Im Bereich der Murr kommt es in Backnang immer wieder zu Überschwemmungen. Vor drei Jahren hat ein verheerendes Hochwasser die halbe Innenstadt überflutet. Foto: Stoppel/Archiv

Der Petitionsausschuss des Landtags moniert eine Baugenehmigung der Stadt Backnang. Diese empfiehlt dem Bauherren, notfalls zu klagen.

Backnang - Im Streit um die Baugenehmigung eines schon vor Jahren fertiggestellten Wohn- und Geschäftshauses an der Murr hat jetzt der Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags Nachbesserungen von der Stadt Backnang gefordert. Die Landesregierung möge der Kommune die Weisung erteilen, „rechtmäßige Zustände herzustellen“, heißt es in einer Stellungnahme des Gremiums. Der Ausschuss habe das Votum einstimmig gefasst.

Wie berichtet, liegt der örtliche Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) um seinen Vorsitzenden Andreas Brunold schon seit Jahren im Clinch mit der Stadt Backnang. Die Naturschützer werfen der Verwaltungsspitze vor, in Sachen Hochwasserschutz bisweilen die Augen zu schließen, um Investoren die Realisierung ihrer Projekte zu ermöglichen.

Bau ohne Auflagen genehmigt

In dem konkreten Fall, bei dem längst Tatsachen geschaffen wurden, wird moniert, dass die Errichtung eines Geschäftshauses mitten in einem potenziellen Überschwemmungsgebiet ohne Auflagen durchgewunken worden worden sei. Der Bau, so der BUND, hätte nicht genehmigt werden dürfen, ohne an anderer Stelle einen Ausgleich für die verloren gegangene Retentionsfläche zu schaffen.

Während sich dieser Meinung zwischenzeitlich auch das Regierungspräsidium Stuttgart angeschlossen hat, ohne diese freilich durchzusetzen, vertritt die Stadt Backnang eine andere Auffassung: Der Neubau sei im Jahr 2013 genehmigt worden, zu einer Zeit, als das mittlerweile reformierte Wassergesetz eine solche Auflage noch nicht zwingend vorgesehen habe. Der Bauherr genieße deshalb Vertrauens- und Bestandsschutz.

Andreas Brunold hatte als Privatperson sowohl vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart als auch dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gegen die Genehmigung geklagt. Beide Klagen waren jedoch als unzulässig abgelehnt worden. Brunold hatte daraufhin den Petitionsausschuss angerufen, und dieser hat nun die Landesregierung ausdrücklich aufgefordert, die Stadt anzuweisen, zumindest die erforderlichen Retentionsflächen auszuweisen.

Stadt empfiehlt Bauherren, notfalls zu klagen

Der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper zeigte sich überrascht über diese Einschätzung. Ihm sei „unergründlich“, wie der Ausschuss zu seiner Abwägung komme, der Stadtverwaltung sei jedenfalls keinerlei Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben worden. Wenn nun das Land die Stadt zu einem nach ihrer Einschätzung rechtswidrigen Handeln zwingen sollte, würde man dem Bauherren empfehlen, Rechtsmittel einzulegen.

Andreas Brunold hingegen sieht mit dem Beschluss des Petitionsausschusses nicht nur die Stadt Backnang in Sachen Hochwasserschutz in die Pflicht genommen. „Es wird auch offenkundig, dass vor allem die für die Fachaufsicht zuständigen Behörden, so das Landratsamt und das Regierungspräsidium Stuttgart, sich nicht imstande gesehen haben, die wasserrechtlichen Erfordernisse gegenüber dem Bauherrn durchzusetzen.“

Die Stadt stehe nun noch vor einer ganz anderen Herausforderung. Weil die im vergangenen Jahr geschaffene Retentionsraumkapazität in den Oberen Toswiesen bereits heute durch verschiedene Auffüllmaßnahmen in verschiedenen örtlichen Überschwemmungsgebieten aufgebraucht, beziehungsweise erschöpft sei, können die nachträglich angeordneten Auflagen seiner Ansicht nach gar nicht erfüllt werden.