonusmaterial und interviewte schließlich Eleonore Lindenberg vor der Kamera. Und was sagt die ausgesprochene Troll-Expertin zu dem Film aus heutiger Sicht? „Es ist ein Zeitdokument mit Charme“, meint Eleonore Lindenberg. In den Aufnahmen sieht man das Stuttgart von 1971, sieht schwäbische Möckel, Originale, die es so kaum noch gibt. Man sieht auch Thaddäus Troll, wie er echte Schwaben wie HAP Grieshaber interviewt oder mit Willy Reichert, mit dem er sich sehr gut verstanden hat, im Neuner (dem Bad Berg) schwimmen geht. Man sieht Sketche und Animationen, selbst der Fernsehturm hat es in die Filmreihe geschafft. „Der Schwabe hat sich seitdem verändert“, konstatiert Eleonore Lindenberg. Er sei weltoffener geworden. Aber Stuttgart sei nach wie vor pietistisch geprägt: „Das steckt immer noch drin.“