Ralf Binder ist seit 2010 der Backnanger Wirtschaftsförderer. Foto: Gottfried Stoppel

Ralf Binder verlässt Backnang. Der Wirtschaftsbeauftragte der Stadt arbeitet künftig in Freiburg. In Backnang, sagt er, fehle den Bürgern fast nichts. Die Stadt stehe aber vor großen Herausforderungen.

Backnang - In Backnang fehle es den Bürgern an nichts, behauptet Ralf Binder – außer an einem: Wohnungen. Aus diesem Grund leben der Wirtschaftsbeauftragte der Stadt, seine Frau und die zwei Kinder, drei und fünf Jahre alt, in Marbach. In der Schillerstadt ist der Mietwohnungsmarkt vermutlich ebenso ausgemostet wie in Backnang, aber dort hat die Familie eben zufällig eine Bleibe gefunden. Derzeit ist der 43-jährige Wirtschaftsgeograf mal wieder auf Wohnungssuche – und die dürfte noch schwieriger werden. Binder verlässt die Backnanger Stadtverwaltung Mitte April und tritt Anfang Juni seine neue Stelle in Freiburg an, als Fachbereichsleiter Struktur- und Wirtschaftsförderung beim Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald.

Zwist mit dem Riva-Firmenchef Püttmer

Ralf Binder ist seit knapp neun Jahre der Mann für Wirtschaftsfragen in der Murrstadt. Was hat er erreicht? Was bleibt zu tun? Was wird er womöglich vermissen? Was nicht? „Wenn ich ohne Wehmut gehe, dann, wenn ich an die Zusammenarbeit mit der Firma Riva denke“, sagt er und grinst verschmitzt. Das Backnanger Unternehmen hat vor ein paar Jahren das alte Kaelble-Areal erworben und mehrfach hochfliegende Pläne präsentiert. Passiert ist auf dem Gelände bis dato indes nichts. Der Riva-Firmenchef Hermann Püttmer und der Backnanger OB Frank Nopper (CDU) sind – vorsichtig formuliert – nicht die besten Freunde. Auf diesen rüstigen Firmenpatriarchen im Rentenalter also will Ralf Binder gerne verzichten. Ansonsten aber werde er mit den besten Gefühlen an Backnang denken, er habe in Zusammenarbeit mit den Verwaltungskollegen einiges erreicht. Als „mein persönlichen“ Highlight bezeichnet er die Eröffnung des Backnanger Geburtshauses. Die Aufsiedelung des Gewerbegebiets Lerchenäcker laufe gut, das einstige Krankenhausareal sei größtenteils bebaut. Es war sicherlich kein Fehler, dass Binder als Mann von außen beteiligt war an der Konzeption für die Nachnutzung des Klinikgeländes. Der Wirtschaftsförderer war erst nach der emotional geführten Debatte über die Hospitalschließung in die Murrstadt gekommen.

Zur größten Zukunftsaufgabe in Backnang zählt der gebürtige Stuttgarter „das Entwickeln von neuen Gewerbeflächen“, die Suche nach geeigneten Grundstücken laufe auf Hochtouren, sei aber sehr schwierig. Zudem seien wichtig: der Bau neuer Wohnungen, die Verbesserung der Versorgung aller Bürger und Betriebe mit schnellem Internet sowie die Anwerbung von Unternehmern, die Geschäfte in Backnang eröffnen beziehungsweise fortführen wollen. Binder spricht von „riesigen Aufgaben“ für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin. Es sei eine „echte Herausforderung“ den Einzelhandel in Mittelstädten wie Backnang am Leben zu erhalten.

Binders Vorgänger ist seit 2010 Bürgermeister von Welzheim

Bevor die Binders nach Marbach gezogen sind, haben er und seine aus Freiburg stammende Frau drei Jahre lang in Backnang gewohnt, ihm persönlich gefalle die Stadt sehr gut. „Es fehlt nix“, sagt Binder noch mal. Wer joggen wolle, sei blitzschnell im Plattenwald, Biker seien im Nu mitten im Schwäbischen Wald, und wer mal in eine größere Stadt wolle, der sei mit der S-Bahn schnell in Stuttgart oder in Ludwigsburg. Die Gastronomie in Backnang sei gut.

Künftig ist Binder also zuständig für die Wirtschaftsförderung in einem Landkreis mit 50 Kommunen, in denen zusammen rund 260 000 Menschen leben. Die Arbeit wird ihm nicht ausgehen. Hat er nie darüber nachgedacht, mal Bürgermeister zu werden? Seine Stelle in Backnang gilt doch als Karrieresprungbrett. Binders Vorgänger Thomas Bernlöhr ist im Jahr 2010 mit überwältigender Mehrheit zum Welzheimer Bürgermeister gewählt und 2018 im Amt bestätigt worden. Binder sagt zum Thema Schultes nur so viel: Ja, er habe sich Gedanken gemacht, er sei auch angesprochen worden, ob er kandidieren wolle. „Aber Bürgermeister wird immer die ganze Familie“ – und die wollte offenbar nicht.