Die Fantas kurz vor Konzertbeginn auf den Treppen des Neuen Schlosses mit Pflegern des Kinder- und Jugendhospiz’ Stuttgart und dem Jazz-Open-Chef Jürgen Schlensog (mit Sonnenbrille). Foto: ubo

Die Fantastischen Vier haben nicht nur mit einem mitreißenden Heimspiel das Publikum der Jazz Open hellauf begeistert, sondern auch die guten Seelen des Stuttgarter Kinder- und Jugendhospizes erfreut. Wir waren backstage dabei – bei Gesprächen über das Leben und das Sterben.

Stuttgart - Nur wenige Dinge im Leben gibt es, die so sicher sind wie das Sterben. Jeden von uns trifft es. Es hilft nicht, das Sterben auszuklammern. Wer sich mit dem Tod auseinandersetzt, lebt viel intensiver. Dies ist nur eine Erkenntnis, die gesunde Menschen von einem Hospiz lernen können.

Kurz vor Beginn eines herausragenden Konzerts, bei dem alle unglaublich viel Spaß haben werden, ob auf der Bühne oder in der wogenden Menge davor, spricht der Pfleger Christian Lander vom Verlust der guten Laune und des Lebensmutes. An einer schweren Krankheit können nicht nur die Betroffenen zerbrechen. „Viele Ehen halten nicht, wenn die Probleme mit dem Kind immer größer werden“, sagt er backstage im Ehrenhof des Schlossplatzes. Häufig sind die Elternteile von Bewohnern des Kinderhospizes alleinerziehend. Der Pfleger, der jahrelang in der Onkologie einer Klinik beschäftigt war und dort dem Tod noch näher war als jetzt im Kinderhospiz, lobt die Fantastischen Vier in den höchsten Tönen.

Der Jazz-Open-Chef hat das Treffen möglich gemacht

Lander freut sich sehr darüber, dass die Erfolgsrapper bei ihrem Heimspiel nicht einfach nur ihr eigenes Glück an das Publikum weitergeben wollen. Kurzfristig hat die Band dem Treffen mit Mitarbeitern des neuen Kinder- und Jugendhospizes zugesagt. Jazz-Open-Chef Jürgen Schlensog hat es möglich gemacht. Ein Kind, das mitkommen wollte, erlitt einen Krampfanfall und kann nun nicht dabei sein. Es wird sich über die Autogramme der Fantas freuen, die sie nun verteilen. „Was ihr macht, ist super“, sagt Smudo. Eine halbe Stunde vor Konzertbeginn sind die Stars des Abends sehr locker drauf. Sie lassen sich für unzählige Selfies fotografieren und informieren sich über die Arbeit mit sterbenskranken Kindern.

Den größten Unterschied zwischen einem Erwachsenen- und einem Kinderhospiz erklärt der Pfleger Christian Lander so: Die Kinder kämen nicht erst am Ende ihres Lebens, sondern meist direkt nach der Diagnose. Die „Liegedauer“, wie das in der Sprache der Krankenkassen heißt, sei im Erwachsenenhospiz mit 17 Tagen im Durchschnitt wesentlich geringer. Nicht selten könnten Kinder und Jugendliche das Hospiz wieder verlassen.

Lander arbeitet seit vergangenen November, also von Anfang an, in der neuen Einrichtung in der denkmalgeschützten Villa an der Diemershalde. In diesem Zeitraum ist eine 17-jährige Jugendliche gestorben. Das ist sehr traurig – das heißt aber auch: Alle anderen leben.

Pure Lebenslust für zwei Stunden

Christian Lander erzählt, wie fröhlich es mitunter im Kinderhospiz zugeht, wie der Lebenswille und das kleine Glück der Bewohner ihn, den Vater von drei gesunden Kindern, beeindrucken. Und doch muss er sich mitunter zusammenreißen, um sich von den emotionalen Belastungen seiner Arbeit freizumachen, damit er all das Schwere nicht mit nach Hause nimmt.

Für zwei Stunden wird der Pfleger und seine Kolleginnen dank der Fantas pure Lebenslust spüren. So ein Konzert kann aufladen und stark machen. Den Spaß am Leben will er an die Kinder im Hospiz weitergeben. Und allen anderen rät er zu mehr Gelassenheit und zum bewußten Leben. Keiner weiß, wie viel Zeit einem noch geschenkt wird. Das Leben kann so schnell vorüber sein. Wer darüber nachdenkt, lässt sich von kleinen Problemen des Alltags nicht mehr provozieren.