Die Beamten des neuen Verkehrskommissariats ziehen rollende Zeitbomben aus dem Verkehr, filmen Drängler und jagen rasende Biker. Eine Fahrt im Spezialfahrzeug.

Backnang - Der Verkehr rauscht an dem Mercedes Vito von Polizeioberkommissar Andreas Brieden und Polizeihauptmeister Joachim Schulz vorbei, der an einer Auffahrt der B  14 in Lauerstellung steht. Geduld gehöre zum Job einfach dazu, erklärt Brieden. Mit seinem glänzenden Kahlkopf sieht er ein wenig aus wie ein Meister Proper in Uniform – doch er und seine Kollegen machen keine Böden sauber, sondern versuchen, schrottreife Laster von den Straßen zu bekommen.

Worauf die Polizisten bei den Kontrollen achten? „Erfahrung und Bauchgefühl“, meint Brieden. Zusammen haben die beiden 60 Jahre Einsatzerfahrung. Der ukrainische Laster, der sich jetzt nähert, scheint ihnen ein passender Kandidat zu sein. Schulz beschleunigt – soweit das mit dem Transporter geht. Das Polizeiauto ist voll beladen mit Spezialausrüstung. Neben einem riesigen Drucker für Papierkram, Schubfächern, Laptops und Messgeräten sind das eine Radlastwaage nebst Ausgleichsmatten, damit diese richtig funktioniert, ferner ein Akkuschrauber, eine Säge und sogar eine Bohrmaschine, um festgerostete Nummernschilder abzunehmen.

Die Rote Karte versteht jeder

Die Polizisten lotsen den Truck auf einen Parkplatz neben der B 29. Während Schulz sich den Laderaum ansieht, geht Brieden mit dem Fahrer die Papiere durch. Aus dem Fahrstand schlägt ihm muffiger Geruch entgegen. Ein Tetrapak mit Wein in der Tür, Flipflops auf der Trittleiter – wenn die ausländischen Trucker unterwegs sind, wird ihr Fahrzeug zum ärmlichen Zuhause. Dieser Laster hat Haushaltsgeräte geladen, sie sollen von Bretten in die Ukraine. Deutsch oder Englisch kann der Fahrer nicht. Andreas Brieden, breitschultrig und mit Barett auf dem Kopf, kann sich trotzdem verständlich machen. „Aggressiv werden die Fahrer nie“, sagt er. Es komme sogar vor, dass sie froh seien, wenn jemand ihren Chef dazu bringe, ihren Arbeitsplatz verkehrstauglich zu machen. Zur Not hat er zwei Schiedsrichterkarten dabei, eine Rote und eine Gelbe. „Die Gelbe zeigen wir aber fast nie“, sagt er.

Wenn er und seine Kollegen einmal einen Lastwagen auf einen Parkplatz winken, stehen die Chancen neun zu eins, dass das Fahrzeug stillgelegt werden muss. Manipulierte Fahrtenschreiber, Bremsen ohne Beläge und hoffnungslos überladene Schwertransporte – die Brummispezialisten wissen, was auf den Straßen unterwegs ist. „Ich fahre inzwischen nicht mehr auf der rechten Spur“, verrät Brieden. Auch bei diesem Truck werden die Polizisten fündig. „Die Ladung ist nicht richtig gesichert“, ruft Joachim Schulz vom Heck aus. Tatsächlich: Zwei Tonnen Küchenmaschinen sind nicht seitlich festgegurtet und schaukeln im Laderaum hin und her. Doch das wird bald das geringste Problem sein.

Die Beamte jagen auch Drängler und rasende Biker

Die 23 Beamten des Verkehrskommissariats suchen nicht nur nach schrottreifen Lastern. Sie sind Spezialisten, die normale Streifenbeamten zum Beispiel nach schweren Verkehrsunfällen unterstützen. „Dafür sind wir speziell geschult, auch unsere Ausrüstung für solche Fälle ist besser“, erklärt der stellvertretende Kommissariatsleiter, der Polizeihauptkommissar Felix Schmitt. Joachim Schulz zum Beispiel sitzt oft auch am Steuer einer Videostreife. Der BMW kann mit schnellen Verkehrssündern mithalten und hält deren Vergehen mit zwei Kameras fest. „Dabei geht es aber nicht um Verstöße von 20 Stundenkilometern, sondern um Raser, denen ein Fahrverbot droht“, erklärt Schulz. Auch das verbotene Telefonieren am Steuer ist mit der rückwärts gerichteten Kamera klar und deutlich zu beweisen.

In der Garage neben dem Video-BMW stehen die Polizeimotorräder. „Die Kollegen auf dem Krad haben es viel einfacher, von den Motorradfahrern als ebenbürtig wahrgenommen zu werden“, sagt Schulz.

Bei der Kontrolle des ukrainischen Trucks finden Brieden und Schulz noch einiges: An der Sattelplatte, die den Auflieger des 40-Tonners mit der Zugmaschine verbindet, kann Brieden Schrauben mit der bloßen Hand herausdrehen. Ein Radkeil klappert quasi lose im Ersatzreifen umher – „so was liegt dann irgendwann auf der Autobahn“, murmelt Brieden. Der Laster darf vorerst nur noch eine Fahrt machen: die zum Gutachter nach Weinstadt. Der bestätigt die Vermutungen der Beamten und findet noch mehr. Zum Schluss umfasst die Mängelliste unter anderem noch undichte Anschlüsse am Bremszylinder, einen losen Luftdruckkessel und ein kaputtes Radlager. Der Fahrer hinterlegt 145 Euro Sicherheitsleistung, der Unternehmer muss knapp 2000 Euro zahlen und den Laster in Ordnung bringen lassen. Der Aufwand, den die Polizei dafür betreiben muss, ist hoch: Erst um 22Uhr sind die Polizisten wieder in der Dienststelle. Brieden und Schulz schreckt das nicht, für sie ist ihr Job ein Beitrag zur Verkehrssicherheit – wenn auch ein kleiner. Morgen wartet sicher schon der nächste schrottreife Brummi.